„Wir führen keine Koalitionsdebatte, sondern wollen stärkste Partei werden.“ Dies gelte selbstverständlich auch für den Umgang mit der Linken sowohl für die Landtagswahl am 14. Mai wie auch für die Bundestagswahl am 24. September. SPD-Kreise erinnerten zudem daran, dass Ministerpräsidentin und NRW-SPD-Chefin Hannelore Kraft mehrfach auf Distanz zur Linken gegangen sei, zuletzt bei der Wahlkampferöffnung der SPD am Wochenende auf Zeche Zollverein in Essen. Die Regierungschefin, die auch stellvertretende SPD-Bundesvorsitzende ist, hatte zudem erklärt, dass die Linke in NRW weder regierungsfähig noch regierungswillig sei. Die SPD, heißt es, stehe geschlossen hinter ihrem Kanzlerkandidaten und Vorsitzenden Martin Schulz, der aus NRW kommt.
Für NRW sei das Beste, wenn die Linke erst gar nicht in den Landtag komme, betonten Sozialdemokraten. Diese Linie verträten alle, die was in der Partei und der Fraktion zu sagen hätten. Dass ausgerechnet der Bochumer SPD-Bundestagsabgeordnete Axel Schäfer, Fraktionsvize der SPD in Berlin, im Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung für die Fortsetzung des Meinungsaustausches mit der Linken plädiert hatte, sei im Grunde eine Einzelmeinung dar. Schäfer stelle nicht die Meinungsmehrheit der Bundestagsfraktion dar. Richtig daran ist, dass der frühere hessische SPD-Politiker nicht mehr Sprecher der NRW-Landesgruppe in der Hauptstadt und im Grunde ohne Anbindung ist.
In diese eher ablehnende Richtung zu Gesprächen mit der Linken hatte sich zuvor SPD-Fraktionsvize Karl Lauterbach geäußert. Lauterbach, der wie Schäfer zum linken Flügel der Partei zählt, forderte jetzt im Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“: „Wir sollten diese Runden einstellen“. Sie würden nur noch schaden. Lauterbach sprach sich dafür aus, keine Debatten mehr über mögliche Koalitionen mit der Linken zu führen. Das wäre das „Dümmste überhaupt“, weiter darüber zu sprechen.
Der Union nicht auf den Leim gehen
SPD-Kreisen ist die Bedeutung dieses Themas, das zu einem Richtungsstreit ausarten könnte, sehr wohl bewusst, vor allem vor dem Hintergrund der jüngsten Landtagswahl im Saarland, bei der potentielle SPD-Wähler ganz offensichtlich von der Aussicht auf eine rot-rote Koalition abgeschreckt worden waren. Vor allem die Person des einstigen SPD-Chefs Oskar Lafontaine, der vor Jahren zur Linken übergewechselt war und heute Fraktionschef der Linken in Saarbrücken ist, dürfte für nicht wenige SPD-Sympathisanten wenig verlockend gewesen sein, die SPD zu wählen. Erschwerend komme dann noch Sahra Wagenknecht hinzu, die heutige Ehefrau Lafontaines und Fraktionschefin der Linken im Bundestag, die mit ihren inhaltlichen Positionen kaum mit den Vorstellungen der SPD in Einklang zu bringen sei. Auch Gerhard Schröder, Ex-Kanzler, der 1998 zusammen mit dem damaligen SPD-Chef Lafontaine die Bundestagswahl gewonnen und den Dauer-Kanzler Helmut Kohl abgelöst hatte, zeigte sich kürzlich im Spiegel skeptisch zu einer Liaison der SPD mit der Linken, solange das Ehepaar Lafontaine/Wagenknecht in der Linken tonangebend“ sei.
Eine Koalitionsdebatte zu führen, argumentieren SPD-Kreise, das sei das Ziel der CDU, die der SPD eine solche Debatte aufzwingen wolle, weil man damit eine Neuauflage der Rote-Socken-Kampagne starten könne, um mit alten Kampfbegriffen aus der Zeit des Kalten Krieges gegen die SPD zu mobilisieren. In diese Falle dürfe man nicht tappen und der Union nicht auf den Leim gehe . Die SPD kämpfte zunächst für sich. Das gelte auch für ein mögliches sozialliberales Bündnis, das vor Jahrzehnten mal erfolgreich gewesen sei im Land und im Bund. Heute sei die FDP aber keine Bürgerrechtspartei mehr, sie trete vielmehr mit einem im Kern neoliberalen Programm an. In NRW hat Christian Lindner, Parteichef im Land und im Bund der Liberalen, eine Ampel ausgeschlossen, aber den Satz, die FDP werde Hannelore Kraft nicht zur Ministerpräsidentin machen, nicht wiederholt.
Im übrigen gilt: Erst wird gewählt, dann gezählt und danach gerechnet. Dann weiß man, wer die Mehrheit hat.
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Koalitionsdebatten – ganz gleich für welche Farben – sind in diesem Wahljahr besonders unsinnig, denn es ist mit einem Bundestag zu rechnen, der sechs Fraktionen aufweisen wird. Unter denen eine Mehrheit zu bilden dürfte schwierig bis unmöglich werden. Dabei würde dann auch die aus der SED hervorgegangene Linke ggf. beweisen können, wieviel Kompromiss ihr die Demokratie wert ist.