Offenbar haben Sozialdemokraten es versäumt, in der gegenwärtigen Auseinandersetzung um die Führung in Nordrhein-Westfalen die Abteilung Attacke angemessen zu besetzen. Angela Merkel und die Vereidigungsministerin der CDU Ursula von der Leyen machen Wahlkampf in NRW und hoffen, auf erneuten Erfolg für die Union. Aus Berlin meldet sich der Bundesfinanzminister und fordert Rücksichtnahme auf die Schweiz und deren Spionagetätigkeit bei NRW-Finanzbehörden, um dort herauszufinden, ob das Land neue CD´s über Steuerbetrüger aufkauft.
NRW kämpft gegen Steuerhinterzieher
Man stelle sich das in Zahlen vor: Durch den Einsatz von NRW-Finanzminister Norbert Walter-Borjans ist es gelungen, 130.000 deutsche Steuerhinterzieher dazu zu bringen, sich selbst anzuzeigen. Durch Bußgelder und die nachgezahlten Steuergelder wurden 6,5 Milliarden Euro eingenommen. Gezahlt hat NRW für die gekauften CDs runde 18 Millionen Euro. Steuerhinterziehung ist kein Kavaliersdelikt, es ist kriminelles Handeln und Betrug am Staat und seinen Bürgern, die redlich Jahr für Jahr ihre Steuern zahlen. Und Schäuble fordert Rücksicht auf die Schweiz. Unfassbar!
Sein Adressat ist der SPD-Justizminister Heiko Maas, der diese Aktion der Schweiz als „völlig unangemessen“ zurückweist. Bei der SPD in NRW weitgehend Schweigen im Walde. Aber ist zu übersehen, dass der Bundesfinanzminister Schäuble noch nie als besonders geeignet erschien, den Machtkampf mit den Wirtschaftseliten aufzunehmen? Vor dem Hintergrund wachsender Briefkastenfirmen von Panama, den Kaimaninseln in der Karibik, bis zur Schweiz, um Billionen Euros oder Dollars steuerfrei zu waschen, könnte eine Abteilung Attacke auch im NRW-Wahlkampf einiges ausrichten.
Auch Angela Merkel ist im Wahlkampf in Nordrhein-Westfalen. Die Kanzlerin wirft der Landesregierung vor, Bundesgelder nicht abgerufen zu haben, um die marode Infrastruktur im Bundesland aufzupäppeln. Die Antwort der Landesregierung und der sie tragenden Koalition besteht allerdings vorwiegend in „vornehmer“ Zurückhaltung. Und so kann fast widerstandslos über Staus und marode Brücken gelästert werden, die offenbar nichts damit zu haben, dass die neuen Länder nachvollziehbar vorgezogen werden mussten.
Von der Leyen hätte genug zu tun
Und dann ist da noch Uschi von der Leyen, auch Flinten-Uschi genannt, zuständig für die äußere Sicherheit, die sie mit breit streuenden Schnellfeuergewehren und Kampfhubschraubern herstellen will, die keine Luft unter die Flügel kriegen, weil deren Rotoren nicht die dafür notwendige Umdrehungszahl erreichen, muss nun auch noch die Infiltration der Truppe von Rechtsaußen unterbinden. Sie hätte also genug zu tun, um sich für das Amt als geeignet auszuweisen.
Sie dagegen attackiert die Innere Sicherheit im Land und verweist auf die Kölner Sylvesterereignisse. Ohne Zweifel hat es da polizeiliches Versagen gegeben. Aber der Versuch, in einer karnevalistisch geprägten und gehärteten Stadt, sexuelle Übergriffe ausschließlich bei Männern mit islamisch gestutzten dunklen Bärten zu vermuten, übersieht geflissentlich die zahllosen sicheren Frauenhäuser, in den Frauen vor dem prügelnden Machtanspruch ihrer (deutschen) Männer Schutz suchen können. Die sicheren Frauenhäuser sind auch Erfolg der Emanzipationsbewegung, die für die Gleichstellung von Mann und Frau kämpft, lange bevor der erste Flüchtling unser Land erreichte.
Es gibt kein Bundesland, das für sich paradiesische Zustände reklamieren könnte. Aber ein Land, das wie NRW das industrielle Herz der Republik war und weiter sein wird, das alsbald die letzte Kohlezeche schließen muss, hat schwierige Zeiten hinter und keine leichten vor sich. Die Menschen an Rhein und Ruhr wissen, was es heißt, den Wandel wirtschaftlich und sozial zu gestalten und wer dabei nach Gründung der Bundesrepublik vor allem politisch an ihrer Seite stand. Bislang ist es gelungen, diesen Prozess weitgehend, ohne brennende Vorstädte wie in Frankreich, zu gestalten. Die Landesregierung unter der offenbar doch geschätzten Ministerpräsidentin hätte also viel Stoff, um in diesem Wahlkampf zu bestehen. Vielleicht langt die Kraft ja doch noch für einen Endspurt, der zeigt, dass auch auf der Linken im Land noch genug Leben drin ist.