Der Verdacht gegen einen Iraker, der im Zusammenhang mit dem Anschlag auf den Mannschaftsbus von Borussia Dortmund verhaft wurde, hat sich nach Auskunft der Bundesanwaltschaft also nicht erhärtet. Dennoch bleibt er in Haft, weil er im Verdacht steht, Mitglied in einer kriminellen Vereinigung und als Kämpfer des IS in Syrien gewesen zu sein. Damit erhöhen sich Zweifel, ob die Hinweise in den drei identischen Bekennerschreiben zum Attentat tatsächlich auf ein Terrorkommando des Islamischen Staates schließen lassen. Das bleibt weiterhin eine Vermutung. Umso interessanter die Forderung des Verbandes der Kriminalbeamten, auf keinen Fall eine Verbindung in das rechtsextremistische und neonazistische Milieu auszuschließen. Die Antwort der Karlsruher Bundesanwaltschaft darauf war, es werde in alle Richtungen ermittelt. Hoffentlich ist das so.
Es war ein Terroranschlag auf die Mannschaft Dortmunds, als auf deren Weg in das Stadion drei wohl ferngesteuerte Bomben zur Explosion gebracht wurden. Die Sprengsätze waren mit Metallstiften bestückt. Offenbar haben der oder die Täter bei dem Anschlag nicht bedacht, dass der Bus mit Fenstern aus Panzerglas und mit zusätzlich schusssicher verstärkter Karosserie versehen ist. So konnten selbst Bomben mit einer Sprengwirkung von über einhundert Metern nicht die von den Tätern offenbar gewollte Wirkung erzielen.
Ein solcher Anschlag auf einen Mannschaftsbus hat in keinem Sicherheitskonzept der Bundesliga bislang öffentlich eine Rolle gespielt. DFB und die Polizei hatten vornehmlich die Sicherheit in den Stadien im Visier. Warum also war der Mannschaftsbus dennoch derart anschlagssicher gebaut worden? Wie oft wurden Busse gegnerischer Mannschaften von Fangruppen attackiert, die ihren Frust über verlorene Spiele oder ungenügende Leistungen der eigenen Mannschaft mit Randale und brutalen Angriffen abreagierten. Wer darüber nachdenkt, dem werden weitere einschlägige Bilder in die Erinnerung kommen, auf denen brutale Schläger mit Steinen oder massiven Eisenstangen auf Busse einschlugen, aus denen die entsetzten Insassen ins Freie flohen, die zuvor gegen die Nazis demonstriert hatten. So am Rande der jährlichen wiederkehrenden Nazi-Aufmärsche in Dresden, um einseitig an die Bombardierung der Stadt zu erinnern.
Auch in Dortmund spielten bei den brutalen Angriffen auf Fans von RB Leipzig vor wenigen Wochen rechtsextremistische Gruppen eine Rolle, die bislang nicht im Rampenlicht standen wie die „0231 Riots“, eine rechtsextreme Gruppen aus dem Norden Dortmunds, die zu verabredeten Randalen wie jüngst nach Hessen von der Polizei aufgegriffen wurden.
Ebenso finden sich auch unter den Borussenfans Rechtsextremisten, die nicht verwunden haben, mit mehrjährigem Stadionverbot belegt zu sein. Der BVB gibt jährlich 300 000 Euro für Projekte aus, die sich gegen Nazis und ihre Ideologie richten.
Kein Wunder, dass in Dortmund nicht ausgeschlossen wird, dass die Täter aus diesem Umfeld kommen könnten. In Dortmund gab es Todeslisten gegen Politiker und Journalisten, die sich aktiv gegen Rechtsextremismus und Neonazis stellen. Das deutet auch auf eine Passus in den drei Bekennerschreiben hin, in dem es heißt: „Ab sofort stehen alle ungläubigen Schauspieler, Sportler und sämtliche Prominente in Deutschland und anderen Kreuzfahrernationen auf der Todesliste des Islamischen Staates“.
Jetzt ermittelt eine Sonderkommission, der einhundert Beamte angehören, um den Terroranschlag aufzuklären. Wie es heißt, werde in jede Richtung ermittelt. Hoffentlich ist der Hinweis auf rechtsextreme Randgruppen, ebenfalls ernst zu nehmen. Aber dennoch sollten wir uns die Frage stellen, warum allein der noch so vage Verdacht auf den Islamischen Staat soviel Aufregung schafft.
An jedem Wochenende und an jedem Spieltag der Fußballliga prügeln Hooligans und angebliche Fangruppen aufeinander ein. Jedes Mal Szenen mit bürgerkriegsähnlichem Charakter. Öffentliche Aufregung ist zunehmend eher unterbelichtet, obwohl tausende Polizeibeamte unter Einsatz ihrer Gesundheit eingreifen müssen. Das gilt auch für neue Rekordzahlen von Anschlägen auf Flüchtlinge, deren Unterkünfte oft genug in Flammen stehen. Mehr als 1500 Gewaltdelikte von rechten Extremisten füllen 2016 die aktuellen Kriminalstatistiken.
Mit Videokameras und mehr Polizei allein wird weder IS, noch Rechtsextremismus zu bekämpfen sein. Übrigens auch nicht mit der wachsenden Zahl sogenannter Terrorismusexperten, die wie Pilze aus dem Boden wachsen und täglich vor Kameras und Mikrofone gerufen werden, ohne ihre Zuhörer schlauer zu machen.