Das Buch Pablo Casals: Licht und Schatten auf einem langen Weg. Erinnerungen aufgezeichnet von Albert E. Kahn fanden wir buchstäblich am Straßenrand; es war dort abgelegt und man konnte es sich mitnehmen.
Es handelt von einem großen Menschen und Künstler, der stets seinen Prinzipien treu geblieben ist. Von sich selbst sagte er: Die einzigen Waffen, die ich hatte, waren mein Cello und mein Taktstock, und während des spanischen Bürgerkriegs habe ich sie, so gut ich konnte, eingesetzt, um die Sache zu unterstützen, an die ich glaube – die Sache der Freiheit und Demokratie.
Casals brachte es mit seinem unnachahmlichen Cellospiel zu Weltruhm. Das von ihm komponierte Stück Gesang der Vögel wurde zum Symbol seiner Friedens- und Freiheitssehnsucht. Bedeutsam war seine durch und durch humanistische Haltung, die er während aller Krisen des 20. Jahrhunderts bewies. Er war stets auf der Seite der Unterdrückten und Verfolgten und hat seine Bekanntheit dazu genutzt, sich für diese einzusetzen. Zeitlebens hat er für die Freiheit seiner katalonischen Heimat gekämpft. Seine ganze Lebensphilosophie fasst das folgende Zitat zusammen:
Manchmal schaue ich mich um und habe das Gefühl einer tiefen Bestürzung. In all der Verwirrung, die in der heutigen Welt ausgebrochen ist, sehe ich mangelnde Ehrfurcht vor den wahren Werten des Lebens. Überall um uns ist Schönheit, aber wie viele sind blind für sie. Sie sehen die Wunder dieser Erde und scheinen nichts zu erblicken. Die Menschen sind in hektischer Bewegung, aber wohin die Reise führt, bedenken sie kaum. Sie suchen Erregung um jeden Preis, als ob sie hoffnungslos verloren wären. Die natürlichen, ruhigen und einfachen Dinge dieses Lebens machen ihnen wenig Freude.
Jede Sekunde, die wir in diesem Universum verbringen, ist neu und einzigartig. Dieser Augenblick war zuvor nicht und wird nie wiederkehren. Und was bringen wir unseren Kindern in der Schule bei? Dass zwei mal zwei vier ist und Paris die Hauptstadt Frankreichs. Wann wird man sie lehren, was sie selbst sind? Du bist ein Wunder! Du bist einmalig! Auf der ganzen Welt gibt es kein zweites Kind, das genauso ist wie du.
Welche außerordentlicher Umschwünge und Fortschritte bin ich in meinem langen Leben Zeuge geworden! Großartige Fortschritte in Naturwissenschaft, Industrie, Raumfahrt. Und doch peinigen Hunger, Rassenunterdrückung und Tyrannei nach wie vor die Welt. Weiterhin benehmen wir uns wie die Barbaren. Wie die Wilden fürchten wir uns vor unseren Nachbarn auf dieser Erde, bewaffnen uns gegen sie, und sie bewaffnen sich gegen uns. Ich beklage es, dass ich in einer Zeit leben musste, da es Gesetz war, seinen Nächsten zu töten. Wann endlich werden wir uns an die Tatsache gewöhnen, dass wir menschliche Wesen sind? Wir sind Blätter eines Baumes, und dieser Baum ist die Menschheit.
In einer seiner letzten Darbietungen des „Gesangs der Vögel“, die man auf YouTube ansehen kann, ertönt am Schluss ein leises, geradezu zärtliches „peace, peace, peace“ – intoniert vom Meister selbst.
Gerade in diesen Zeiten macht es Hoffnung, zu wissen, dass es Menschen wie ihn gegeben hat, die immer daran geglaubt haben, dass eine bessere Welt möglich ist. Und vor allem: die dafür gearbeitet und gewirkt haben. Vielleicht kann man dies als eine Art Osterbotschaft verstehen.
Bildquelle: Rehearsals for United Nations Day Concert, Pablo Casals, United Nations General Assembly Hall. 23/Oct/1963. UN Photo/Yutaka Nagata, CC BY-NC-ND 2.0 DEED