Er hat es sich also überlegt und macht weiter als Ministerpräsident und CSU-Parteichef. Ja, was denn sonst!? Wozu hätte vor Monaten die Runde der CSU-Granden um Theo Waigel und Edmund Stoiber in geheimer Mission zusammensitzen und sich Gedanken über die Zukunft von Horst Seehofer, der CSU und des Freistaats Bayern machen sollen. Pardon, eines habe ich vergessen, die Herren dachten natürlich auch über Deutschland nach. Was wäre schließlich die Bundesrepublik ohne den großen Horst? Dabei will ich seine Leistungen gar nicht kleinreden. Er hat es vor Jahr und Tag geschafft, für die CSU und mit seiner Person die absolute Mehrheit in Bayern zurückzuholen, in Zeiten wie diesen gewiss keine Kleinigkeit. Auch dass der Freistaat in fast allen Belangen so gut da steht, ja an der Spitze der Bundesländer rangiert, soll nicht vergessen werden. Es ist sicher nich sein Verdienst allein, aber daran erheblich mitgewirkt hat er als Regierungschef selbstverständlich. Aber warum das Theater über Monate?
Söder bei Hofe unbeliebt
Horst Seehofer ist in der CSU unangefochten, nirgendwo findet sich ein Konkurrent, der sich traut, ihm politisch Paroli zu bieten. Sogar der bei Hofe unbeliebte Markus Söder, der sich in völliger Selbstüberschätzung schon länger für den einzigen wahren Seehofer-Erben hält, jubelt dem Ministerpräsidenten seine Solidarität zu- ehrlich und uneingeschränkt. Na, ja. Was man so sagt, wenn man was zu einer Entscheidung sagen muss, die einem nicht gefällt, die aber gefällt worden ist. Seehofer kann also weitermachen wie bisher. Kein Gegner weit und breit.
Bei der Bundestagswahl im September diesen Jahres brauchen die Kanzlerin und die CDU die volle Unterstützung der bayerischen Schwester. Im Wahlkampf, der nicht so einfach wird wie in der Vergangenheit, wo der Sieg Merkels schon Monate vorher feststand, wird sich der eigenwillige CSU-Chef und bayerische Ministerpräsident loyal zur Kanzlerin verhalten müssen. Auch das Gerede von der Obergrenze wird aufhören. Die Flüchtlingszahlen sind doch sowieso gesunken. Und Asylrecht kennt nun mal keine Obergrenze, Herr Seehofer, bei allem Verständnis für die Probleme eines Landes wie Bayern mit den langen Grenzen.
CSU unangefochten in Bayern
2018 findet die Landtagswahl in Bayern statt. Es braucht nicht viel Mut, um darauf zu wetten, dass die CSU die in Bayern beherrschende Partei bleibt. Sie ist nun mal die Partei, die das weißblaue Bayern erfunden hat, wie das einst der große Journalist Herbert Riehl-Heyse formuliert hat. Die SPD ist im Freistaat schon lange keine Alternative mehr, sie ist eher zu einer Art politischer Sekte geschrumpft, die schon froh ist, wenn sie die 20-vh-Hürde überspringt. Die Freien Wähler sind eine Partei unter anderen, nicht weiter auffallend, die Linke spielt im Süden ebenso keine Rolle wie die FDP oder die Grünen. Und die AfD, die auf die Wählerinnen und Wähler am rechten Rand spekuliert, wird, wenn nicht noch ein Wunder geschieht, 2018 wohl in den bayerischen Landtag einziehen. Schön ist das nicht, aber wenn es kommen würde, ginge die Welt in Bayern nicht unter.
So ist die Lage, wenn alles normal verläuft. Aber wehe, die Bundestagswahl im September geht schief. Dann wird man einen Schuldigen suchen. Und dann steht einer wie Horst Seehofer ganz schnell im Blickpunkt des Ereignisses. Und dann kann ihm passieren, was auch anderen schon geschah, wenn sie den richtigen Zeitpunkt für einen geordneten Abschied verpasst hatten.
Kohl wurde abgewählt
Beispiele gefällig? Konrad Adenauer wurde- wenngleich im hohen Alter- demontiert, weil er sich weigerte, den Stab an Ludwig Erhard weiterzugeben. Wobei der Alte Recht behielt, denn der als Wirtschaftsminister gepriesene Erhard war als Kanzler überfordert und wurde nach wenigen Jahren durch Kurt Georg Kiesinger und die Große Koalition abgelöst. Helmut Kohl, der Dauerkanzler von 1982 bis 1998, verpasste einen ordentlich Rückzug vom Amt, weil er nicht von der Politik und der Macht lassen konnte und wollte. So wurde er abgewählt, sein Nachfolger war Gerhard Schröder, der nur bis 2005 regierte. Schröder suchte damals die Offensive in einer Neuwahl, als er spürte, dass ihm die Macht durch die Verluste der SPD in den Ländern, namentlich NRW, unter den Füßen wegbröckelte.
Und nun Angela Merkel, die sich damals ganz knapp Schröder behauptete, die man die mächtigste Frau mindestens in Europa nannte und die seit bald 12 Jahren im Kanzleramt sitzt. Aber der Glanz von einst ist dahin, sie merkt, dass die Zustimmung sogar in der eigenen Partei schwindet. Die Wahl, das weiß sie inzwischen, wird kein Selbstläufer. Europa ist ein Problemfeld, Trump nicht hilfreich, Erdogan kein Freund. Und auch wenn der Schulz-Zug ein wenig ins Stocken geraten ist, so hat die SPD ganz öffentlich ihre depressive Phase überwunden und kämpft selbstbewusst um die Macht, die vergänglich ist. Und zwar für alle.
Zeit läuft auch für Seehofer
Merkel mag die Wahl noch einmal gewinnen, aber die Zeit läuft. Und irgendwann wird sie ihren Hut nehmen und gehen oder gegangen werden. Das gilt auch für Horst Seehofer. Er hat ein bisschen Zeit gewonnen, um die Nachfolge zu regeln. Wenn er es nicht in die eigenen Hände nimmt, läuft er Gefahr, dass andere es ihm aus den Händen reissen.
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