Es hat etwas länger gedauert als bei anderen Parteien, bis das Wahlprogramm von CDU und CSU der Öffentlichkeit präsentiert wurde. Die Schwesterparteien haben sich wahrlich zusammengerauft und einiges zusammengebracht, was breite Schichten der Wählerschaft begeistern könnte. Sie peilen ehrgeizige Ziele an, die weit über die nächste Legislaturperiode hinausgehen.
Die demoskopische Ausgangslage für die Union ist sehr gut. In einigen Umfragen würden 38 bis 40 % CDU oder CSU wählen, wenn jetzt am nächsten Sonntag die Bundestagswahl wäre. Dagegen ist die SPD nach dem Schulz-Hype wieder auf 24 bis 25 % zurückgefallen. Für ein rot-rot-grünes Bündnis wird es offensichtlich nicht reichen. Dagegen scheint eine Koalition von Union und FDP auf Bundesebene durchaus möglich. Von Nordrhein-Westfalen geht dafür ein positives Signal aus.
Das Streicheln zufriedener Bürger
Die Parteivorsitzenden von CDU und CSU, Merkel und Seehofer, haben offenbar mit Freude zur Kenntnis genommen, dass zur Zeit etwa 80 % der Bürgerinnen und Bürger in Deutschland zufrieden sind und keine allzu großen Veränderungen wünschen. Vielmehr ist Sicherheit das große Postulat – Sicherheit des Arbeitsplatzes, innere und äußere Sicherheit, familiäre und soziale Sicherheit. Mit ihrem Slogan „gern und gut in Deutschland leben“ greift die Union diese positive Grundstimmung auf.
Arbeit und Wohlstand für alle
Während die SPD einen Schwerpunkt auf mehr Verteilungsgerechtigkeit setzt, wollen CDU und CSU ganz gezielt die Probleme der immer noch Arbeitslosen und insbesondere der Familien mit Kindern in der nächsten Legislaturperiode angehen. „Arbeit für alle“, also eine Arbeitslosenquote von rund 3 %, soll bis 2025 erreicht werden. Gewiss wird es sehr schwierig werden, für die etwa 1 Million Langzeitarbeitslosen Arbeitsplätze zu schaffen: Viele von diesen sind ohne ausreichende Grundausbildung, haben gesundheitliche Einschränkungen oder sind fast hoffnungslos aus der Lebensbahn geworfen, dass sie kaum noch in der Lage sind, ihren persönlichen Tagesablauf zu organisieren. Dagegen herrscht in vielen der Regionen Deutschlands schon jetzt Vollbeschäftigung. Nicht nur in Bayern, Hessen und Baden-Württemberg werden qualifizierte Fachkräfte wie die „Nadel im Heuhaufen“ gesucht. Das wird sich in den nächsten Jahren des demographischen Wandels und der digitalen Revolution noch verstärken. Aus diesem Grund wollen die Unionsparteien richtige Schritte nach vorn tun: Zum einen sollen Frauen noch besser in den Arbeitsmarkt integriert werden; dabei sind Kita-Angebote und die angestrebte Betreuung von Kindern im Grundschulalter gewiss wichtig.
Zum anderen soll in der nächsten Legislaturperiode ein Fachkräfte-Zuwanderungsgesetz verabschiedet werden. Menschen aus dem außereuropäischen Ausland, die einen Arbeitsplatz und ein ausreichendes Einkommen für ihren Lebensunterhalt in Deutschland vorweisen können, werden bei uns willkommen sein. So soll die Zuwanderung in die deutschen Sozialsysteme vermieden werden.
Vorsichtige Steuererleichterungen
In der Legislaturperiode 2017 bis 2021 sollen nach dem Willen der Union keine neuen Schulden im Bundeshaushalt gemacht werden. Allerdings zeigen sich CDU und CSU zu steuerlichen Entlastungen bereit: Der Spitzensteuersatz wird in Zukunft erst ab einem Einkommen von 60.000 € für Ledige und 120.000 € für Verheiratete greifen. Während die SPD und andere Parteien die Bezieher von Super-Einkommen in Zukunft stärker belasten wollen und ihre Attraktivität im Volke mit einer „Reichensteuer“ zu steigern versuchen, hat die Union mit solchen Aktionen nichts am Hut. Vielmehr geht es dem Soli „an den Kragen“, der von 2017 bis 2021 um 4 Mrd. Euro abgeschmolzen werden soll.
Familien im Focus
Dagegen legen CDU und CSU einen Schwerpunkt in ihrem Regierungsprogramm auf die Familienpolitik: Das Kindergeld soll um 25 € pro Monat erhöht werden; es soll ein Baukindergeld von 1.200 € pro Jahr und Kind für junge Familien mit Kindern, die „eigene vier Wände“ anstreben, gezahlt werden. Schließlich soll der steuerliche Freibetrag auf dieselbe Höhe wie der für Erwachsene angehoben werden.
Vor allem Angela Merkel, die bald 12 Jahre Kanzlerin der Republik sein wird, hat Lust auf Zukunft und sich für entsprechende Investitionen stark gemacht. In der nächsten Legislaturperiode sollen 1,5 Millionen neue Wohnungen gebaut werden; dazu soll auch die degressive Abschreibung als Anreiz dienen. Viele Milliarden sollen in die Digitalisierung, in die Infrastruktur und in den Verkehrsbereich fließen – insbesondere auch in die ländlichen Regionen und Gebiete mit schwierigen Strukturen.
Neues Rentenkonzept nach 2030
Nichts Neues gibt es im Unionsprogramm zum Renten-System. Noch unter dem damaligen Sozialminister Franz Müntefering sei die Reform 2030 beschlossen worden, u. a. mit der Heraufsetzung des Renteneintrittsalters auf 67 Jahre bis 2029. Für die Zeit danach soll nach dem Willen von CDU und CSU eine Sachverständigen-Kommission Vorschläge in der nächsten Legislaturperiode erarbeiten. Falls es sich als notwendig und förderlich erweisen sollte, die private und betriebliche Altersvorsorge zu verstärken, will die Union dafür entsprechende Maßnahmen beschließen.
Mehr innere und äußere Sicherheit
Mehr Sicherheit soll es nach den Vorstellungen von CDU und CSU vor allem auch im Inneren sowie nach außen geben. Dazu werden eine Verstärkung der Polizei und eine bessere Ausstattung der Bundeswehr versprochen. Zur Krisenprävention à la Union zählt nicht zuletzt auch ein Marshall-Plan für Afrika, um dort mit Investitionen Zukunftsperspektiven für junge Menschen zu schaffen und so die Fluchtursachen zu bekämpfen.
Das frühere Grollen aus Bayern, vor allem mit der lauten Forderung nach einer fixierten Obergrenze für Migranten und Flüchtlinge, ist deutlich verhallt. Gewiss, es wird noch Ende Juli einen eigenen CSU-Bayernplan geben, aber Horst Seehofer erklärte jetzt bei der Vorlage des gemeinsamen Konzepts „blindes Vertrauen“ zur CDU und zu Angela Merkel. Wenn diese Einigkeit der Schwesterparteien bis zum 24. September anhält, wird die Union bei den Wählern davon profitieren.
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