Emmanuel Macron kann auch anders, auch patriotisch, militärisch, pompös. Der neue französische Präsident feiert den Nationalfeiertag der Grande Nation mit dem üblichen Gepränge, mit Soldaten auf den Champs-Élysées und Kampfjets darüber, mit der Tricolore, Marschmusik und tschingderassassa.
Eben noch hat er sich als überzeugender Verfechter der europäischen Einigung und Reformer aus der desolaten französischen Politik emporgehoben, die eigenen Leute begeistert, Aufbruchstimmung verbreitet und auch die europäischen Nachbarn mitgerissen. Zu seinem triumphalen Wahlerfolg erklang nicht die Marseillaise, sondern die Europahymne. Symbolik eines Hoffnungsträgers.
Dagegen wirken die Inszenierungen dieser Tage bizarr, sonnenköniggleich im Schloss Versailles, nationalistischer Pathos auf der Prachtstraße, an Macrons Seite der US-Präsident, ein Trampel auf der internationalen Bühne, der prompt Frankreichs First Lady brüskiert und ansonsten die große Show rühmt, die ihn den Ärger zu Hause für zwei Tage ausblenden lässt.
Die Geschichte schreibt das Drehbuch solcher Tage. Die Parade auf den Champs-Élysées erinnerte in diesem Jahr an den Eintritt der USA in den Ersten Weltkrieg vor hundert Jahren. Gemeinsam mit den französischen Truppen bekämpften sie die deutschen. Amerikanische Soldaten wirkten an dem Gedenken daran mit, und Donald Trump fand freundliche Worte über die unverbrüchliche französisch-amerikanische Freundschaft.
Substanzielles hatte der Ehrengast aus Übersee allerdings nicht zu bieten. Seine Unwilligkeit zu einer verantwortungsbewussten internationalen Zusammenarbeit, die der US-Präsident dem Rest der Welt bei jeder diplomatischen Gelegenheit demonstriert, ist unverändert, und es gehört schon eine gehörige Portion Gutgläubigkeit dazu, in seine Andeutungen zum globalen Klimaschutz einen Ansatz zum Umdenken hineinzuinterpretieren. Mehr als „man wird sehen“ hat Trump zu dem brennenden Thema nicht gesagt, und seit G7 und G20 ist offenkundig, dass für diesen Präsidenten Fairness, Gerechtigkeit und Verantwortung Fremdwörter sind.
Wenig aussagekräftig ist auch die von Macron und Trump verkündete Übereinstimmung in der Frage der Terrorismusbekämpfung. An Frankreichs Nationalfeiertag jährte sich der Anschlag von Nizza zum ersten Mal, und Macron besuchte die Stadt an der Côte d’Azur, um seine Verbundenheit mit der Bevölkerung auszudrücken. Die Hintergründe des Lkw-Attentats sind bis heute nicht vollständig geklärt, und eine wirksame Terrorismusbekämpfung muss an den Ursprüngen ansetzen. Zur Befriedung der Gewalt im Nahen Osten jedoch und zu einer zukunftsgerichteten Afrika-Politik leisten die USA keinen überzeugenden Beitrag.
Angesichts des internationalen Ausfalls der USA muss Europa mehr tun und sich auf eigene Füße stellen. Von diesem Gedanken erfüllt war das deutsch-französische Ministerratstreffen am Vortag der Nationalfeierlichkeiten. Emmanuel Macron und Angela Merkel, die als neues starkes Tandem der Europäischen Union betrachtet werden, sind die Beratungen pragmatisch kurzsichtig angegangen. Inhaltlich verkündeten sie hinter den freundschaftlichen Floskeln und Gesten nur und ausgerechnet ihre Einigkeit in Fragen der militärischen Aufrüstung der EU.
Das ist wenig ermutigend. Wenn Europa in die Bresche springt und mehr Verantwortung in der Welt übernimmt, sollte es dabei nicht die vielfach gescheiterte amerikanische Politik der militärischen Stärke nachahmen, sondern verstärkt auf Strategien zur gewaltfreien Konfliktlösung setzen. Davon jedoch war nicht die Rede, und auch von den Visionen zur Reform und Vertiefung der Union war nichts weiter zu hören, als dass man sie nicht aus den Augen verlieren wolle. Geht dem Tandem schon die Puste aus, oder pflegt es deutsch-französisches Stillhalten vor der Bundestagswahl im September? Mit solcher Verzagtheit jedenfalls ist Europa nicht auf die Beine zu helfen.
Bildquelle: Wikipedia, David Monniaux, CC BY-SA 3.0