Die Entscheidung, wer für die SPD als Kanzlerkandidat bei der Bundestagswahl 2017 ins Rennen geht, soll zwar offiziell erst Anfang nächsten Jahres fallen. Inzwischen zeichnet sich aber ab, dass eine breite Mehrheit der Partei hinter Parteichef Sigmar Gabriel steht. Sowohl die NRW-SPD wie auch die Parteifreunde aus Hessen, aus Rheinland-Pfalz, der konservative Seeheimer Kreis wie auch ein Großteil der Bundestagsfraktion favorisieren Gabriel als Herausforderer von Kanzlerin Angela Merkel, die sich aber bisher nicht öffentlich festgelegt hat, ob sie erneut antreten will.
Kaum Chancen für Martin Schulz
Martin Schulz, der Präsident des Europa-Parlaments, der von Gabriel-Gegnern gern als Kanzlerkandidat der SPD genannt wird, werden kaum Chancen eingeräumt. Schulz und Gabriel gelten als enge Freunde. Wie es heißt, würde Schulz nur seinen Hut in den Ring werfen, wenn der Parteichef verzichten würde. Damit rechnen die Unterstützer von Sigmar Gabriel nicht, der im Übrigen von Schulz selbst ob seiner Führungsstärke gelobt wurde. Das war vor einigen Wochen beim SPD-Konvent über das umstrittene CETA-Handelsabkommen zwischen der EU und Kanada. Die SPD-Delegierten hatten damals klar für das Abkommen votiert und Gabriel den Rücken gestärkt.
Römers Plädoyer für den Parteichef
Vor ein paar Wochen hatte der Fraktionschef der SPD im Düsseldorfer Landtag, Norbert Römer, in einem Gastbeitrag für unseren Blog-Der-Republik ein „Plädoyer für Sigmar Gabriel“ gehalten und damit klar gestellt, dass der mitgliederstärkste Landesverband der Partei hinter dem Parteichef steht. Das gilt auch für die einflussreiche NRW-Ministerpräsidentin und stellvertretende SPD-Vorsitzende Hannelore Kraft, der selbst vor Jahren große Chancen für Berlin eingeräumt worden waren, die sie aber selber mit den Worten zurückgewiesen hatte: „Ich werde nie, nie, nie Kanzlerkandidatin der SPD“. Die Ministerpräsidentin hat mehrfach betont, sie wolle im Lande bleiben, dort habe sie noch einige wichtige Aufgaben zu erledigen. Dazu zählt ihr Projekt „Kein Kind zurücklassen“.
Auch Müntefering stützt den Vizekanzler
Römer hatte sich klipp und klar für Gabriel ausgesprochen. Wörtlich hieß es in seinem Beitrag: „Ich halte Sigmar Gabriel ohne Abstriche für geeignet, der nächste Kanzler zu werden. Er kennt unser Land und die Menschen mit ihren Problemen. Deswegen ist er der richtige Mann für die SPD.“ Vor allem gefällt Römer, dass Gabriel „die Sprache der Menschen spricht und er sich nicht wegduckt“.
Ähnlich wie Römer hat sich jetzt der frühere Parteichef der SPD, Franz Müntefering, geäußert. Müntefering schätzt Gabriel schon seit Jahren und holte ihn in die erste große Koalition unter Merkel als Umweltminister. In der für ihn typischen Sprache der kurzen Sätze betonte der frühere Vizekanzler: „Gar keine Frage. Gabriel ist der Richtige für diese Aufgabe.“ Er hoffe, so Müntefering im Berliner „Tagesspiegel“ weiter, daß Gabriel sein Recht des ersten Zugriffs wahrnehmen und antreten werde. „Sigmar Gabriel kann Kanzler. Er ist auf allen politischen Feldern erfahren, in der Landes- wie in der Bundespolitik und er führt seit 7 Jahren die SPD. Er ist unser stärkster Kandidat.“
Zügige Entscheidung gefordert
Zugleich plädierte Müntefering für eine zügige Entscheidung in der K-Frage. „Ich bin nicht der Meinung, dass man bis zum neuen Jahr warten muss. Ich glaube, dass die Entscheidung bald fällig ist.“ Diese Auffassung vertritt auch die NRW-SPD, die darauf setzt, Gabriel werde als Kanzlerkandidat mit einem Wahlkampf-Programm der sozialen Gerechtigkeit antreten, das u.a. Hilfen für Alleinerziehende wie auch Maßnahmen für den sozialen Arbeitsmarkt enthalte, um Langzeitarbeitslosen besser helfen zu können, endlich wieder einen Job zu bekommen.
Solidaritätspakt für deutsche Bedürftige
Wie es aus SPD-Kreisen heißt, stehe auch Partei-Vize Ralf Stegner, eigentlich ein Parteilinker, hinter Gabriel. Gleiches wird über den hessischen SPD-Landeschef Torsten Schäfer-Gümbel berichtet. Schäfer-Gümbel hatte im Sommer mit seiner Forderung auf sich aufmerksam gemacht, parallel zur Flüchtlingshilfe müsse es eine Art Solidaritätsprojekt für die deutsche Bevölkerung geben. Schäfer-Gümbels Begründung: „Der SPD geht es um den Zusammenhalt in der Gesellschaft. Wenn Schäuble dagegen wettert, dann hat er das Ohr nicht bei den Menschen.“ Der hessische SPD-Politiker steht mit seinem Verlangen in der SPD nicht allein. Gabriel hatte gefordert, parallel zur Flüchtlingshilfe mehr Geld für einheimische Bedürftige auszugeben.
Bildquelle: Wikipedia, Michael Thaidigsmann, CC BY-SA 4.0
»Inzwischen zeichnet sich (…) ab, dass eine breite Mehrheit der Partei hinter Parteichef Sigmar Gabriel steht. «, darunter »der Fraktionschef der SPD im Düsseldorfer Landtag, Norbert Römer«, Franz Müntefering, sowie »Parteifreunde aus Hessen, aus Rheinland-Pfalz, der konservative Seeheimer Kreis wie auch ein Großteil der Bundestagsfraktion favorisieren Gabriel als Herausforderer«
Fehlt eigentlich nur noch: die Parteibasis. Die lehnt ihn ab, ebenso wie die breite Mehrheit der Deutschen. Das wiederum bestätigen zwar ebenso quasi anonyme aber repräsentative Umfragen. Und das liegt, liebe Genossinnen und Genossen, lieber Alfons: an Sigmar.
Wenn der nicht seit seiner Wahl zum Parteivorsitzenden 2009 und zum Superminister für Wirtschaft, Arbeit und angewandten Widerspruchs nicht bei jeder Gelegenheit was einer Wiederwahl im Wege stünde, stünden wir nicht bei 22%. Und da stehen wir noch in einem Jahr, wenn er so weiter macht. Versprochen.