Nun landet der Brief also endlich auf dem richtigen Schreibtisch, der die Scheidung Großbritanniens von der EU einleiten soll. Brexit scheint also unumkehrbar der Weg zu sein, der mit der verlogenen Kampagne der Antieuropäer im Mutterland der Demokratie eingeschlagen wurde. Statt Weltoffenheit, jetzt Rückzug in eine Vergangenheit, die ihr Heil in nationalen Grenzen sucht und in zwei Weltkriegen mündete, die Europa in Trümmern legte. In soweit ist Brexit zugleich ein Zeugnis für die Sonderbeziehungen Englands mit den USA¸ die ebenfalls gegen jede historische Erfahrung mit Donald Trump Abschottung gegen Offenheit stellen wollen. “America first“ ist der Schlachtruf, der an der Freiheitsstatue vorbei in Richtung Europa rauscht und der ausgerechnet in England Nachahmer findet.
Nun liegen zwei Jahre vor dem Vollzug der Scheidung, in dem die Details der Trennung und die Kosten für das von Britannien gewünschte Ende der ungeliebten Beziehungen zum europäischen Festland verhandelt und am Ende die Kosten saldiert werden. Eines ist schon jetzt klar: Entgegenkommen und Freundlichkeit ist von keiner Seite zu erwarten. Aus England schallt die Äußerung, dass Großbritannien hart zu verhandeln gedenke. Gleiches wird den verschmähten ehemaligen britischen Liebhabern abgefordert werden.
Schon um weitere Trennungen auszuschließen, wird Brüssel jedes Entgegenkommen zurückweisen, das nicht im EU-Vertrag abgedeckt ist. Auch die Krokodilstränen der Autobauer in Deutschland werden daran nichts ändern, die um den Verkauf ihrer Premiummodelle auf der Insel fürchten. Keine nationale Regierung kann zulassen, dass auf krummen Wegen der Zugang zum gemeinsamen Markt für einzelne Wirtschaftszweige erhalten wird, nur weil der britische Markt für teure Pkw-Modelle aus Deutschland attraktiv ist. Nicht einmal die Kanzlerin in Berlin kann es wagen, da nach Sonderwegen für Daimler oder BMW zu suchen. Das ist zum Erhalt der Europäischen Union tatsächlich alternativlos.
Für Brüssel jedenfalls, anders als für London, sind die Verhandlungen möglichst transparent zu gestalten. Jeder Schritt, der zur Trennung notwendig ist, sollte offen und nachvollziehbar sein, damit jedem auf beiden Seiten klar bleibt, welch eine dramatische Fehlentscheidung der Brexit für Großbritannien und damit für jeden denkbaren anderen Kandidaten sein würde. Teuer ist er auch. Mindestens sechsundvierzig Milliarden werden die Insulaner aufbringen müssen und anteilig für Pensionslasten weitere sechzig Milliarden in den kommenden dreißig Jahren.
Das gesamte Lügengebäude, mit dem der Brexit im Land verkauft wurde, wird also zusammenbrechen. Mal sehen, wie das notwendige Erwachen sich politisch in Großbritannien auswirken wird. Auch der Exodus der Millionen in England lebenden EU-Ausländer wird nicht ohne Erschütterung für die britische Wirtschaft vor sich gehen. Ganz abgesehen von den menschlichen Tragödien, die dieser Rückzug aus der globalisisierten Welt für viele haben wird, die im Vertrauen auf britische Weltläufigkeit aus dem Land verwiesen werden sollen.
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