Bundesinnenminister de Maiziere beklagt die Verrohung der Gesellschaft, wobei er sich auf die gerade vorgelegte Kriminalstatistik für das Jahr 2016 bezieht. Sein Verweis auf die gestiegene Zahl der Gewaltdelikte, vor allem bei gefährlicher und schwerer Körperverletzung und der wachsende Anteil jugendlicher Täter ist verständlich, aber als Erklärung für seinen Hinweis, dass da etwas „in unserem Land ins Rutschen geraten ist , wohl nicht ausreichend.
Nun wäre es die Ausnahme von der Regel gewesen, hätte sich de Maiziere wirklich nachdenklich über mögliche Ursachen für diese Entwicklung geäußert. Wieder einmal also das Übliche und sein Blick auf das vordergründig scheinbar Naheliegendste. Statt mit dem generellen Hinweis, nicht nur die Politik, „jeder sei aufgerufen, dem entgegen zu treten“, hätte er Ross und Reiter und das Geflecht von Motiven nennen können, das dem zugrunde liegen dürfte. Im Wahlmodus für die anstehenden Entscheidungen in wichtigen Ländern und im Bund sind Pauschalisierungen eben leichter als Genauigkeit.
Rechte Terrortäter ohne Sorge Knast
Die Erhöhung der Zahl der Gewaltdelikte hat womöglich auch damit zu tun, dass Brandanschläge und Attacken gegen Flüchtlingsunterkünfte zahlenmäßig auf neue Rekordhöhen gestiegen sind, und dass die Gewalttäter jedenfalls eines kaum zu fürchten haben, dass ihre Taten aufgeklärt und sie als Täter vor Gericht und dann im Gefängnis landen könnten. Was de Maiziere scheut wie der Teufel das Weihwasser, ist, sich zum Terror des rechtsextremistischen Untergrundes zu äußern. Für ihn droht nur Terror von außen, von Islamisten, was offenbar die Kräfte der Polizeien in Bund und Ländern derart bindet, dass der deutsch getragene Terror von Rechtsaußen und seine Aufklärung noch warten muss.
Die Suche nach Vorbildern für jugendliche Gewalttäter, die sie eines besseren belehren könnten, dürfte de Maiziere gegenwärtig auch schwer fallen. Es vergeht ja kaum ein Tag, an dem sie in den Nachrichten nicht von absoluter Bedenkenlosigkeit am Beispiel hören können, mit der etwa die Wirtschaft oder der Finanzmarkts, die Börse eingeschlossen, kriminelle Energien entwickeln. Gerade hat das Publikum die Panama-Papiere verdaut, wonach international und national zu verortende Briefkastenfirmen zu Tausenden bemüht sind, Gewinne zu verstecken und in Panama, der Schweiz oder den Kaimanns den Fiskus um Milliarden Steuern betrügen. Gerade wurde wieder ein Ring von Brokern und Bankern enttarnt, denen betrügerische Geschäfte über 10 bis 15 Milliarden Euro eingebracht haben sollen, die auf versteckte Konten verbracht wurden.
Sauberer Diesel und Feinstaub
Oder wie wäre es mit Vorbildern aus der deutschen Autoindustrie, die sich gerade mit dem Slogan „Vorsprung durch Technik“ lächerlich macht. Oder wie Volkswagen in den USA mit der Werbung für den „sauberen Diesel“, der als Feinstaub sich in die Innenstädte senkte, dass Atemwegserkrankungen und Asthma schon bei Kleinkindern auffielen. Sie werden bekanntlich von ihren Müttern und Vätern gern an die frische Luft gebracht und sei es, dass sie dabei in Bodennähe in ihrer Kinderchaise liegen. Volkswagen kostete der Betrug runde 25 Milliarden Euro, die nun bei Forschung und Entwicklung für ökologisch brauchbare Antriebsaggregate fehlen.
Damit die Autobauer dennoch freundlich in die Zukunft schauen können, blockiert Berlin – genauer der konservative CDU-Partner der SPD – Pläne Brüssels, strengere Abgastests durchzuführen. Jüngste Tests des Bundesumweltamtes hatten ergeben, dass die Emissionen der Dieselfahrzeuge aller deutschen Hersteller die zugelassenen Abgashöchstwerte um ein vielfaches übersteigen.
Kosten durch Atemwegserkrankungen
Da hatte es die Autolobby eilig, sich der schützenden Hand aus Berlin zu versichern. Die Krankenkassen werden vermutlich mit zusätzlichen Kosten für Atemwegserkrankungen kräftig belastet, was sie durch baldige Erhöhung der Beiträge irgendwann wieder bei den Bürgern hereinholen werden.
Hat unser Innenminister also Recht, wenn er die „Verrohung“ der Gesellschaft beklagt? Am Bespiel von Gier und krimineller Energie eines wichtigen Teils der Wirtschaftseliten hätte er das ganz gut belegen können. Beispiele machen bekanntlich gern Schule oder wie ein deutsches Sprichwort so treffend formuliert, „was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmer mehr“.
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Bildquelle:
von A.Savin (Wikimedia Commons · WikiPhotoSpace) (Eigenes Werk) [FAL oder CC BY-SA 3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)], via Wikimedia Commons
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