Lange Gesichter gibt es bei Millionen Sparern und Geldanlegern zu Beginn des neuen Jahres. Alle, die gute Erträge für ihr Spargeld erwartet hatten, schauen auf die Zinsgutschriften bei ihrer Bank oder Sparkasse und reiben sich die Augen: Für täglich fällige Guthaben lag die Verzinsung im Jahre 2016 im Schnitt bei 0,1 % und somit bei vielen Kreditinstituten eher bei 0 %. Einlagen mit einer Laufzeit von 1 Jahr wurden mit rund 0,3 %, länger als 2 Jahre festgelegte Ersparnisse mit etwa 0,75 % verzinst. Auch bei Anleihen der deutschen öffentlichen Hand lag die Rendite durchweg gerade bei etwas über Null. Ausländische Staatsanleihen warfen zwar höhere Erträge ab, jedoch musste der Anleger auch höhere Risiken einkalkulieren.
Straf- statt Guthabenzinsen
Die Nullzinspolitik der Europäischen Notenbank (EZB) fordert harte Opfer von den Sparern. Banken und Sparkassen, die Geld bei der EZB „parken“, müssen sogar einen Strafzins (seit März 2016 – 0,4 %) dafür zahlen. Einige Kreditinstitute sind bereits Ende des vergangenen Jahres dazu übergegangen, diesen Strafzins auch Kunden mit Guthaben von über 100.000 € zu berechnen. Viele Banken und Sparkassen haben die Gebühren für die Konto- und Depotführung sowie für andere Dienstleistungen wie zum Beispiel für Überweisungen, Scheckeinreichungen usw. erhöht.
Sinkende Erträge bei Versicherungen
Auch die Versicherungen haben den Garantiezins für Lebenspolicen gesenkt. Dennoch lagen auch 2016 die Renditen dank der Beteiligung der Versicherten an den erzielten Überschüssen noch bei rund 3 %. Wer etwa eine Lebensversicherung für seine spätere Altersversorgung vor Jahren abgeschlossen hat und damals von einer wesentlich höheren Zins- und Zinseszins-Rechnung ausgegangen ist, muss nun beim zu erzielenden Endergebnis Abstriche machen oder einen höheren Beitrag zahlen, um eine solide finanzielle Basis für seinen letzten Lebensabschnitt zu planen. Die reine Renten-Lebensversicherung rentiert sich dabei wesentlich schlechter als die fondsgebundene Lebensversicherung, bei der ein Teil der Beiträge vor allem in Aktien angelegt wird. Die andere Möglichkeit ist die Risiko-Lebensversicherung, mit der nur das Todesrisiko etwa zugunsten der Familie versichert wird; sie ist zu wesentlich geringeren Prämienzahlungen als die reine Kapitallebensversicherung abzuschließen. Was dadurch an finanziellem Spielraum bleibt, kann in andere Anlageformen – in Aktien, Immobilien oder Investmentfonds – fließen.
Gute Stimmung an den Börsen
An Aktien führt ohnehin kein Weg für den aufgeklärten Anleger vorbei: Mit diesen Papieren beteiligt sich der Käufer direkt an Aktiengesellschaften und kann von Kurssteigerungen und Dividenden profitieren. Der wichtigste Index für deutsche Aktien ist der DAX mit den 30 wichtigsten Unternehmen. Gleich zu Beginn dieses Jahres ist er auf über 11.590 gestiegen. 2010 lag er im Schnitt bei nicht einmal 7.000, 2014 erreicht er im Jahresdurchschnitt die Marke von 9.800, 2015 sogar 10.700. Allerdings geht es an den Aktienbörsen nicht nur aufwärts, sondern auch abwärts: So notierte der DAX im Jahre 2008 bei 4.800 oder 2011 bei 5.900.
Das Plus bei den DAX-Kursen betrug für 2016 etwa 7 %. Dabei fielen die Kursgewinne der 30 im DAX notierten Aktien recht unterschiedlich aus. Die Werte für Banken und Versicherungen, Energie-Unternehmen und Automobilfirmen stiegen kaum, einige mussten gar Kursverluste hinnehmen. Allerdings haben – bis auf wenige Ausnahmen – nahezu alle Aktiengesellschaften Dividenden an ihre Teilhaber ausgeschüttet, sodass der Aktionär durchweg eine gute Rendite erzielen konnte.
Augen auf beim Aktienkauf!
Einzelne Aktien zu kaufen, das ist für den „Otto Normal-Anleger“ nicht zu empfehlen. Ihm fehlen in der Regel die Übersicht sowie die tieferen Kenntnisse über die jeweiligen Entwicklungen und Entscheidungen in den Unternehmen. Zudem müssen die Rahmenbedingungen für die Kapitalmärkte miteinkalkuliert werden. So sind zum Beispiel die Aktien von RWE und EON nach der politisch verordneten Energiewende auf ein zuvor nie gesehenes Tief gefallen. So befinden sich Banken – die deutsche Bank und die Commerzbank – infolge der Nullzinspolitik der EZB, der politisch verfügten Regulierungen und vieler eigener Fehldispositionen – in einem schwierigen Tal; mit ähnlichen Problemen kämpfen zum Teil auch die Versicherungen – wie etwa die Allianz und die Münchener Rückversicherung.
Hausarzt für Finanzen: Der Vermögensberater
Neben den 30 AG’S im DAX gibt es zudem eine Vielzahl von deutschen börsennotierten Gesellschaften im TecDAX, im MDAX und im SDAX. Darüber hinaus gilt es für den Anleger, auch seinen Blick auf die ausländischen Börsen zu richten – vor allem auf die New York Stock Exchange, auf London, Tokio, Zürich usw. Nur Börsenprofis haben dies alles einigermaßen im Griff. Deshalb empfiehlt es sich für „Normal-Anleger“, sich mit den Wertpapier-Experten ihres Vertrauens in ihrer Bank oder Sparkasse oder mit ihrem Vermögensberater eingehend zu beraten. Das kostet Zeit, doch sollte ein jeder bedenken, wieviel Zeit er für sein erspartes und anzulegendes Geld arbeiten musste.
Wer in Aktien sein Geld anlegen will, darf in der Regel nicht auf schnelle Gewinne spekulieren. Die Beteiligung an einem oder anderen Unternehmen sollte zudem nur mit dem Geld erfolgen, dass der Anleger wirklich nicht schon kurzfristig wieder für Anschaffungen, die Reparatur des Autos o. ä. benötigt. Natürlich sind Aktien an jedem Börsentag handelbar, doch muss der Aktionär auch Kurse einkalkulieren, die nicht nur steigen, sondern auch fallen können.
Statt Aktien einzelner AG’s zu kaufen, bietet sich die Möglichkeit an, Anteile von Investmentfonds zu erwerben. Auch hier ist die Auswahl riesig: Es gibt reine Aktienfonds, Fonds mit nur deutschen Aktien, mit nur ausländischen Papieren, gemischte Fonds mit Aktien und Anleihen, Indexfonds mit der puren Orientierung etwa am DAX und vieles mehr. Die Qualität aller Fonds hängt wesentlich von den Fondsmanagern ab – von deren Erfahrungen, Kenntnissen, Seriosität usw. Auch hier sollte sich der „Normalanleger“ kundig machen und intensiv beraten lassen.
Geldvermögen breit streuen!
Sowohl für die direkte Aktien-Anlage als auch für den Erwerb von Investmentfonds-Anteilen gilt die alte bewährte Regel: Leg’ nie alle Eier in einen Korb! Deshalb sollte jeder Anleger sein Geldvermögen „streuen“ und in verschiedene Anlageformen bringen. Damit kann er vom Auf und Ab an den Finanzmärkten profitieren; vor allem muss er auch ein Liquiditätspolster für alle Fälle vorhalten, da er sonst Gefahr läuft, zum Beispiel seine Aktien gerade dann verkaufen zu müssen, wenn die Börsenkurse fallen. Und nichts ist gefährlicher, als in ein fallendes Messer zu greifen.
Last but not least hat der Sparer heute und morgen zu berücksichtigen, dass er mit einem Null-Risiko weiterhin mit Null-Renditen oder Renditen nahe Null zufrieden sein muss. Wenn er höhere Erträge mit seinem Geld anstrebt, muss er auch mehr wagen und größere, aber durchaus beherrschbare Risiken eingehen. Die meisten Börsen-Experten haben für das laufende Jahr eine DAX-Stand von 12.000 im Visier. Derzeit steht er schon bei über 11.500; die Prognose ist also nicht allzu kühn. Und die Mehrzahl der Aktiengesellschaften haben 2016 sehr gut verdient, sodass deren Aktionäre mit Dividenden – Ausschüttungen rechnen können, die deutlich besser sind als die niedrigen Zinsen für Sparguthaben.
Schließlich muss jeder Sparer die Geldentwertungsrate in seine Rechnung miteinbeziehen. Im vergangenen Jahr betrug sie im Schnitt etwa 0,5 %, stieg jedoch im Dezember 2016 auf 1,7 %. Für das neue Jahr wird die Inflation auf rund 1 % geschätzt und somit die Real-Rendite entsprechend verringern. Bis der Zielkorridor, den die EZB mit einer Inflationsrate von 2 % anstrebt, in der Euro-Zone erreicht ist, das dürfte wohl erst gegen Ende des Jahres 2017 der Fall sein. Daher ist zunächst mit der Fortsetzung der Liquiditätsflutung durch die EZB und so mit einem Niedrigstzinsniveau zu rechnen.