Wenn das in Washington so weiter geht, dann können die transatlantischen Beziehungen zwischen den USA und Europa für die nächsten Jahre auf Eis gelegt werden. Ob sie danach einfach nur aufgetaut werden könnten, lässt sich noch nicht absehen. Jedenfalls hat der US-Senat mit fast allen Stimmen parteiübergreifend einen Gesetzentwurf verabschiedet, der in letzter Konsequenz einen Handelskrieg USA gegen den Rest der Welt nach sich ziehen kann. Der deutsche Außenminister Sigmar Gabriel hat den Senatsbeschluss bereits scharf als völkerrechtswidrig kritisiert.
Worum geht es? Der Gesetzentwurf des Senats droht die Ausweitung der Sanktionen gegen Russland im Energiesektor an und begründet es mit der Besetzung der Krim und Russlands Unterstützung dcs syrischen Machthabers Assad. Nach einem Treffen Gabriels mit dem österreichischen Bundeskanzler Kern warfen daher beide Politiker den USA vor, tatsächlich nur eigene wirtschaftliche Interessen mit völkerrechtswidrigen Maßnahmen zu verfolgen. Unter anderem droht der Senatsbeschluss auch europäischen Unternehmen Bestrafung an, die sich am Ausbau der europäische Energieversorgung durch Unterstützung oder Finanzierung russischer Erdgasprojekte beteiligen.
Kern und Gabriel weisen das entschieden zurück und bezweifeln, dass die geplante Sanktionsverschärfung mit dem Verhalten Russlands auf der Krim oder der Urkaine zu tun hat. Vielmehr zeige der Entwurf „in bemerkenswerter Offenheit, worum es eigentlich geht: um den Verkauf amerikanischen Flüssiggases und die Verdrängung russischer Erdgaslieferungen vom europäischen Markt“.
Russland-Affäre mit neuer Dimension
Unternehmen in Deutschland, Österreich und anderen europäischen Ländern mit Bestrafungen zu drohen, wenn sie sich an Erdgasprojekten mit Russland beteiligen, sei eine völlig neue und sehr negative Qualität, sagen Kern und Gabriel und stimmten überein: „Europas Energieversorgung ist eine Angelegenheit Europas und nicht der USA“. Der Entwurf des Senats liegt jetzt im Repräsentantenhaus. Sollte es ebenfalls zustimmen, bedarf es noch der Unterschrift des US-Präsidenten.
Wenn es zutrifft, dass der Senat mit dieser Aktion den Versuch macht, Donald Trump von einer Aufhebung der bestehenden Russland-Sanktionen abzuhalten, dann bekäme die Russland-Affäre Trumps eine Dimension, die weit über ihre bislang vor allem innenpolitische Wirkung hinausweist. Die notwendige Untersuchung des denkbaren und möglicherweise von Trump und seiner Mannschaft geduldeten oder beförderten Einflusses Russlands auf den US-Wahlkampf, wirkt schon jetzt lähmend auf die transatlantischen Beziehungen. Nun könnte noch ein Wirtschaftskrieg hinzu kommen, der sich ungewollt aus der Russlandaffäre Trumps entwickeln kann, und der in der Tat ein Umdenken in Europa erforderte.
Die USA und hier der Senat als zweite Kammer sind dabei, ein Fass aufzumachen, das als Fassbombe auch den Zusammenhalt des Westens bedroht. Das würde nicht ohne Wirkung auf die NATO bleiben. Der atomare Schirm der USA für die atomaren Habenichtse, wie Deutschland, und bis auf Frankreich und Großbritannien, auch für den Rest Europas, könnte davon betroffen sein.
Das zeigt die Reichweite, die Frau Merkels Hinweis bekommen könnte, dass „Europa sein Schicksal in die eigenen Hände nehmen muss“. Höchste Zeit, dass auch in den USA schnellstens politischen Vernunft und außenpolitische Übersicht das Handeln bestimmen. Es ist zu bezweifeln, dass dies mit dem gegenwärtigen Präsidenten möglich sein wird.
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