Strahlend standen sie vor dem Fraktionssaal, die Abgeordneten Maximillion Krah und Matthias Helferich. Die beiden Rechtsextremen wurden gerade in der neuen AfD-Fraktion im Bundestag aufgenommen. Der Vorgang ist bemerkenswert, denn in der bisherigen Legislatur waren die beiden aus den jeweiligen Fraktionen im Europaparlament bzw. dem Bundestag ausgeschlossen.
Matthias Helferich, Abgeordneter aus NRW, nennt sich das freundliche Gesicht des NS. Sogar für AfD-Kreise gilt er als zu rechtsradikal. Die Parteioberen im Landesverband haben vergeblich versucht, ihn zu verhindern. Helferich schaffte es auf Platz 6 der Landesliste, trotz erbitterten Widerstands des Landesvorstands. Er saß schon in der vergangenen Legislatur im Parlament, allerdings meist als Fraktionsloser. Die Fraktion hat er verlassen, als seine Verbindungen zur Neonazi-Szene bekannt wurden. Gegen ihn läuft in NRW ein Parteiausschlussverfahren. Interessant ist, dass die Fraktionsführung aus NRW gewarnt wurde, Helferich aufzunehmen: „Weidel und Chrupalla hätten alle Informationen und Warnungen erhalten“, zitiert Die Zeit aus dem Text. Doch bei der Sitzung hat niemand einen Antrag gestellt, Helferich wieder auszuschließen.
Maximillian Krah, noch MdEP, ist einer breiteren Öffentlichkeit durch die Spitzenkandidatur bei der letzten Europawahl bekannt geworden. Denn kaum war er es, kamen einige Skandale zutage. In Krahs Umfeld flogen Kontakte zum chinesischen Geheimdienst auf, Mitarbeiter wurden verhaftet. Er selbst machte dann durch Interviews von sich reden. Er tätigte Aussagen, die selbst der französischen Rechten zu extrem waren.
Krah behauptet, dass „nicht alle, die eine SS-Uniform trugen, automatisch Verbrecher waren“. Das galt als Relativierung der Organisation, die KZ bewachte und maßgeblich an vielen Kriegsverbrechen beteiligt war. Trotz des Ausschlusses Krahs aus der Fraktion im Parlament war das Tischtuch zwischen dem Rassemblement National der Marine Le Pen und der AfD zerschnitten. Sie bilden seitdem keine gemeinsame Fraktion mehr im Europaparlament.
Das alles scheint nun der Vergangenheit anzugehören. Weidel umarmte Krah sogar beim Zusammentreffen der neuen Fraktionsmitglieder in Berlin und ließ sich mit ihm demonstrativ fotografieren. Offensichtlich wollte die AfD-Führung auf jeden Fall vermeiden, mit parteiinternen Querelen in die neue Legislatur zu starten. Und so ist sie nun 152 Köpfe stark, die neue AfD-Fraktion im Bundestag. Gleich 92 neue Abgeordnete haben den Einzug geschafft. Neben den beiden oben genannten sind gleich drei Höcke-Vertraute dabei: Stefan Möller, stellvertretender Vorsitzender der AfD Thüringen, Torben Braga, bisher parlamentarischer Geschäftsführer der braunblauen im Erfurter Landtag, und der bisherige Büroleiter Höckes, Robert Teske. Höcke selbst hat bewusst auf eine Kandidatur verzichtet. Dass die drei jetzt im Bundestag sitzen, gilt als Zeichen, dass die rechtsextremen Netzwerke nun vom Bundestag aus ihre Politik betreiben wollen. Dazugerechnet werden kann auch Thomas Ladzinski, früher Vorsitzender der Jungen Alternative aus Dresden. Die sächsische JA gilt als gesichert rechtsextrem. Ein ehemaliges Mitglied der NPD-Jugendorganisation ist der 32-jährige Dario Seifert. Er macht aus der rechtsextremen Vergangenheit keinen Hehl. Für die Wähler im Wahlkreis Rügen-Vorpommern-Greifswald kein Problem, er vertritt sie nun im Bundestag.
Auch Birgit Bessin wird künftig vom Steuerzahler finanziert. Sie gilt als Vertraute des ehemaligen Brandenburger Parteichefs Andreas Kalbitz und als bekennende Flügel-Vertreterin. Sie unterzeichnete die sogenannte Erfurter Erklärung, praktisch die Gründungsurkunde des völkisch-nationalistischen Flügels.
Christoph Birghan kommt aus Bayern. Er ist bekennender Burschenschafter und versucht seit geraumer Zeit, ein Netzwerk in der AfD zu gründen. Als „alter Herr“ der Burschenschaft Gothia Berlin, die als Hort junger wie alter Rechtsradikaler gilt, hat er beste Verbindungen und wird wohl weiter an seiner Idee arbeiten.
All diese Personalien zeigen eins: Der AfD ist ihr Image komplett egal. Sie sind offenbar derart siegestrunken, dass sämtliche Abgrenzung nach rechts fallengelassen wurde, als rechtsextrem zu gelten schadet ihr offenbar nicht. Vor allem in Ostdeutschland ist sie auf dem Weg zur alles beherrschenden Partei, Radikalität ist dabei kein Hindernis. Auch im Bundestag ist ihre Macht durch die neue Fraktionsstärke gestiegen, auch wenn ihr die Möglichkeit, einen Untersuchungsausschuss zu beantragen, noch verwehrt bleibt. Sie hat allerdings mehr Redezeit und kann ihren obstruierenden Kurs im Plenarsaal fortführen. Die AfD wird alles daransetzen, das Parlament als delegitimiert darzustellen, sollte sie zum Beispiel erneut keinen Sitz im Bundestagspräsidium erhalten. Für alle anderen im Parlament heißt es – um mit einem alten Volkslied zu sprechen – „Kein schöner Land in dieser Zeit“.
Demokratie muss auch eine AFD aushalten. Man muss sich inhaltlich mit dieser Partei auseinandersetzen, nicht mit einzelnen Personen. Auch sollte man nicht vergessen, aus welchem Grunde die AFD gegründet wurde.
Die Frage ist, wie weit denn dieses Aushalten gehen soll. Eine ganze Reihe von AfD Landesverbänden sind gesichert rechtsextrem und auch in den Positionen der Bundespartei ist partielle Verfassungsfeindlichkeit zu erkennen. Gegründet wurde sie übrigens als Anti Euro Partei, nicht als rechtsextremistisches Projekt.