Man kann sich nur wundern oder vielleicht sogar aufregen über die plötzliche Aufregung. Das sollte in der BRD, der BananenRepublik Deutschland, doch längst als normal gelten, dass ein Ministerpräsident seine Regierungserklärung von einem Autokonzern redigieren lässt. Und so wie unsere Staatsoberhäupter ausgekungelt werden, ist es dann auch nicht weiter schlimm, wenn ein Ex-Präsident nach seinem vorzeitigen Abgang sich einem türkischen Modehersteller andient, weil er zur satten Pension noch etwas dazuverdienen möchte.
Die künstliche Aufregung jetzt kann nicht darüber hinwegtäuschen: Deutschland ist nicht besser. Alle Macht geht vom Volke aus ? Von wegen. Sehr viel Macht geht vom Kapital aus. Und das kennt keine Moral. Also bitte aufhören zu moralisieren.
Gerhard Schröder legte sich noch als Regierungschef für seinen Männerfreund Putin und dessen Öl-Milliardäre ins Zeug, um ohne jegliche Schamfrist gleich nach dem Auszug aus dem Kanzleramt selbst ins deutsch-russische Ölgeschäft einzusteigen – bestens dotiert. Nachgelagerte Korruption könnte man sowas nennen. Seine Nachfolgerin Angela Merkel reiste im Auftrag oder zumindest im Interesse der deutschen Autoindustrie nach Brüssel, um dort gegen niedrige Schadstoff-Grenzwerte zu intervenieren. Denn die hätten den deutschen Herstellern PS-starker Dickschiffe Schwierigkeiten gemacht und deren Profite geschmälert. Legendär sind jene Gesetzesentwürfe, die von Lobbyisten geschrieben worden waren und mitsamt Schreibfehlern in die parlamentarische Beratung eingebracht wurden. Hoch angesehene Spitzenleute aus vielen Bundes- und Landesregierungen nahmen die Politik als Trampolin. Von dort aus hüpften sie in weniger angesehene, aber besser bezahlte Top-Jobs von Industrie und Interessenverbänden, aber doch nicht, um die Wirtschaft Moral zu lehren, sondern um mit ihrer Erfahrung die Politik gefügig zu machen. Der Diesel-Gipfel, auf dem die Autobosse bar jeglicher Scham ob ihrer jahrelangen Betrügereien der Politik diktierten, dass die Bürger weiter vergiftet werden dürfen, ist erst wenige Tage her. Deutschland ist seit Ewigkeiten das einzige Land der zivilisierten Welt, in dem es auf vielen Autobahnen kein Tempolimit gibt, weil die Autohersteller es so wollen. In deren Interesse wird also weiter umgebracht und bringen wir uns um.
Die Moral von dieser lückenhaften Aufzählung: Dass Stephan Weil, der gefügige Ministerpräsident aus dem VW-Land Niedersachsen die Autobosse in Wolfsburg eine Regierungserklärung vorab lesen ließ, fällt bei der ganz alltäglichen Verkommenheit unserer Politik nicht weiter ins Gewicht. Wer sich jetzt künstlich aufregt – wie vor allem die niedersächsische CDU und die chronisch aufgeregte CSU – steigert nur die Verlogenheit.
Und bei Christian Wulff, der jährlich über 200.000,– Euro „Ehrensold“ bezieht, wobei man das „Ehren-„ gefälligst streichen sollte, gibt es auch keinen Grund zur Aufregung. Ist denn schon vergessen, wie brachial Angela Merkel ihn seinerzeit als Bundespräsident durchsetzte, obwohl jeder wusste, dass er gewiss nicht der Beste war ? Schon damals hätten wir Gauck als Staatsoberhaupt bekommen könnten. Jetzt haben wir einen Ex-Präsidenten, der nun auch noch für ein türkisches Modelabel tingelt. Und seine Schöpferin Angela Merkel wählen wir immer wieder. Lieb Vaterland, magst ruhig sein. Alles wie gehabt: würde- und charakterlos. Also ganz normal.
Bildquelle: Wikipedia, KAS/ACDP 10-001: 603 CC-BY-SA 3.0 DE
Sehr geehrter Herr Lütgert,
Herr Weil ist VW-Aufsichtsratsmitglied und hat in dieser Eigenschaft alles zu unterlassen, was dem beaufsichtigten Unternehmen schaden könnte. Insofern ist die juristische Prüfung seiner Aussage durch die VW-Rechtsabteilung völlig in Odnung. Sie wissen genauso wie ich, dass in den USA genügend Institutionen nur darauf warten, unbedachte Vorlagen für Sammelklagen udgl geliefert zu bekommen.
Auf einem ganz anderen Blatt steht die Frage, ob die Interessenvertretung des Anteilseigner Niedersachsen durch Vertreter der Landes-regierung oder teuhändlerisch durch neutrale Fachleute wahrgenommen werden sollten.
Zum Thema Diesel:
Ich lese nur Behauptungen, dass durch die von Dieselmotoren emmitierten Stickoxide jährlich tausende Mitbürger sterben, jedoch keinen einzigen wissenschaftlichen und empirisch belegten Nachweis, der diese Behauptung verizifiziert. Im Gegenteil: Von Stuttgarter Lungenexperten lese ich, dass diese noch keinen Patienten hatten, der an von Dieselmotoren emmitierten Stickoxiden gestorben sei.
Diesel- wie Benzin-PKW werden mithilfe standardisierter Messzyklen und vorgeschrieben Prüfbedingungen zugelassen, weil inzwischen die Grenzwerte so gering sind, dass die Emmissionen unter Alltagsbedingungen mit der erforderlichen Wiederholungsgenauigkeit gar nicht mehr gemessen werden können. Die Tricksereien von VW & Co sind damit natürlich nicht entschuldigt.
Es wäre schön, wenn in den deutschen Medien endlich wieder sachlicher und faktenbasierter berichtet würden. Dann würden auch Ihre Anwürfe an Merkel, Schröder, Wulf und Co. glaubhafter klingen.
MfG V.Z