Ich erinnere mich noch an sein erstes Länderspiel 1965: es war das Spiel in der WM-Qualifikation gegen Schweden. Das Hinspiel in Berlin hatte 1:1 geendet; das Rückspiel in Stockholm gewann Deutschland mit 2:1 und hatte sich damit für die WM in England qualifiziert. Es war in gewisser Weise die Revanche für die schmähliche Halbfinal-Niederlage gegen Schweden bei der WM 1958, als Deutschland die Partie mit neun Spielern beenden musste: Juskowiak flog vom Platz und Fritz Walter schied verletzt aus. Spielerwechsel gab es damals noch nicht.
Beckenbauer bestach von Anfang an durch seine Spielweise: nahezu körperlos schien er über den Platz zu schweben. Sein Spiel war von einer Eleganz, die es so bis dahin noch nicht gegeben hatte. Auch die Spielfigur, die er damals prägte, gab es vorher nicht: den Libero. Beckenbauer füllte diese Rolle auf seine Weise aus: er stand nicht als „letzter Mann“ hinter der Abwehr, sondern schaltete sich, wann immer es möglich war, ins Spiel ein. Seine Pässe erreichten die Mitspieler fast immer; er spielte Doppelpässe und unvergessen sind seine „Lupfer“ von der Strafraumgrenze aus; meist auf Gerd Müller, der die Bälle dann in seiner unnachahmlichen Manier verwandelte.
Es war ein Hochgenuss, Beckenbauer bei seinem Spiel zuzusehen. Ich hatte das Vergnügen zweimal: einmal 1971 in Offenbach, als die Bayern gegen die damals noch in der Bundesliga spielenden Kickers Offenbach nur ein 1:1 erreichten. Und noch einmal sah ich ihn 1976 in Frankfurt, als die Bayern gegen die Eintracht mit 0:6 untergingen. Die Eintracht mit Grabowski, Hölzenbein, Nickel und wie sie alle hießen, hatten einen jener Tage erwischt, wo ihr alles gelang. Zur Halbzeit stand es nach meiner Erinnerung bereits 0:5.
Unvergessen sind natürlich die Spiele bei der WM 1970 in Mexiko: das 3:2 gegen England nach Verlängerung, nachdem die Engländer bereits 2:0 geführt hatten. Und dann das „Jahrhundertspiel“ gegen Italien, das Deutschland in der Verlängerung 3:4 verlor. Beckenbauer spielte lange Zeit mit einer Armbinde, nachdem er sich bei einem bösen Foul eine Schulterverletzung zugezogen hatte.
Dass Beckenbauer 1990 als Teamchef die Weltmeisterschaft in Italien gewann, rundete seine Karriere ab.
Dass Beckenbauer als Funktionär die WM 2006 nach Deutschland holte, wurde ihm seinerzeit als großes Verdienst angerechnet. Das Ereignis wurde als „Sommermärchen“ gefeiert und es gab sogar einen gleichnamigen Spielfilm darüber. Später kamen Gerüchte auf, die WM sei gekauft worden. Was für eine Überraschung? Als hätten nicht alle gewusst, mit welchen Mafia-Methoden die Fifa arbeitet. Es spricht für die Doppelmoral der Medien, dass Beckenbauer nach Aufkommen der Gerüchte mehr oder weniger niedergemacht wurde. Das dürfte erheblich dazu beigetragen haben, dass er gesundheitlich und psychisch immer mehr abbaute.
Was bleibt ist die Erinnerung an einen genialen Fußballer, wie ihn Deutschland seither nicht mehr hatte.
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