Es gab mal Zeiten, da wurde die FDP ernst genommen. Sie spielte eine wichtige, mitentscheidende Rolle in der deutschen Politik, sie war der Königs-sprich Kanzlermacher. Freidemokraten waren Bundespräsidenten, wie Theodor Heuss und Walter Scheel, der mit Willy Brandt die neue Ostpolitik gestaltete. Aber die Zeiten von Thomas Dehler und Hans-Dietrich Genscher sind vorbei, man könnte auch noch den Grafen anführen, wie wir Journalisten Otto Graf Lambsdorff nannten, aus Respekt vor seiner Persönlichkeit. Und heute? Fällt mir nur noch der Porsche des FDP-Parteichefs Christian Lindner ein und seine Hochzeit auf Sylt.
Damit ich es nicht vergesse, der Mann ist ja auch noch Bundesfinanzminister im Kabinett von Olaf Scholz. Der Zeitgenosse erinnert sich sicher an flotte Sprüche des Liberalen: Lieber nicht regieren, als schlecht regieren. Und verschwand von der Bühne, auf der die Kanzlerin Angela Merkel auf sein Ja zu einer Jamaika-Koalition gewartet hatte. Er gab ihr einen Korb. Oder man denke an die Worte, die er wählte, als über eine Ampel-Koalition diskutiert wurde. Ihm fehle es an der Phantasie, sich ein Bündnis der FDP mit SPD und den Grünen vorzustellen. Wenig später prognostizierte der Liberale dem Sozialdemokraten aus Hamburg, Olaf Scholz, er werde ein Großer, gemeint Kanzler. Wäre Lindner nur bei dem Gedanken geblieben, er hätte uns manches erspart.
Wie zum Beispiel die Idee, Autos kostenlos in den Innenstädten parken zu lassen. Wer hat sich denn das ausgedacht?! Wer, außer der FDP, will wirklich mehr Autos in den Zentren unserer Kommunen? Die sind doch eh alle voll. Staus ohne Ende, dazu der Gestank der PKW, der Lärm. Anscheinend kann die FDP davon nicht genug kriegen. Es ist überhaupt keine Frage, dass die Bürgerinnen und Bürger, Mittelständler, Händler, Handwerker, die auf ihr Auto angewiesen sind und mit diesem Gefährt ihr Ziel in der Stadt anfahren müssen, dies auch weiter dürfen sollen. Niemand stellt das in Zweifel. Auch der Einkauf in Kaufhäusern wird weiter machbar sein. Aber das ist es auch.
Mehr und billigerer ÖPNV
Der große Autoverkehr gehört aus der Stadt gezogen, wir brauchen stattdessen einen besseren ÖPNV, einen kürzeren Takt, billiger muss es werden. Es ist zu teuer, wenn man für zwei Personen für die Fahrt per Straßenbahn von Kessenich bis zum Hauptbahnhof(drei km) 7 Euro bezahlen muss. Die Fahrt dauert etwa 10 Minuten. Der Preis muss so niedrig sein, dass die Tram konkurrenzlos wird. Dann würde mancher Autofahrer sein Auto in der Garage lassen und die Bahn vorziehen. Die Umwelt hätte davon Vorteile, die Luftbelastung würde sinken wie der Lärm. Die Innenstädte könnten attraktiver gestaltet werden mit Parks, Bänken, Kneipen, mit Bäumen und Blumen. Manche Fahrt mit dem Auto ließe sich besser und beinahe schneller mit dem Rad oder dem Pedelec erledigen.
Die FDP als Autofahrer-Partei. Glauben sie wirklich in ihrer Parteizentrale in Berlin, dass sie mit so einem faulen Trick Wählerinnen und Wähler gewinnen bei den anstehenden Wahlen im Osten Deutschlands? Da läuft die FDP Gefahr, unterzugehen. Es gibt keinen Kulturkampf ums Auto in Deutschland. Das bilden sich Liberale ein. Ich fahre gern Auto, nehme aber öfter das Rad, wenn es geht. Kulturkampf? Ums Auto? Das sagen Freidemokraten nur, um den Grünen eins auszuwischen. Die Grünen, der eigentliche Gegner der FDP, weil sie sie verdrängt haben als Königsmacher, als moderne Partei, die die FDP auch mal war. Lang her.
Mehr Straße und weniger Radwege, ist ebenso voll daneben. Das gilt auch für die FDP-Idee, mit den wirklich abseitigen Vorschlägen den ländlichen Raum besser zu fördern. Stärken Sie den ÖPNV, lassen Sie auf dem Land preiswert mehr Busse fahren, damit die Leute mehr Möglichkeiten haben, in die Stadt zu fahren.
Oder hat Ihnen in der Hauptstadt die Hitze zugesetzt? Man soll ja viel Wasser trinken, zu Hause verweilen, weniger im Auto durch die Gegend fahren, weil die Hitze uns und Ihnen zusetzt. Schattige Plätze brauchen wir mehr denn je in unseren Städten, nicht mehr Autos. Wer eigentlich von Ihnen hatte die Idee, sich „klar zur Formel 1 in Deutschland“ zu bekennen. Das ist ein Wort. Ja zur Raserei, die dazu gut bezahlt wird. Formel 1 statt Tempo 50. Wo kämen wir hin, wenn alle nur noch mit Tempo 50 dahinschleichen? Dass die Zahl der Verletzten sinken würde, weil es weniger Unfälle geben werde, geschenkt. Freie Fahrt für freie Bürger. Tempolimit würde der Umwelt helfen. Geht nicht, die FDP ist dagegen.
Pro-Auto-Plan des Zeichners
Übrigens schlage ich jedem FDP-Mitglied und -Sympathisanten und möglichem -Wähler vor, sich unbedingt die Karikatur des Berliner Karikaturisten Klaus Stuttmann anzuschauen. Sie finden sie in Zeitungen wie dem Bonner Generalanzeiger, schneiden Sie die Zeichnung unbedingt aus und hängen sie sich das Bild an die Wand. Die Zeichnung fasst unter dem Titel „Pro-Auto-Plan“ das Mobilitätsprogramm der FDP der Zukunft in sechs Kapiteln zusammen: Alle Grünflächen und Spielplätze umwandeln in Parkplätze! Alle Museen, Theater und Konzerthäuser umwandeln in Parkhäuser! Mehr Autobahnen in die Innenstädte! Radwege und Bürgersteige abschaffen! Illegale Autorennen legalisieren! Tempo 160 vor allen Kitas, Schulen und Seniorenheimen! Untertitel der Zeichnung: Auf dem Gaspedal. Die Karikatur zeigt neben dem Plakat mit dem Mobilitätsprogramm der FDP die Herren Lindner und Wissing. Und Stuttmann lässt Lindner eine weitere Forderung sagen: „Und natürlich weg mit jeder Ampel.“
Nicht wahr, Herr Lindner und Herr Bundesverkehrsminister, da können Sie noch was lernen von Klaus Stuttmann. Der hat Ideen. Ich hätte auch noch eine zuzusteuern: Die FDP-Parteitage finden künftig alle auf der Insel Sylt statt. Da kann man dann das Programm „Weniger Steuern für Reiche und dafür Absenken des Bürgergelds „verkünden. CDU-Chef Friedrich Merz, dann sicher schon Kanzler, kann Sie hinfliegen. Dann sind die Autobahnen entlastet für den übrigen Verkehr.