Nicht wenige Zeitgenossen hegen den Wunsch, möglichst schon zu ihren Lebzeiten heilig gesprochen zu werden. Dazu muss jemand indessen nach den Riten der katholischen Kirche möglichst als Märtyrer gestorben sein oder auf dieser Erde zwei Wunder bewirkt haben.
Uli Hoeneß, der Präsident des FC Bayern München, hat offenbar die Erdhaftung verloren. Er schwebt in höheren Sphären und gibt als geübter Selbstdarsteller ein Nachspiel zu seinem Steuerprozess, bei dem er indessen schier unfassbare Eigentore geschossen hat.
Gastspiel in Liechtenstein
In der Steueroase Liechtenstein trat der beim FC Bayern mit Pomp und Applaus wiederaufgenommene Fußballkönig auf – bei dem Event „meet the president“. Die geladenen Gäste mussten über 300 Euro bezahlen, um dort in der Hofkellerei des Fürsten von Liechtenstein den Worten des Steuerexperten Hoeneß zu lauschen und ein Viergänge-Menu zu genießen. Was der Referent Hoeneß seinen staunenden Zuhörern dort servierte, war mehr als starker Tobak.
In der Tat hatte Uli Hoeneß, als er mächtig unter Druck geriet, eine Selbstanzeige gemacht und darin seine Steuerhinterziehung zugegeben. Im Jahr 2014 wurde er zu dreieinhalb Jahren Gefängnis für seine Steuertrickserei am Finanzamt vorbei verurteilt. Offenbar hatte vor Gericht nicht alles im Detail aufgeklärt werden können oder sollen da in dem unsortierten Wust der Hoeneß-Unterlagen sonst Experten noch einige Zeit weitere Details zu prüfen gehabt hätten. Der Richter Rupert Heindl bezeichnete das Schreiben zur Selbstanalyse von Hoeneß als löcherig wie ein Schweizer Käse und die vorgelegten Zahlen als eher zweifelhaft.
Selbstherrlicher Zocker und Steuersünder
Jahrelang hatte Uli Hoeneß rund um die Uhr an der Börse spekuliert und wie süchtig gezockt. Gewiss war das alles weder vom Staatsanwalt noch vom Richter in München im Detail nachzuvollziehen, was mit zehntausenden Transaktionen, einem zwischenzeitlichen Kontostand von über 150 Mio. € bei der Schweizer Vontobel Bank und vielem anderen von Hoeneß bewegt worden war. So wurde er auch weitgehend von Nachfragen und weiteren Recherchen verschont, sodass letztlich auch die Herkunft seiner Spekulationsgelder und vieles mehr nicht vollends aufgeklärt wurden. Rechtskräftig wurde Uli Hoeneß von einem ordentlichen deutschen Gericht verurteilt. Er verzichtete auf eine Revision – wohl aus guten Gründen – und trat den Gang ins Gefängnis an. Außerdem zahlte er eine Strafe von über 40 Mio. € – inklusive 18 Mio. € für Zinsen und 2 Mio. € an Kirchensteuern. Zuvor hatte der Präsident des FC Bayern seinen Fans gegenüber angekündigt, dass er wiederkommen werde, was ja inzwischen auch Realität geworden ist. Uli Hoeneß hatte sich nach seiner Verurteilung zunächst als reuiger Sünder nach außen dargestellt, trat als Freigänger immer wieder im Bußgewand in der Öffentlichkeit auf.
Absurde Gerichtsschelte
Doch die jüngsten Ausführungen des Steuersünders, der immer noch unter Bewährung steht, sind ebenso arrogant wie abstrus. In Liechtenstein gipfelte seine Gerichtsschelte darin, dass er einen „Freispruch als völlig normal“ für sein schweres Steuerdelikt angesehen hätte. Dass die Justiz in Bayern solch’ bissige Hoeneß-Kritik bislang nicht kommentieren wollte, mag nicht allzu sehr überraschen. Doch umso mehr ist dem NRW-Justizminister Thomas Kutschaty zuzustimmen, der den Liechtenstein-Auftritt von Hoeneß zutreffend kommentierte: „Offensichtlich haben 21 Monate im bayerischen Luxusknast…nicht die gewünschte Wirkung gezeigt. Im Steuerparadies Liechtenstein macht er sich über die ehrlichen Steuerzahler lustig.“
Gewiss mag das alles nicht ausreichen, um nun die Strafbewährung gegen Uli Hoeneß zu widerrufen. Doch wer so redet wie er, hat die Schwere seiner Delikte immer noch nicht begriffen und könnte eher Gefahr laufen, erneut solche Straftaten, die er nun öffentlich verharmlost, zu begehen. Jedenfalls hat sich der FC Bayern-Präsident bei seinem Gastspiel in Liechtenstein selbst disqualifiziert und anderen potenziellen Steuersündern nach dem Munde geredet. Den über 300.000 Mitgliedern und vielen Millionen Fans des FC Bayern hat er einen Bärendienst erwiesen. Titelwürdig ist das auf keinen Fall!
Peinlich, arrogant, abstoßend
Steuerhinterzieher sind nämlich üble Straftäter, die gegen die Gesetze bewusst verstoßen und mit der Vermeidung der Zahlungen an den Fiskus der ganzen Gesellschaft großen Schaden zufügen. Der einst als Moralapostel auftretende Hoeneß ist wahrlich kein Märtyrer und nicht ohne Schuld. Seine eigene Weißwascherei wirkt da nicht nur peinlich, sondern arrogant und abstoßend.
Bildquelle: Wikipedia, Harald, Bischoff, CC BY-SA 3.0