Die diesjährige Bildungsmesse Didacta hat einen handfesten Skandal. Denn die Organisatoren haben einen Stand der AfD für die Messe zugelassen. Täglich protestieren Besucher gegen den Stand. Und nun hat die eigentlich als Didacta Bildungsbotschafterin auszuzeichnende Marina Weisband die Ehrung abgelehnt . Hier ihre auf der Veranstaltung gehaltene Rede:
Standhaftigkeit ist, wenn es weh tut.
Von Marina Weisband Feb. 12, 2025
Ich wurde von der Didacta zur Bildungsbotschafterin 2025 gekürt. Aufgrund des Tolerierens der AfD als Hauptaussteller auf der Messe lehne ich diesen Preis ab. Dies ist (in etwa) meine Rede.
Kaum eine Nachricht hat mich so sehr gefreut, wie hier als Bildungsbotschafterin ausgezeichnet zu werden. Ich arbeite seit über einem Jahrzehnt mit großer Leidenschaft für Demokratiebildung und werde dem auch den Rest meines Lebens widmen. Umso mehr enttäuscht mich, dass diese Auszeichnung überschattet wird davon, dass sie sich nun wie ein Deckmantel der Normalität anfühlt für einen ungeheuerlichen Vorgang.
Die Didacta hat sich unfreiwillig zum Brennglas für die Frage gemacht, ob demokratiefeindliche Akteure einen Platz haben auf einer Fachmesse mit dem Motto Demokratiebildung. Und ich kann nicht anders, als hier fest auf einer Seite zu stehen: Nein, haben sie nicht.
Ich kämpfe für eine Schulkultur der Selbstwirksamkeit. Für Inklusion, Vielfalt, Neugier, den Glauben an jedes einzelne Kind, an jeden einzelnen Menschen. Die AfD kämpft gegen Gesamtschulen, gegen Inklusion, gegen Lehrkräfte, die nicht auf Linie sind. Sie spricht Menschen je nach Geburt verschiedenen Anspruch auf Würde zu. Sie stellt Menschen vor existenzielle Fragen. Gehen oder bleiben? Sind wir hier noch willkommen? Schüler mit Migrationshintergrund. Mich! Und das müssen wir NICHT aushalten. Diese Partei will nämlich keine demokratische Debatte über diese Fragen. Sie will den Debattierclub anzünden.
Weil ich mich seit Jahren mit Demokratiebildung beschäftige, kann ich hier eine Erkenntnis teilen: Demokratie stirbt nicht plötzlich. Vielmehr werden ihre Feinde Schritt für Schritt normalisiert, bis ihr Ende wie der nächste kleine Schritt in einer logischen Kette erscheint. Heute kann ich hier nicht stehen und bei dieser Normalisierung mitspielen.
Es ist meine demokratische, meine verfassungsmäßige Pflicht, dagegen aufzubegehren. Darum lehne ich diesen Preis ab. Mit großem Bedauern. Das mir wichtig als Signal an alle, die planen, diese Partei als normale Partei zu behandeln. Denn überall, wo sie ist, bindet die AfD die Debatte auf die Schattenseiten unserer Gesellschaft, nimmt den Scheinwerfer weg von Menschen, die so hart für Demokratie arbeiten. Doch wir werden uns die Arbeit nicht verbauen lassen. Mit der gleichen Energie, wie wir Rechtsradikalismus ablehnen, arbeiten wir weiter an innovativen Bildungsformen, tauschen uns aus und lernen von einander.
Dieser Preis war dotiert mit 3000€. Damit ermöglichen wir einer ganzen Schule den Start mit aula, um echte Mitbestimmung in den Schulalltag zu bringen. Geld, dass wir als Gemeinnützige Organisation eigentlich gut gebrauchen können. Deshalb und auch im Namen des aula-Teams, kann ich an dieser Stelle nur dafür aufrufen, für uns zu spenden, wenn Sie an unsere Arbeit glauben.
Ich kann mir keine größere Anerkennung meiner Arbeit vorstellen als selbstbewusste, mündige Kinder ohne Angst vor der Zukunft. Egal, wo sie herkommen. Für sie gehe ich diesen Schritt.
Mit aller Dankbarkeit für die Auszeichnung. Ich hoffe, sie kann nächstes Jahr ohne einen solchen Schatten verliehen werden.
Nachtrag: Die Organisatoren der Didacta haben angekündigt, zukünftig keine Parteien als Aussteller mehr zur Messe zuzulassen.
Quelle: www.marinaweisband.de
Bildquelle: Kritzolina, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons
„…Die Organisatoren der Didacta haben angekündigt, zukünftig keine Parteien als Aussteller mehr zur Messe zuzulassen….“
Die Organisatoren haben wohl garnichts verstanden. Damit geben sie erst recht zu verstehen, dass sie die AfD als eine ganz normale Partei andehen. Pfui.