Dürfen Kölns engagierte Karnevalisten einen ersten, wichtigen Etappensieg verbuchen? Ihr gemeinsamer Protest an die Maritim-Hotel-Kette, den Rechtspopulisten der AfD für den Bundesparteitag im April keine Versammlungsräume zu vermieten, führte zu einer ersten, unverhofften Reaktion: Die Kölner Hoteldirektion hat dem Thüringer AfD-Landeschef Björn Höcke ein Hausverbot für alle ihre bundesweit vertretenen Hotels erteilt. „ Dies gilt auch für den Bundesparteitag im April in Köln“, teilte Geschäftsführer Gerd Prochaska am Montag gegenüber DPA mit. Prochaska begründete die Entscheidung mit der Rede Höckes am 17.Januar in Dresden. Dessen Äußerungen seien „ absolut nicht vereinbar mit der deutschen Geschichte und unserer Auffassung eines internationalen und offenen Miteinanders“.
Höcke hatte das Berliner Holocaust – Denkmal in Dresden als Schande diffamiert und damit bundesweite Empörung ausgelöst. Zugleich mahnte er eine „erinnerungspolitische Wende um 180 Grad“ an. Die Äußerungen des thüringischen AfD-Landesvorsitzenden, der als Anführer des NPD-nahen Parteiflügels gilt, führten zur Forderung nach dem Parteiausschluss Höckes, gegen den sich innerparteilicher Widerstand formierte. Politische Gegner der AfD-Vorsitzenden Frauke Petry wie Alexander Gauland, Jörg Meuthen und das Vorstandsmitglied Andre Poggenburg erklärten sich zwar mit Höcke solidarisch. Hinter dem thüringischen AfD-Rechtsaußen, der mit seiner „Erfurter Erklärung“ 2015 den Bruch mit Bernd Lucke und den Rechtsschwenk der AfD einleitete, werden zwanzig Prozent der Gesamtmitglieder vermutet. Am Erfolg des Parteiausschlussverfahrens gibt es deshalb begründete Zweifel, weil über die Zulässigkeit eines Antrags das Schiedsgericht des AfD-Landesverbandes Thüringen entscheidet, wo Höcke treue Sympathisanten hat. Selbst in der nächsten Instanz, dem AfD-Bundesschiedsgericht, könnte der Rechtsausleger dank dort vernetzter Gefolgsleute auf klaren juristischen Beistand hoffen.
Rechtsextremer Nachlass
Kenner halten die Androhung eines Rauswurfs für ein Täuschungsmanöver, das die mediale Öffentlichkeit beruhigen und unentschlossene bürgerliche Wähler bei Laune halten soll. Der Parteivorstand will zwar energisch dem Vorwurf begegnen, man habe mit Höcke den rechtsextremen Nachlass der NPD übernommen. Aber alle Beteiligten wissen, dass ein Parteiausschluss juristisch kompliziert ist und am Ende zu nichts führen kann. „Man darf das alles für eine Show halten“, meint Helge Matthiesen völlig richtig im „Bonner General Anzeiger“: „Denn ein Ausschluss Höckes ist am Ende eher unwahrscheinlich. Der Vorstoß Petrys im Parteivorstand bringt die AfD mal wieder ins Gespräch und macht ihren Flügelmann vom rechten Rand noch bekannter. Das wird der Partei am Ende nützen“.
Wie wird der AfD-Vorstand aber auf das Hausverbot für Höcke durch die Kölner Maritim-Hotelkette reagieren? Solidarisiert man sich mit dem Thüringer Rechtsaußen und baut ihn als willkommenen Märtyrer auf? Oder hofft man, dass er auf seine Teilnahme freiwillig verzichtet? Wie wird Höckes Anhang reagieren? Kommt es gar zum Bruch? Nach jüngsten Umfragen hat die AfD besonders nach der Nominierung von Martin Schulz ( SPD ) ebenso wie Linke und Grüne an Zustimmung verloren. Zu Beginn des Jahres hatte man noch mit 12-15% gerechnet, was siebzig bis einhundert Abgeordneten im Bundestag entspräche. Der nicht einkalkulierte Abwärtstrend könnte sich fortsetzen, weil es für bisher unentschlossene sowie für bisherige Wähler der kleinen Parteien mit dem neuen SPD-Kanzlerkandidaten offenbar eine Alternative gibt.
Der geplante AfD-Aufmarsch im gegnerischen Köln, wo eine groß angelegte Anti-Veranstaltung gegen den Parteitag geplant ist, wird ohnehin kein Spanziergang. Für den gelernten Geschichtslehrer Höcke, der zu Sitzungen des Landtags gerne mit Chauffeur vorfährt, wird bereits die Suche nach einem komfortablen Kölner Hotelbett schwierig. Zahlreiche Hotels und Pensionen, die um den guten Ruf ihrer Stadt bangen, haben sich mit den Karnevalisten solidarisiert und wollen sich wie 2005 beim geplanten Aufmarsch der Europa-Rechten so verhalten wie damals, als man eine Zimmervergabe ohne Angabe weiterer Gründe boykottierte. Das Treffen verlief erfolglos im Sande. Ausländische Beobachter waren beeindruckt und verglichen diese Haltung mit der List der Heinzelmännchen von Köln.
Nicht nur die AfD auch die Kölner Maritim- Hotelkette bekommt eine Ablehnung zu spüren, mit der man nicht gerechnet hat: Schon wurden ein lange geplanter Universitäts-Karnevals-Ball sowie eine Veranstaltung von Schwulen und Lesben zum Christoper Street Day abgesagt. „Da bewegt sich etwas“, freut sich Schlagzeuger Christian Blüm, neben Peter Brings ein Hauptinitiator der karnevalistischen Initiative, „ es könnte noch Überraschungen geben“.
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