Es ist gewiss nicht das Angenehmste, immer wieder in Strafprozessen vor deutschen Gerichten stehen zu müssen. Banker wie Josef Ackermann, der rund 10 Jahre an der Spitze der Deutschen Bank und zeitweise Kultstatus genoss, tun sich da besonders schwer. Fast scheint es so, dass er in den Höhen der Frankfurter Bank-Türme abgehoben und sich quasi wie ein Ei, ein Außerirdischer, gefühlt hat.
Angriff auf die Justiz
Deutschland ist ein Rechtsstaat – genauso wie Ackermanns Heimatland, die Schweiz. Doch das hat dieser Mann des großen Geldes wohl nie begriffen, auf jeden Fall vergessen. Bei einem durchschnittlichen Jahreseinkommen von 10 Mio. € und mehr ist das vielleicht nicht verwunderlich, denn schon Karl Marx wies darauf hin, dass das Sein das Bewusstsein bestimmt. Doch die deutsche Justiz lässt sich nicht einfach kaufen, deutsche Richter und Staatsanwälte sind unabhängig und unbestechlich. Sie lassen sich nicht einmal von Josef Ackermann so beeindrucken wie in früheren Jahren Politiker, die ihn bei der letzten Finanz- und Bankenkrise im Jahre 2008 als Ratgeber konsultierten oder ihm gar zum runden Geburtstag im Kanzleramt ein Abendessen servierten.
Attacke gegen den Staatsanwalt
Jüngst war Josef Ackermann wieder einmal zum Strafprozess gegen den Chef der Deutschen Bank, Jürgen Fitschen, gegen seinen Vorgänger sowie gegen Rolf-Ernst Breuer und zwei weitere Ex-Vorstände geladen. Sie alle müssen sich wegen versuchten Prozessbetruges verantworten, denn sie sollen im Schadensersatzverfahren der Erben des einstigen Medienzars Leo Kirch gegen die Deutsche Bank die Unwahrheit gesagt haben. Joe Ackermann platzte in einer Verhandlungspause des Münchener Gerichts der Kragen. Er ritt eine gewaltige Attacke gegen den Staatsanwalt, der zuvor einen Beweisantrag verlesen hatte. “Ich schäme mich für die Rechtsstaatlichkeit in Deutschland“, rief der Banker den anwesenden Journalisten zu. Der Mann ist offenbar nicht mehr bei Sinnen. Bereits vor über 10 Jahren war er vor dem Landgericht Düsseldorf wegen Untreue im Mannesmann-Prozess auf der Anklagebank; dabei ging es um die Übernahme von Mannesmann durch Vodafone, bei der überhöhte Prämienzahlungen an die Manager des Düsseldorfer Konzerns gegangen sein sollten. Damals griff Joe Ackermann bereits zu Prozessbeginn die deutsche Justiz massiv an: “Dies ist das einzige Land“, so der Deutsch-Banker, “in dem diejenigen, die Erfolg haben und Werte schaffen, deswegen vor Gericht gestellt werden.“ Mit einem Victory-Zeichen mit seinen Fingern präsentierte er sich vor dem Gericht und den laufenden Fernseh-Kameras. Joe Ackermann hatte am Ende persönlich großes Glück, dass er nicht verurteilt wurde, sondern dass das Verfahren gegen eine Geldauflage eingestellt wurde: 3,2 Mio. Euro musste er berappen – für einen Manager der Deutschen Bank also lediglich “peanuts“ oder ein Trinkgeld.
Kein Vorbild für die Soziale Marktwirtschaft
Josef Ackermann hat als Banker in Deutschland keineswegs große Erfolge erzielen können. Wegen der Werte, die er wohl per Saldo auch nicht geschaffen hat, stand er nicht vor einem ordentlichen Gericht. Seine Geschäftspolitik ist wohl eher mitverantwortlich dafür, dass die Deutsche Bank Abschreibungen in Milliarden-Höhe machen und viele tausend Mitarbeiter entlassen musste. Das Kreditinstitut, das einst in der Weltliga ganz oben mitspielte, ist inzwischen im internationalen Vergleich zu einer Bonsai-Bank geworden, die immer noch mit einer Vielzahl von Klagen wegen Manipulation, Gesetzesverstößen und anderem zu kämpfen hat. Der Börsenkurs der Deutschen Bank liegt heute bei nicht einmal 25 € für eine Aktie; das ist ein ganz bitteres Urteil der Anleger, bei denen Ackermann & Genossen den Kredit, nämlich das Vertrauen, verspielt haben.
Wirklich vornehme Bankiers genossen lange Zeit in Deutschland größten Respekt und hohes Ansehen. Sie waren echte Motoren für die deutsche Wirtschaft, finanzierten Unternehmen, engagierten sich im Außenhandel und verwalteten mit Erfolg das Geld der Anleger. Josef Ackermann hat nicht nur der Deutschen Bank, sondern vor allem der Sozialen Marktwirtschaft mit seinen Entgleisungen einen enormen Bärendienst erwiesen.
Bildquelle: Wikipedia, International Students’ Committee – International Students’ Committee Josef Ackermann im Mai 2010 am 40. St. Gallen Symposium an der Universität St. Gallen CC BY-SA 3.0
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