Frankreichs Präsident Macron ebenso wie der US-Präsident Trump, der Internationale Währungsfonds und viele andere Regierungen wie Institutionen aus dem Ausland prangern die außenwirtschaftliche Stärke Deutschlands an. Seit vielen Jahren weist die deutsche Leistungsbilanz immer höhere Überschüsse aus. Im letzten Jahr exportierte Deutschland Waren für 270 Mrd. € mehr, als die deutschen Einfuhren betrugen. Der deutsche Aktivsaldo gegenüber den EU-Ländern belief sich insgesamt auf gut 155 Mrd., gegenüber den USA allein auf rund 53 Mrd. €, im Außenhandel mit Frankreich, unserem größten Partner, machen die Überschüsse fast 36 Mrd. € aus.
Deutschlands Exportwunder
Diese Zahlen spiegeln die große Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Firmen wider. So wurden 2016 für 228 Mrd. € Kraftfahrzeuge ins Ausland verkauft, Maschinen für 170 Mrd., chemische Produkte für 107 Mrd., IT-Geräte und optische Erzeugnisse für 100 Mrd. und Pharmzeutika für 71 Mrd. €. Waren „made in Germany“ sind international gefragt und geschätzt. Die Exportquoten großer Unternehmen sind hoch, obwohl viele inzwischen mit eigenen Fertigungen auf fast allen Kontinenten der Welt vertreten sind. Mittelständische Firmen machen mit ihren Spezialitäten gute Geschäfte; einige „hidden champions“ exportieren 60, 70 % oder noch mehr ihrer Produktion.
Deutsche Autos, Maschinen und andere Waren sind im internationalen Vergleich nicht billig, aber für den Käufer durchweg preiswert: Die hervorragende Qualität, die hohe Zuverlässigkeit und insbesondere der gute Service sind für die Exporterfolge entscheidend. Die Kundschaft schätzt vielfach deutsche Fabrikate mehr als die Waren aus dem eigenen Land. Nichts macht dies deutlicher als das Verhalten der Taxifahrer in Paris: Sie fahren lieber Mercedes als Peugeot und Renault, obwohl die französischen Fahrzeuge durchaus weniger kosten. Dies ist nur ein Beispiel, doch auch in amerikanischen, europäischen, russischen und chinesischen Werken laufen Maschinen und Anlagen aus Deutschland.
Nicht nur im Bereich der Investitionsgüter ist das so, selbst im Konsumgütersektor haben sich deutsche Firmen gegenüber ausländischen Unternehmen bestens behauptet.
Heftige Trump-Drohungen
Vielen Politikern jenseits der deutschen Grenzen ist das ein Dorn im Auge. So drohte US-Präsident Donald Trump bereits kurz nach seinem Amtsantritt mit Handelsrestriktionen. Damit will er auch sein „America first“ beim Kauf von Waren durchsetzen. Solche Sanktionen würden zweifellos deutsche Exporteure hart treffen, obwohl viele von ihnen bereits seit langem in den USA produzieren – allen voran Automobilfirmen. Die angekündigten Trump-Sanktionen würden zudem die Konsumenten in den USA belasten, denn sie müssten Grenzsteuern, Zölle und anderes beim Kauf ausländischer Produkte über höhere Preise bezahlen. Zu einer Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Hersteller würden solche Abwehrmaßnahmen letztlich kaum beitragen. Der Trump-Kurs hätte gewiss auch keine positive Wirkung auf die amerikanischen Exporte nach Deutschland. Die Zulassungen von Fahrzeugen „made in USA“ werden sicher hierzulande nicht steigen, um nur auf ein Beispiel hinzuweisen. Denn die meisten Autotypen aus den Vereinigten Staaten passen kaum in deutsche Parkhäuser und sind echte Spritfresser.
Innovationen steigern dagegen die Wettbewerbsfähigkeit; das beweisen Google, Alphabet, Microsoft, Amazon und andere Firmen aus dem Silicon Valley, die in Europa und vor allem auch in Deutschland die Digital-Märkte beherrschen. Der Twitterer im Weißen Haus sollte das begreifen und seine handelspolitische Drohkulisse abbauen. Auch seine Hinweise auf angebliche währungspolitische Manipulationen sind wahrlich Nonsens. Die Euro-/ Dollarkurse sind flexibel: Vor etwa 15 Jahren lag der Wechselkurs bei 0,90 US-Dollar, vor 10 Jahren bei 1,4 US-Dollar für 1 Euro heute bewegt sich der Kurs des Dollars wieder bei 1,12 für 1 Euro. Je mehr das Vertrauen in die Trump-Politik sinkt, um so niedriger wird auch die US-Währung gehandelt werden. Ob das allein der amerikanischen Wirtschaft wirklich helfen wird, ist mehr als zweifelhaft.
Druck auf die deutsche Regierung wird auch von Frankreich und anderen EU-Mitgliedsländern gemacht. Sie fordern den Abbau der deutschen Exportüberschüsse dadurch, dass vor allem die staatlichen Investitionen hierzulande kräftig gesteigert werden sollen. Ob dieser Weg zu einer besseren Wirtschaftsentwicklung etwa in Frankreich führt, ob so dort wie in anderen EU-Staaten mehr Arbeitsplätze geschaffen werden und insbesondere die viel zu hohe Jugendarbeitslosigkeit verringert wird, das ist sehr zweifelhaft und gewiss nicht der Weg zum Heil.
Steigende öffentliche Investitionen in Deutschland
Seit 2005 sind die Investitionen des deutschen Staates im Jahresdurchschnitt um 3,8 % gestiegen. Bund, Länder und Gemeinden haben dazu mit verschiedenen Maßnahmen beigetragen: So wurden der Hochschulpakt, die Exzellenzinitiative sowie der Pakt für Forschung und Innovationen auf den Weg gebracht. Der Bund hat zudem Länder und Kommunen finanziell nachhaltig entlastet, um so die Investitionsaktivitäten zu verstärken. Für den Erhalt und Ausbau der Verkehrsinfrastruktur des Bundes wurden von 2014 bis 2017 rund 5 Mrd. € zur Verfügung gestellt; in den Jahren 2018 und 2019 stehen je 1,8 Mrd. € dafür bereit. Für den Ausbau der Kinderbetreuung für unter Dreijährige übernahm der Bund von 2016-2018 Investitionskosten in Höhe von 550 Mio. €; auch die KiTa-Betriebskostenhilfe wurde aufgestockt. Unbefristet mit 1,17 Mrd. € jährlich finanziert der Bund die vollständige Übernahme der Bafög-Leistungen. Hinzu kommen für die Jahre 2015 bis 2018 Finanzhilfen von 3,5 Mrd. € über den Kommunalinvestitionsfonds. Ebenso wurden hohe Beträge (1 Mrd. plus 500 Mio. €) für die Förderung von Investitionen finanzschwacher Kommunen und zur Entlastung von Ländern und Gemeinden bei der Aufnahme und Unterbringung von Asylbewerbern zur Verfügung gestellt.
Hinzu kommen zusätzliche Investitionen in Bundesstraßen, für die Energie-Effizienzsteigerung von Gebäuden, für die Verbesserung der Kinderbetreuung im Rahmen des Asylverfahrensbeschleunigungsgesetzes, für den Sozialen Wohnungsbau und den Ausbau des regionalen Schienenverkehrs, eine jährliche Integrationspauschale in den Jahren 2016 bis 2018 in Höhe von jeweils 2 Mrd. €, die Aufstockung des Kommunalinvestitionsförderungsfonds um weitere 3,5 Mrd. € und einiges mehr. So haben die Bundesländer und Gemeinden allein im Jahre 2016 insgesamt 14,3 Mrd. € höhere laufende und investive Zuweisungen vom Bund erhalten als im Jahre 2015. Im Vergleich mit anderen EU-Staaten zeigt sich, dass Deutschland eine stärkere Haushaltskonsolidierung und höhere Investitionen geschafft hat als die weiteren 4 größten EU-Volkswirtschaften. Vor allem im Euroraum konnte kein anderes Land mit der deutschen öffentlichen Investitionsdynamik Schritt halten.
Der Auftragseingang für den öffentlichen Hoch- und Tiefbau sowie Straßenbau bewegt sich in Deutschland inzwischen auf einem sehr hohen Niveau. Es gibt bei den Baufirmen bereits erhebliche Kapazitätsengpässe ebenso wie bei den Genehmigungs- und Planungsverfahren der Behörden. Der Bund hat deshalb schon ein spezielles Angebot mit der Agentur „Partnerschaft Deutschland – Berater der öffentlichen Hand GmbH“ geschaffen, die bei der Umsetzung öffentlicher Investitionsvorhaben Unterstützung leistet, öffentliche und insbesondere kommunale Investitionsprojekte begleitet, um diese zügig und wirtschaftlich zu realisieren.
Nachholbedarf bei der Infrastruktur
Deutschland hat bei der Verbesserung und Modernisierung der öffentlichen Infrastruktur – von Straßen über Schienen bis hin zu Brücken – einen hohen Nachholbedarf. Vor allem müssen weite Regionen mit Glasfaser-Autobahnen für die Digitalisierung versorgt werden. Der deutsche Staat stellt dafür enorme Milliarden-Beträge zur Verfügung. Es mangelt also weniger an den Finanzen, sondern mehr an den Kapazitäten, das Geld zu verplanen und zu verbauen. Die europaweite Ausschreibung vieler Projekte bietet Firmen aus Frankreich, Italien, Spanien und anderen EU-Ländern große Chancen, sich mit wettbewerbsfähigen Angeboten zu bewerben. Doch die europäischen Unternehmen sind hier bislang noch nicht als erfolgreiche Konkurrenten aufgetreten. Dasselbe gilt für viele Bereiche auf dem europäischen Binnenmarkt, wo französische, spanische oder italienische Exporteure den großen deutschen Markt ins Visier nehmen könnten, um so die Negativsalden in den Außenhandelsbilanzen zu verbessern, um ein höheres Wachstum und einen Abbau der Arbeitslosigkeit zu erzielen.
Champions werden nur die Wettbewerbsfähigen
Das politische Wehklagen aus Paris, Rom oder anderswoher überzeugt nicht und kann nicht zu Erfolgen führen. Es ist wie im Sport: Champions werden nur die, die schneller laufen, mehr Tore schießen oder weiter werfen als ihre Konkurrenten. Solange es den nationalen Regierungen nicht gelingt, die Wettbewerbsfähigkeiten ihrer Volkswirtschaften nachhaltig zu verbessern, werden sie keine Siege erringen. Auch Monsieur le Président Macron kann im Ernst nicht erwarten, dass die deutschen Unternehmen mutwillig ihre Positionen verschlechtern, ihre Produkte weniger attraktiv gestalten, ihre Effizienz und Qualitäten verringern. Es führt nirgendwo der ambitionierte Weg daran vorbei, die ökonomischen und sozialen Strukturen so zu verändern, dass der immer schärfere Wettbewerb erfolgreich bestanden werden kann. Die Chancen dafür sind nahezu überall gleich. Die Fähigkeiten und der Wille, die Herausforderungen zu meistern, müssen im Konsens von Politik, Sozialpartnern und Gesellschaft gefunden werden. Deutschland immer wieder auf die Anklagebank zu setzen, hilft indessen auf keinen Fall weiter.
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