Die Stabilität unseres Parteiensystems hängt ganz entscheidend von den vier etablierten Parteien CDU, SPD, Grüne und FDP ab. Aber welch trauriges Bild bieten Sie gegenwärtig dem staunenden Wahlvolk. Wie gebannt schauen ihre Spitzenleute auf die Herausforderungen, die vor allem von den populistischen Parteien am Rande des politischen Spektrums auf beiden Seiten kommen, als da wären AfD und vielleicht Werteunion auf der einen und die neue Partei von Sahra Wagenknecht auf der anderen Seite.
Ohne ihre eigene Haltung konsequent zu vertreten und nachvollziehbar zu erklären, schnappen die vier Parteien jeden Köder auf, der ihnen hingehalten wird: Agrarsubventionen, Energiepolitik, Migration, EU-Kritik, Medienschelte usw. usw.. Zugegeben, dass Dreierkoalitionen zu Kompromissen zwingen und auch die CDU nach einer eventuellen Neuwahl das gleiche Dilemma hätte. Deshalb ist aber der Eindruck nicht falsch, dass kaum noch jemand weiß, wer gerade warum wofür steht. Die genannten Parteien verheddern sich untereinander dermaßen, dass einem unwillkürlich eine der Strophen Wilhelm Buschs – mit den entsprechenden Zeichnungen aufgeregter Hühner – als Warnung einfällt:
„Aber als sie sich besinnen, konnte keines recht von hinnen.
In die Kreuz und in die Quer reißen sie sich hin und her.
Flattern auf und in die Höh‘, ach herje, herjemineh!“
Das scheint mir den Zustand und das Verhalten der politischen Parteien gegenwärtig gut zu beschreiben. Leider ist das Ende des Federviehs wenig erfreulich: Alle zusammen hängen an ein und demselben Ast eines Baumes:
„Und ihr Hals wird lang und länger, ihr Gesang wird bang und bänger.
Jedes legt noch schnell ein Ei, und dann kommt der Tod herbei.“
So schlimm muss es nicht kommen, aber Wilhelm Busch hat mit diesem ersten Streich von Max und Moritz sehr schön illustriert, wohin Kopflosigkeit und Uneinigkeit führen können. Da ist es kein Trost, dass die Verursacher des Dramas selbst ein denkbar brutales Ende nehmen. Max und Moritz landen im Mahlwerk einer Mühle. Das ist für mich ein Hinweis darauf, wohin die Parteiprogramme der extremen Parteien gehören, nämlich am besten in den Schredder. Das setzt aber voraus, dass die etablierten Parteien dem Wahlvolk mit mehr Unaufgeregtheit ihre Positionen besser und stringenter vermitteln können.
„Ach herje, herjemineh!“