Die Aussage von AfD-Chefin Frauke Petry in der Tageszeitung „Die Welt“ , ihre Partei sei die Schutzmacht des Judentums, weil sie eine der wenigen politischen Garanten jüdischen Lebens in Zeiten illegaler antisemitischer Migration nach Deutschland sei, ist der üble Versuch, Muslime gegen Juden in Deutschland auszuspielen. Hiermit werden weiter Vorurteile gegen Einwanderer, die vorwiegend Muslime sind, geschürt in der Hoffnung, bei den anstehenden Wahlen in Schleswig-Holstein, im bevölkerungsreichsten Land NRW im Mai und der Bundestagswahl im September auf Stimmenfang in bürgerlichen Kreisen gehen zu können. Offener Antisemitismus würde der AfD schaden, das weiß Frau Petry. Und deshalb verwahrt sie sich auch gegen Angriffe des Präsidenten des Jüdischen Weltkongresses, Ronald Lauder, die AfD sei eine Schande für Deutschland. Diese Partei, so Lauder, habe „keinen Platz in Deutschland. Und ich hoffe, dass sie bald wieder von der politischen Bühne verschwindet.“ Die AfD ist seit einiger Zeit im Sinkflug und in der in der Bild-Zeitung veröffentlichten jüngsten Meinungsumfrage des Instituts INSA erstmals seit Oktober 2015 auf einen einstelligen Wert von 9 Prozent gerutscht.
Politische Beobachter, die sich schon länger mit der AfD und anderen rechtspopulistischen Parteien in Europa beschäftigen, sehen zum Beispiel viele Ähnlichkeiten in der Argumentation Petrys mit denen von Hollands Wilders und der Französin Marie Le Pen, die vor Monaten zusammen bei der Veranstaltung in Koblenz aufgetreten waren. Die Parole von Wilders ist der von Petry nicht fremd: Kampf für die Nation, gegen Europa, gegen den Islam. Andere warnen vor dem Dreiklang: Nationalisten, Rassisten, Antisemiten.
Lauder bezog sich vor Äußerungen des Thüringer AfD-Chefs Björn Hocke, der in einem Interview mit dem „Wall Street Journal“ die Aussage in Frage gestellt hatte, Adolf Hitler sei das „absolute Böse“ gewesen. Hocke hatte zudem vor Wochen Empörung ausgelöst, weil der bei einem Auftritt in Dresden das Holocaust-Mahnmal in der Nähe des Brandenburger Tores in Berlin, das an die Ermordung von sechs Millionen Juden während der Nazi-Zeit erinnert, als ein „Denkmal der Schande“ bezeichnet hatte. Zwar läuft gegen Hocke ein Partei-Ausschlußverfahren, ob es aber jemals dazu kommt, darf bezweifelt werden, weil selbst prominente AfD-Politiker wie Gauland nicht auf Distanz zu Hocke gingen und ein Ausschluss Höckes die Partei spalten könnte.
Zentralrat: Viele Antisemiten in der AfD
Vor Lauder hatte der Vizepräsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Abraham Lehrer, vor der AfD gewarnt. Zwar habe es immer schon rechte Gruppierungen gegeben wie die DVU, die Republikaner und „Pro NRW“, aber „zum ersten Mal haben wir mit der AfD eine Partei, die uns wirklich Sorgen bereitet“, erklärte Lehrer vor Oberstufenschülern des Beethoven-Gymnasiums in Bonn. Anders als bei den erwähnten Rechts-Gruppierungen kämen die Wählerinnen und Wähler der AfD nicht von den Rändern, sondern aus der Mitte der Gesellschaft. Damit bewahrheite sich der berühmte Satz: „Der Antisemitismus ist wieder in der Mitte der Gesellschaft angekommen“. Die AfD habe „so viele Antisemiten in ihren Reihen“, zitiert die Nachrichtenagentur KNA Vizepräsident Lehrer. Diese Antisemiten trauten sich inzwischen wieder, ihre Meinung klar zu sagen und anders als noch vor fünf Jahren kämen antisemitische Briefe heute nicht mehr anonym, sondern mit der richtigen Adresse.
Die Auseinandersetzung um Antisemitismus in Deutschland, die Haltung der Muslime und die Rolle der AfD gewinnt auch durch den jüngsten Vorfall an einer Berliner Gemeinschaftsschule, Mobbing gegenüber einem jüdischen Schüler, an Bedeutung. Nach offensichtlich antisemitischen Beleidigungen und körperlichen Angriffen hatte der Junge die Schule verlassen. Über den Hintergrund der Täter kann bisher nur spekuliert werden: altdeutsche Neonazis, linke Antizionisten, oder Muslime? Jüdische Vertreter warnen vor zunehmendem Judenhass in Deutschland. Der vorsitzende des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, hat keinen Zweifel, dass türkische- und arabischstämmige Schüler für die Angriffe verantwortlich seien. Schuster appellierte an die muslimische Gemeinschaft, „den antisemitischen Tendenzen in ihren Reihen mit aller Entschiedenheit entgegenzutreten.“ Es könne nicht angehen, dass in einem Teil der Moscheen in Deutschland Judenfeindlichkeit und Israelfeindlichkeit aktiv Vorschub geleistet wird.“(zitiert nach Cicero, Magazin für politische Kultur)
Der Berliner Vorfall ereignete sich in einem eher bürgerlichen Viertel der Hauptstadt und an einer Schule mit dem Titel „Schule ohne Rassismus.“ Der Schule war das Mobbing offensichtlich bekannt. Wie die „taz“ berichtete, habe die Schule durchaus reagiert so mit dem Besucht der Großeltern des Opfers, die den Holocaust überlebt haben. Gebracht habe es nichts. Antisemitismus, so die taz, die sich auf entsprechende Studien beruft, finde sich immer noch in manchen Familien, viele von ihnen seien muslimisch geprägt.
Nein, nein, die AfD ist nicht der Garant jüdischen Lebens, wie Frauke Petry uns Glauben machen will. Der Präsident des Jüdischen Weltkongresses kommt der Realität dieser Partei schon näher. Übrigens hat sich Martin Schulz, der einstige Präsident des Europa-Parlaments und heutige SPD-Chef und Kanzlerkandidat, vor Wochen ähnlich geäußert wie Ronald Lauder. Schulz bezeichnete die AfD nicht als Alternative, sondern als Schande für Deutschland.
Quellen: KNA, Cicero, Welt, taz.
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