Er hoffe, so rief ein Polizeibeamter in ein Megaphon der aufgebrachten Menge zu: „Sie haben einen erfolgreichen Tag“! So von Augen- und Ohrenzeugen in Dresden notiert, anlässlich der rabiaten Demonstration vor der Semper-Oper durch Mitläufer von PEGIDA, an die sich der Beamte richtete. Die Demonstrationen richteten sich gegen die „Volksverräter“, die sich am Sonntag zur zentralen Feier am Tag der deutschen Einheit in der sächsischen Landshauptstadt eingefunden hatten. Teilnehmer der Veranstaltung sprachen von einem „Spießrutenlauf“ zwischen pöbelnden Demonstranten. Der sächsische Ministerpräsident Tillich zeigte sich empört, Bundestagspräsident Lammert wunderte sich darüber, dass Gegendemonstranten nicht in Sicht waren und die Kanzlerin erbat mehr Respekt untereinander, im Ringen um richtige politische Lösungen.
Eigentlich hätte die offensichtlich gut vorbereitete Demonstration angemeldet werden müssen, so die späte Einsicht der Polizei in Dresden. Man habe aber davon abgesehen, die lärmenden rechten Demonstranten vom Eingang der Semper Oper zurückzudrängen. Das hätte die aufgebrachte Stimmung nur weiter angeheizt, hieß es dann. Die Demonstranten kamen mit Plakaten und Spruchbändern gegen alles, was fremd, gar als Flüchtling in Erscheinung tritt, und jedenfalls in Sachsen, und möglichst in Deutschland insgesamt keinen Platz finden sollte. Die Bombenattentate in den Tagen zuvor hatten die Polizei offenbar angeregt, besonders nachsichtig mit der rechtspopulistischen Front in ihrer Stadt umzugehen.
Dem demokratischen Widerstand in Dresdens Stadtbevölkerung war derartige Zurückhaltung der Ordnungshüter nie zuteil geworden. Wer sich den jährlichen Aufmärschen der sächsischen Rechtsextremisten in den Weg stellte, musste damit rechnen, wegen Landfriedensbruch angezeigt zu werden. Dass die Kennzeichen von Kraftfahrzeugen anreisender Gegendemonstranten notiert, die Halter ermittelt und von der Polizei verwarnt wurden, war Alltag im Land Sachsen. Jedes Jahr wieder, wenn der Bombardierung Dresdens im II. Weltkrieg gedacht wird und NPD und rechtsextreme Kameraden aus dem Umland SS, der (S)ächsischen (S)chweiz, durch Dresden marschieren, waren allein demokratische Gegendemonstranten als Störenfriede identifiziert worden.
Die Kanzlerin immerhin suchte in Dresden die Familie des Imams auf, die mit Glück unverletzt das Bombenattentat auf die kleine Moschee, in der sie leben, überstanden hat. Sie hätte die sächsische Bundestagsabgeordnete der CDU Bettina Kudler mitnehmen sollen, die offenbar den „Identitären“ Rechtsextremisten nahe zu stehen scheint, und die Flüchtlingspolitik der Kanzlerin mit dem Nazi-Begriff „Umvolkung“ der Deutschen, „die längst begonnen“ habe, versieht. Vielleicht hätte sie angesichts der Kinder des Imams den Zusammenhang erkannt, erst der Hass und das Wort, dem die Tat folgt. Man darf gespannt sein, wie erfolgreich die Ermittlungen gegen den oder die Täter der beiden Anschläge sein werden oder ob sie, leider alsbald erfolglos eingestellt werden.
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