Kaum war Moskaus Offerte an Altkanzler Schröder auf dem Markt, ihn künftig als unabhängigen Direktor in den Aufsichtsrat von Rosneft, dem größten russischen Ölkonzern zu berufen, hatte die SPD wieder einmal die Hosen voll. Welch jämmerlicher Eindruck, Angst davor zu haben, es könnte im Wahlkampf nicht gut ankommen, dass Schröder Zugang zu einem wichtigen russischen Player auf dem Energiemarkt bekommen könnte. Ja, ganz offenkundig ist Wladimir Putin interessiert daran, in Schröder einen zuverlässigen Partner zu behalten, der nicht vergessen hat, dass eine friedliche Perspektive für Europa ohne oder gar gegen Russland Illusion wäre.
Niemand würde sich aufregen, wäre die gleiche Offerte statt aus Moskau aus Washington an Schröder herangetragen worden. Dabei wäre anstelle von sozialdemokratischem Kleinmut gerade in Richtung Washington Klartext gefragt. Die USA erwarten, dass die Verbündeten ihren gerade verhängten Sanktionen gegen Russland folgen und selbstverständlich Vasallentreue zeigen. Die neuen Sanktionen aber zielen genau auf den Energiesektor Russlands, um dessen Zugang auf den Weltmarkt zu erschweren. Dahinter verbirgt sich das Interesse von „America first“, die eigenen sehr viel teurer geförderten Ölvorkommen konkurrenzfähig zu machen und gleichzeitig die industrielle Zusammenarbeit zwischen Russland und Europa zu torpedieren.
Es hat sich offenbar in der derzeitigen SPD-Führung noch nicht herumgesprochen, dass dies besonders die deutsche Industrie treffen würde. Solange Donald Trump als US-Präsident die weltpolitische Wetterkarte beeinflusst, wird sich zeigen, dass Europa lernen muss, auch gegenüber den USA seine eigenen Interessen zu vertreten. Es gibt keinen Bereich, der dabei ausgespart wäre. Während Russland und China zu den Beschlüssen der Weltklimakonferenz stehen, bleibt Washington bei der Kündigung seiner Zustimmung und will wieder fossile Brennstoffe verfeuern. Jetzt auch noch China mit einem Wirtschaftskrieg zu drohen, obwohl die drohende Kriegsgefahr auf der koreanischen Halbinsel nur mit Pekings und Moskaus Hilfe beizulegen wäre. Nun auch noch Venezuela offenkundig in den Bürgerkrieg zu treiben, zeigt, nicht die Welt ist aus den Angeln, dafür allerdings ließe sich das problemlos über die Lage der atomaren Supermacht USA sagen.
Nein, Moskau ist kein Feind, allerdings ein problematischer Partner, zu dem möglichst viele Fenster geöffnet bleiben sollten. Die SPD wäre daher gut beraten, die mögliche Berufung von Gerhard Schröder in den Aufsichtsrat von Rosneft offensiv zu vertreten. Kontaktverbote sind gegenwärtig das Letzte, was die weltpolitische Agenda brauchen würde. Kleinmut aber ist kein guter Berater, wenn die SPD die Aufholarbeit im Wahlkampf erfolgreich aufnehmen will.
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