Unter dem neuen Präsidenten der USA muss sich die Welt auf Politik in Wild-West-Manier einstellen. Donald Trump hat einen völkerrechtswidrigen Luftschlag gegen eine syrische Militärbasis befohlen, dies als Vergeltung für den mutmaßlichen Giftgaseinsatz von Chan Scheichun deklariert und zugleich erklärt, weitere Raketenangriffe werde es nicht geben, dies bleibe eine einmalige Aktion. Das ist ein ungeheuerlicher Vorgang, der schlimmste Befürchtungen weckt, und es ist völlig unverständlich, dass europäische Regierungschefs dem Mann im Weißen Haus auch noch anerkennend auf die Schulter klopfen. Well done? Weit gefehlt.
Baschar Assad, der syrische Präsident, den Trump eben noch gewähren ließ und den er nun womöglich doch aus dem Amt treiben will, lässt sich von dem Raketenangriff nicht beeindrucken. Im Gegenteil, wenn es sein Kalkül war, den unberechenbaren Egomanen Trump auf die Probe zu stellen, ist der blindlings in die Falle getappt. Assad droht als Reaktion auf den Luftschlag ein noch brutaleres Vorgehen gegen seine Widersacher an, und der US-Präsident wird beim Überschreiten der nächsten roten Linie kaum stillhalten können. Was hatte der Populist doch getönt von Amerika Zuerst und dass er sich um internationale Konflikte einen feuchten Kehricht schere. Nun bringt ihn seine Großmannssucht nicht nur gegenüber Nordkorea, sondern auch in Nahost in die Klemme. Als wäre die Lage nicht schon verfahren genug.
Eine einzelne Attacke aus der Luft jedenfalls ändert nichts an den Konstellationen auf dem blutgetränkten Schlachtfeld in Syrien. Hinter der sinnlosen und gefährlichen Aktion ist kein positiver Effekt und kein anderes Motiv zu entdecken, als das der Selbstdarstellung eines unbeherrschten und unkontrollierten US-Präsidenten, der von Diplomatie nichts hält und statt auf die Stärke des internationalen Rechts nur auf das Recht des Stärkeren setzt. Das ist umso verwerflicher, als es die Menschen in Syrien mit ihrem Leben bezahlen müssen.
Ein Einwirken auf Assad gelingt nicht mit Gewalt. Sie birgt vielmehr die Gefahr einer Eskalation und darüber hinaus einer Stärkung seiner Position. Mit dem Luftangriff hat Trump auch den russischen Präsidenten Wladimir Putin vorgeführt, der den syrischen Luftraum kontrolliert und den Alleingang von Trump aufs Schärfste kritisiert. Putin, der seine schützende Hand über Assad hält, weiß um seine Schlüsselstellung in dem Konflikt, und er weiß sie zu nutzen. Ein Schreckensszenario schlimmer als im Wilden Westen, sinnloses Kräftemessen und unverantwortliches Machtgehabe, ausgetragen auf dem Rücken der syrischen Bevölkerung.
Bildquelle: Wikipedia, Nicolas von Kospoth (Triggerhappy), gemeinfrei
Der Beitrag ist geschrieben mit der Unterstellung, dass der „mutmaßlichen Giftgaseinsatz von Chan Scheichen“ vom syrischen Regime veranlasst wurde – auf dieser Basis werden Konsequenzen ventiliert.
Bedrohlicher wird die Analyse, wenn man dem ‚cui bono?‘-Konzept folgt und unterstellt, dass der Einsatz, was auch immer er genau war, von der Gegenseite initiiert war, um exakt jene Art von Reaktion der USA zu provozieren, zu der die USA sich nun herbeigelassen haben: Einem weitgehend symbolischen militärischen Akt.
Die Frag ist: Was können die USA noch machen, wenn die Urheber den Erfolg ihrer Provokation erkennen und sie wiederholen? Dann müssen sie, um ihr Gesicht zu wahren, eskalieren. Und Russland muss, um sein Gesicht zu wahren, seine Luftabwehrsysteme einsetzen.