Die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank, die einige europäische Länder vor dem Kollaps gerettet hat, schlägt nun auch bei Sparern und Anlegern voll durch. Banken und Sparkassen, die Geld bei der Zentralbank deponieren, müssen bereits seit einiger Zeit dafür Negativzinsen zahlen. Da Bürgerinnen und Bürger immer noch rund ein Zehntel ihres Einkommens auf die hohe Kante legen, haben die Geldinstitute zunehmend Probleme mit dieser monetären Liquidität. Denn das Kreditgeschäft läuft trotz niedriger Zinsen für Darlehen und Hypotheken keineswegs so gut, dass die Banken und Sparkassen damit noch eine befriedigende Zinsspanne erzielen können. Viele Kreditinstitute sind inzwischen einfach überliquide und ersaufen geradezu in Spargeldern.
Banken in der Ertragsklemme
Längst ist die Zeit vorbei, dass Banken und Sparkassen mit ihren Geschäften gute Erträge verbuchten. Inzwischen sind nahezu überall Kostensenkungsprogramme gestartet worden: Zweigstellen und Filialen werden geschlossen, Personal wird abgebaut und das elektronische Banking propagiert, die Kundenkontakte werden reduziert. Dabei sind die einst so mächtigen größeren Banken am stärksten unter Druck. Sie haben sich mit ihren Investment-, Derivaten- und Geschäften in ganz besonderer Weise verzockt. Hinzu kommen Nachwehen aus den früheren Cum und Ex-Operationen, aus illegalen Deals und hohen Prozessrisiken.
Höhere Bankgebühren
Da den meisten hochbezahlten Vorständen in den Geldhäusern bislang nur wenig eingefallen ist, um ihre Institute mit neuen Geschäftsmodellen, mit größerer Kundenattraktivität und mit verbesserten Anlageformen zukunftsfest zu machen, drehen sie vorrangig an zwei Schrauben. Viele haben zunächst einmal die Gebühren für die Dienstleistungen erhöht. Die Kunden müssen für die Kontoführung und für die Depotverwaltung mehr bezahlen. Das sind ohne Zweifel Leistungen, die dem privaten Haushalt seine Buchführung erleichtern und ihm seinen Vermögens- bzw. Schulden-Status ausweisen. Dass solche Leistungen nicht zum Null-Tarif oder zu Mini-Gebühren auf Dauer zu machen sind, wird Otto-Normalkunde einsehen – vor allem wenn sein Geldinstitut ihn offensiv und freundlich informiert und ihm gute Dienste leistet. Die lautlose Beilage zum Kontoausdruck, zumeist ohne jede freundliche Erklärung, wirkt auf den „König Kunde“ nicht besonders ansprechend, sondern eher wie die amtlichen Mitteilungen über Gebührenerhöhungen seitens der Stadtverwaltungen.
Negativzinsen: Kein Tabu mehr!
Die zweite Schranke, an der nun auch von Banken und Sparkassen zunehmend gedreht wird, das sind Strafzinsen für Guthaben. Allerdings sind hierbei noch nicht alle Geldinstitute am Werk, wenn es um Kleinsparer geht; dagegen nimmt die Zahl der Institute zu, die bei größeren Vermögen sowie Geschäfts- und Kommunalkonten zugreifen. Geradezu als Pionier bei Strafzinsen hat sich inzwischen die Volksbank Raiffeisenbank Niederschlesien in Görlitz hervorgetan. Auf ihr Tagesgeldkonto VR Flexgeld, auf dem Guthaben immerhin noch mit 0,01 % verzinst werden, muss jedoch eine monatliche Gebühr von 5 € vom ersten Tag an gezahlt werden. Wer zwischen 25.000 und 50.000 € auf dem Konto hat, muss 10 € Gebühr blechen; wer noch höhere Beträge auf der Habenseite hat, soll gar 50 € pro Monat als Gebühr in Rechnung gestellt bekommen.
Bei 10.000 €-Guthaben errechnet sich nach diesem Modell der Genossenschaftsbank in Görlitz ein Negativzins von 0,59 %; er liegt damit über den 0,4 %, die die Europäische Zentralbank den Kreditinstituten in Rechnung stellt, wenn sie ihre überschüssige Liquidität bei ihr deponieren.
Verwahrentgelt für Geschäftskunden
Zuvor hatte zum Beispiel auch die Raiffeisenbank Gmund in Bayern einen Strafzins für Guthaben über 100.000 € eingeführt – ebenso wie die Volksbank Stendal in Sachsen-Anhalt oder die Raiffeisenbank Südstormarn Mölln in Schleswig-Holstein. Ab dem 1. Januar 2017 will auch die Sparkasse Allgäu Kunden mit täglich fälligen Guthaben von über 250.000 € mit einem „Verwahrentgelt“ von 0,4 % p. a. belegen – allerdings nur Geschäfts- und Kommunale Kunden.
Die Geschäftspolitik dieser Institute ist nur allzu konsequent und ehrlich, denn sie können auf Dauer die Kosten der Niedrigzinspolitik nicht mehr tragen. Wenn Geld im Überfluss auf die Bankkonten fließt, wenn ein Überangebot an Liquidität nicht anders unterzubringen ist und bei der EZB mit Minus 0,4 % gebunkert werden muss, dann kann das auf Dauer auch für Einleger nicht folgenlos bleiben. Mehr denn je gilt deshalb, dass sich Sparer mit anderen Anlageformen – etwa mit Aktien, Investmentfonds usw. – beschäftigen, die indessen zumeist höhere Chancen, aber auch größere Risiken implizieren.
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