Große Sorgen machen sich Experten, dass immer mehr Menschen im Erwerbsalter die ländlichen Regionen im Osten verlassen. Der Wirtschaftswissenschaftler Oliver Holtemöller aus Halle/Saale nennt die demografische Situation „durchaus dramatisch“. Er rechnet damit, dass es schwierig ist, zukünftig noch vorhandene Arbeitsplätze besetzt zu bekommen. Der Leipziger Bevölkerungsgeograf Tim Leibert erklärte, vor allem junge Menschen und Ausländer verlassen den Osten, weil sie offensichtlich meinen, dort nicht erfolgreich leben zu können. Die kurze Phase seit 2017, seitdem mehr Menschen in den Osten kommen als gehen, ist zum Stillstand gekommen, sie hat sich umgekehrt. Obwohl es in den ostdeutschen Großstädten noch Zuwachs gibt, nimmt die Gesamtzahl der Erwerbstätigen in den Ländern insgesamt schon jetzt ab.
Es verlassen neben Ausländern hauptsächlich junge Frauen die Regionen, es herrscht jetzt schon Männerüberschuss. Die Bevölkerungsforscher sind sich einig, der ländliche Raum braucht Zuwanderung, um die vorhandenen Arbeitsplätze zu besetzen. Das Potential vor Ort sei auch noch vorhanden, die Schulabbrecherquote im Osten ist nach wie vor hoch, hier könnte Weiterbildung helfen.
Vor diesem Hintergrund erweist sich die hohe Zustimmungsquote zur AfD und andere rechtsextreme Gruppierungen als fatal. Denn wer soll sich für einen Umzug in eine Gegend interessieren, wo klar ist, dass viel Nachbarn Parteien wählen, die ausländerfeindlich und homophob sind. Der Ostbeauftragte der Bundesregierung: „Nur die Regionen, die offen sind für neue Leute, werden auch Zukunftsregionen sein. Das kann man politisch auch gar nicht bestellen, sondern das liegt an den Menschen, die in den Orten wohnen, ob sie andere Menschen willkommen heißen oder ob sie mit schlechter Laune durch die Stadt laufen und sie als Eindringlinge beschimpfen. Wenn das der Fall ist (…) wird es zappenduster“.
Die AfD ist natürlich taub auf diesem Ohr. Die Sachsen wie die Thüringer sehen keine Notwendigkeit, Fachkräfte im Ausland anzuwerben, sie wollen „selbst Fachkräfte produzieren“, wie es Bernd Höcke formuliert. Vielleicht ist das der Hintergrund für den einzigen gegenläufigen Trend: Rechtsextreme aus dem Westen siedeln zunehmend im Osten, vor allem im ländlichen Raum. Die Amadeu-Antonio Stiftung hat eine Studie über die völkischen Siedler im ländlichen Raum veröffentlich, die klar macht: Die Rechtsextremisten kommen um zu bleiben. Sie mischen sich in die Dorfstrukturen, versuchen Posten durch Wahlen zu erlangen. Sie investieren in Nachbarschaften, versuchen Ortschaften wiederzubeleben, auch durch Zuzug weitere Gesinnungsgenossen. Auch hier wird wieder deutlich: Nie Wieder ist jetzt
https://www.amadeu-antonio-stiftung.de/w/files/pdfs/voelkische-siedler-internet.pdf