Der Erfolg hat viele Väter, aber auf die Niederlage folgt gern der Spott , gerade im Fußball, wo sie in der einen Woche einen Verein in den Himmel heben und eine Woche später verdammen. Nun hat sich der ruhmreiche HSV den Abstieg aus der Fußball-Bundesliga nach fast 55 Jahren Zugehörigkeit systematisch erarbeitet, Jahr für Jahr ging es mehr bergab, vor allem die Führungskrise nahm kein Ende. Mir fällt es schwer, alle Trainer aufzuzählen, die das Ruder herumreißen sollten. Der Fisch stinkt vom Kopf, so eine Volksweisheit und die bewahrheitete sich auch an der Alster. Wenn ein Verein schlecht geführt wird, wenn es oben drüber und drunter geht, ist der Weg in den Keller nicht weit.
Es wird den echten HSV-Fan nicht trösten, was mir als Anhänger von Schalke 04 vor vielen Jahren passierte. Die Blauweißen waren wieder mal abgestiegen und rangierten kurzzeitig sogar am Tabellenende der 2. Liga. Sie hatten an einem Sonntag sogar bei Preußen Münster verloren, eine Schande, was nicht gegen die Münsteraner sprach, sondern gegen die Truppe aus Gelsenkirchen. Ich arbeitete damals als Parlaments-Korrespondent für die WAZ in Bonn. Jeden Montag gab es eine Pressekonferenz im Haus der Bundespressekonferenz, also mit dem Regierungssprecher und den Sprechern der anderen Ministerien. Ich setzte mich in die letzte Journalisten-Reihe, um ja nicht aufzufallen, der Spott unter Kollegen kennt keine Grenzen. Aber es half nichts. Ich hatte mich noch nicht richtig hingesetzt, da rief ein Freund, natürlich ein BVB-Fan, quer durch den Saal: „Alfons, wie hat eigentlich Schalke gegen Münster gespielt?“ So ähnlich erging es einem Freund gestern in Hamburg. Ihn erreichte die frohe Botschaft eines Freunde aus Aue, kurz nach der Besiegelung des Abstiegs der Hamburger aus dem Oberhaus des deutschen Fußballs:“Ich freue mich auf die Duelle Aue gegen den HSV.“ Ja, es ist gut, wenn man Freunde hat.
Als der Bundeskanzler gratulierte
Wer hätte das gedacht, der HSV galt doch als unabsteigbar. Dieser ruhmreiche Klub. Sechs Meisterschaften hat der HSV gewonnen, drei Mal wurde er deutscher Pokalsieger, einmal errang er den Europa-Pokal der Pokalsieger, einmal wurde der HSV sogar europäischer Landesmeister. Damals mit Felix Magath, der das einzige Tor schoß. Über 78000 Mitglieder zählt der Verein mit der Raute und den Farben Blau, Weiß und Schwarz. Hamburg, meine Perle singen sie gern. Seit dem ersten Spieltag der Bundesliga 1963/64 gehörte der HSV der obersten Spielklasse an, der einzige Klub, der immer in der obersten Spielklasse kickte. Natürlich, wer denn sonst! Ein feiner Verein am Rothenbaum, dem sogar mal der Bundeskanzler Helmut Schmidt zum Gewinn der Meisterschaft in einem Telegramm gratulierte. Schmidt war Hamburger. Wie Uwe Seeler, der wohl bekannteste Spieler des HSV, der alle Angebote großer internationaler Vereine ausschlug und nur oder besser immer für die Hamburger gespielt und Tore geschossen und geköpft hatte. Ehrenbürger der Hansestadt ist „Uns Uwe“, Ehrenspielführer der Nationalmannschaft.
Berühmte Namen in einem berühmten Klub. Jupp Posipal gehörte der Weltmeistermannschaft 1954 an, er spielte damals rechter Verteidiger. Neben Uwe Seeler fallen mir noch andere Namen ein, Klaus Stürmer, Charly Dörfer, Manfred Kaltz, der Mann mit der Bananen-Flanke, der aus Essen stammende Horst Hrubesch, Kevin Keegan, der schon erwähnte Felix Magath, Franz Beckenbauer spielte gegen Ende seiner großen Karriere für den HSV und auch der aus Günnigfeld über Schake zu den Hamburgern gewechselte Willi Schulz trug die Farben des HSV. Zebec und Happel waren bekannte HSV-Trainer, Günther Netzer war mal Manager dieses Vereins. Das ist nur ein kurzer Ausschnitt aus der ruhmreichen Geschichte, an die sich der Fan gern erinnert und die das Vereinsheim ziert. Aber dabei sollten sich die Verantwortlichen in Hamburg nicht aufhalten, von ihrem Ruhm können sie sich nichts kaufen, der hilft ihnen in der 2. Liga nicht. Das Gegenteil kann ihnen passieren: Jeder Klub im Unterhaus wird es dem HSV zeigen wollen, wird über sich hinauswachsen, um den HSV zu besiegen.
Das vorläufige Ende
Das vorläufige Ende des HSV in Liga I war beschämend, weil so genannte Ultras- oder sollen wir sie Chaoten nennen?- für unschöne Szenen sorgten, weil sie sich daneben benahmen und Raketen zündeten, rücksichtslos. Man kann von Glück reden, dass niemandem etwas zugestoßen ist. Wenn diese Ultras namentlich bekannt sind, sollte der HSV ihnen Platzverbot aussprechen. Diese Leute haben auf den Sportplätzen nichts zu suchen, das gilt im übrigen auch für die Schlägertruppen aus anderen Bundesliga-Vereinen, die sich zwecks Prügelei auf dem Weg zum Spiel oder nach Hause verabreden, um sich gegenseitig blutige Nasen zu schlagen. Mit Fußball hat das nichts zu tun, eher sind sie dem kriminellen Milieu entnommen.
Und sonst? Über die Bayern ist alles gesagt, sie spielen in einer eigenen Liga, auch wenn das Finale gegen Stuttgart daneben ging. Dass Schalke Vizemeister wurde, ist eine Überraschung. Hoffentlich bleiben sie am Schalker Markt auf dem Teppich, sie wissen ja aus ihrer langen Geschichte, wie schnell und böse man abstürzen kann. Der BVB hat manche Anhänger enttäuscht, hinter Schalke und meilenweit hinter den Bayern, denen man vor Jahr und Tag noch die Stirn bieten konnte. Im Grunde war viel Langeweile in der Liga, die meines Erachtens an Qualität eingebüsst hat. Man schaue auf das Abschneiden deutscher Vereine in den europäischen Wettbewerben, Ausnahme der FC Bayern. Wenn man gegen Salzburg ausscheidet, spricht das Bände, nicht wahr Herr Watzke.
Ein Wort noch zu Freiburg. Hut ab, wie dort mit wenigen Finanzmitteln erfolgreich gearbeitet wird. Der Trainer Christian Streich eine Klasse für sich. Dass er mal ausgeflippt war, weil er sich und seine Freiburger ungerecht behandelt fühlte, habe ich verstehen können. Und der FC aus Köln? Das ist eine andere Welt, eine rheinische, die selbst Niederlagen besingt, nicht alles so ernst nimmt. Der Fußball als schönste Nebensache der Welt. Da kann sich mancher eine Scheibe abschneiden.
Bildquelle: pixabay, user RonnyK, CC0 Creative Commons