Starke Risse zeichnen sich im transatlantischen Bündnis ab. Präsident Trump hat seine Strategie „America first!“verkündet. Nun folgen seinen Worten die Taten, die im Weißen Haus und im Kongress beschlossen wurden. Das gilt vor allem für die neuen Sanktionen der USA gegen Russland, die ohne jede Abstimmung mit den europäischen Partnern verabschiedet wurden.
Alleingänge gegen Russland
Die EU-Staaten und vor allem Deutschland sind von diesen Sanktionsmaßnahmen durchaus betroffen. Denn das US-Gesetz bezieht Geschäfte, die europäische Unternehmen und Investoren mit Russland machen, in das Sanktionsregime mit ein. Einen derartigen „Sanktionsimperialismus“ hat es bislang nicht gegeben. Das zeigt, wie stark die Beziehungen zwischen den USA und Europa inzwischen gestört sind. Es bestätigt zudem die jüngste Feststellung der Bundeskanzlerin, dass wir in Europa uns auf Amerika immer weniger verlassen können und auf uns allein gestellt sind.
Bislang hatten sich die USA und die EU nach der völkerrechtlichen Annexion durch Russland auf gemeinsame Sanktionen gegen Moskau verständigt. Damit sollte verhindert werden, dass europäische Firmen Geschäfte, die den US-Unternehmen untersagt waren, mit Russland machen.
Jetzt wollen die USA im Alleingang die Sanktionspolitik bestimmen – ohne Konsultation mit den europäischen Ländern. Wer solche Freunde hat, der braucht wahrlich keine Feinde. Denn das US-Gesetz sieht gleich auch Sanktionen gegen europäisch Firmen, die mit Russland Geschäfte machen, vor. Davon dürfte insbesondere das Energieprojekt Nord Stream 2 betroffen werden. Die Pipeline, die vom russischen Wyborg aus durch die Ostsee nach Lubmin in Mecklenburg-Vorpommern gebaut werden soll, ist den Amerikanern ein Dorn im Auge; bereits beim Bau von Nord Stream 1 gab es einigen Widerstand, der jedoch schließlich überwunden werden konnte.
Gefahren für die Energiesicherheit
Die geplante neue Rohrleitung soll bis zum Jahr 2019 fertig werden. An diesem 10 Mrd. €-Projekt beteiligen sich die deutschen Unternehmen Uniper und Wintershall, die österreichische OMV, Shell aus Großbritannien und Engie aus Frankreich. Nach der Fertigstellung dieser 1.220 Kilometer langen Rohrverbindung sollen nochmals bis zu 55 Mrd. Kubikmeter russisches Gas pro Jahr nach Westen transportiert werden.
Die gerade beschlossenen Sanktionen der USA versetzen die Manager in Europa in helle Aufregung. Der Chef von Uniper, Klaus Schäfer, befürchtet, dass so die „europäische Energiepolitik zum Spielball der amerikanischen Wirtschafts- und Innenpolitik“ wird. Denn es ist überdeutlich, wie sehr die USA darauf setzen, mit ihren Sanktionen eigene wirtschaftliche Interessen verfolgen und Arbeitsplätze in Amerika sichern wollen. Letztlich geht es um die „angestrebte Dominanz der USA im globalen Energiemarkt“ – so der Uniper-Chef. Wenn bislang Lieferungen von Flüssiggas aus den USA nach Europa keine Rolle spielen, ist dennoch die Absicht der Trump-Administration und der Republikaner zu erkennen, den amerikanischen Energiekonzernen größere Exportmöglichkeiten vor allem in Richtung Europa zu erschließen. Die USA verfügen immerhin seit einiger Zeit über ein Überangebot an Gas.
Amerikanischer Handelsimperialismus
Die Risiken der US-Sanktionspolitik sind nicht gering. Washington startet damit den Versuch, auch in wirtschaftliche Beziehungen anderer Länder einzugreifen. Das muss die EU-Kommission auf den Plan rufen. Denn noch gelten die Regeln der Welthandelsorganisation (WTO). Ob danach die amerikanischen Sanktionen gegen Russland auch europäische Firmen und Investoren betreffen dürfen oder eben gegen die Regeln des freien Welthandels verstoßen, muss schnell geklärt werden. Die EU-Staaten sollten mit großer Geschlossenheit und Entschiedenheit gegen diesen Versuch der amerikanischen Politik, die weit über die Grenzen der Rechtssetzung hinausgeht und gar Extraterritorialität anstrebt, vorgehen.
Bereits vor dem Präsidentenwechsel im Weißen Haus hatten sich die USA in eine Transaktion eingemischt: Barack Obama erreichte mit einer Intervention, dass der Verkauf des deutschen Herstellers Aixtron aus Herzogenrath an einen Investor aus China untersagt wurde. Diese Intervention wurde mit dem Hinweis auf die nationale Sicherheit begründet: auf Anlagen von Aixtron könnten auch Halbleiter für die Rüstungsindustrie produziert werden. Obwohl die Bundesregierung diesen Deal von Aixtron mit dem chinesischen Investor schon genehmigt hatte, beugte sich Deutschland dem Ansinnen der US-Regierung. Für das Unternehmen aus Herzogenrath bescherte diese Entscheidung jedenfalls unangenehme Belastungen.
Benign Neglect in der Währungspolitik
Die unberechenbare Politik von Donald Trump und seiner Regierung verunsichert mehr und mehr die Geld- und Kapitalmärkte der Welt. Seine widersprüchlichen und missverständlichen Twitter-Botschaften, die er fast wie Tageslosungen in die Welt hinausposaunt, schlagen sich vor allem in der Entwicklung des Dollar-Kurses nieder.
Obwohl die US-Notenbank den Abschied von ihrer Niedrigzinspolitik eingeleitet und weitere Zinserhöhungen angekündigt hat, verlor der Greenback in jüngster Zeit gegenüber dem Euro an Boden. Das sinkende Vertrauen in Donald Trump könnte zu einer weiteren Talfahrt des Dollar führen. Die Exporte in die USA würden sich dadurch verteuern, die amerikanischen Ausfuhren nach Europa verbilligen. Allzu dramatisch auf die Volkswirtschaften in der Eurozone werden diese währungspolitisch bedingten Auswirkungen allerdings nicht ausfallen. Dennoch ergibt sich auch hieraus ebenso wie aus nahezu allen anderen politischen Entwicklungen der USA die Notwendigkeit, dass die Europäer ihr Schicksal endlich selbst in die Hand nehmen müssen. Denn von einer transatlantischen Freundschaft kann kaum noch die Rede sein und die Partnerschaft bewegt sich derzeit auf ganz dünnem, ja brüchigem Eis. Die Gefahren eines transatlantischen Wirtschaftskrieges sollten jedenfalls nicht unterschätzt werden.
Bildquelle: Wikipedia, gemeinfrei