Mehr Wähler-Verarsche geht nicht: Nach dem Rückzieher von Markus Söder präsentiert die Union mit Armin Laschet einen Kanzlerkandidaten, von dem die Mehrheit der eigenen Basis überzeugt ist, dass er es nicht kann. Parteidisziplin rangiert vor dem Wohl des Volkes – Pervertierung des Verfassungsauftrages an die demokratischen Parteien. Wer dieses Urteil für überzogen hält, dem sei ein Befund der Bremer CDU-Spitzenfrau Elisabeth Motschmann entgegengehalten: „Projekt Kanzlerkandidat gegen die eigene Parteibasis. Das hat es noch nie gegeben.“ Und Wirtschaftsminister Peter Altmeier gab noch in der entscheidenen CDU-Vorstandssitzung zu bedenken, er kenne außer Laschets NRW-CDU keinen Landesverband der Partei, der für ihn sei.
Was hat die Union gut eine Woche lang dem Wahlvolk zugemutet, mit welch unwürdigem Schauspiel den Politikerverdruss weiter angefacht: Söder, ein „politisch verschlagener und charakterlich skrupelloser Egomane“ (Nico Fried in der Süddeutschen) piesackte und demütigte seinen Rivalen ausgiebig. Dessen Anhänger machen euphemistisch geltend, Laschets Hartnäckigkeit und Stehvermögen habe den Sieg über Söder gebracht. Man kann es aber auch einen Mangel an Selbstachtung nennen. Eine Woche lang ließ der bayerische CSU-Chef seinen Rivalen Laschet jeden Tag mehr spüren, dass der keine Mehrheit in der eigenen Partei hat. Am Ende konnte Söder als eindeutiger Favorit der schwarzen Herzen großmütig zurückziehen. Laschet ist nach dieser Tortur nur noch ein ungeliebter Kanzlerkandidat von Söders Gnaden. Die CDU eine Geisel der CSU.
Laschet hätte in der Konkurrenz zu Söder jede Abstimmung in der Fraktion oder an der Basis verloren; aber der bedingunglose Möchtegern-Kanzlerkandidat wetterte jede Demütigung durch die eigenen Leute ab. Die einzige lediglich formale Rettung winkte ihm im CDU-Vorstand. Und auch dieses Gremium brauchte viele Stunden heftiger Diskussion um am Ende für Laschet zu stimmen – mit einer alles andere als überzeugenden Mehrheit.
So ein Kanzlerkandidat kann eigentlich einpacken, bevor er überhaupt angefangen hat. Und wenn das Wahlergebnis im September für die Union schlecht ausfallen wird, weiß man ja, woran es lag. Die Phantasie reicht heute noch nicht aus, um sich das Gemetzel im Herbst auszumalen.
Dafür kann man sich ausmalen, was uns mit einem Kanzler Laschet drohte; dem Mann der orientierungslos durch die Corona-Krise taumelte, der erst den disziplinlosen Lockerer gab und alle Warnungen der Wissenschaftler ignorierte, um am Ende den ganz harten Lockdown zu verlangen. Krise kann er ganz offensichtlich nicht.
Olaf Scholz, Spitzenmann der SPD und vor allem Annalena Baerbock, jugendlich-frische Kanzlerkandidatin der Grünen, dürfen sich freuen: So leicht wie mit Armin Laschet hat es die Union ihren Parteien wohl noch nie gemacht.
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