Er war der letzte der Gründergeneration des neuen Staates Israel, ein zäher Kämpfer für den Frieden, der aber auch die Sicherheitsinteressen seines Landes stets im Blick hatte und vertrat, was ihn letztendlich umstritten machte. Gleichwohl geht mit Schimon Peres, der im Alter von 93 Jahren nach einem Schlaganfall starb, einer der ganz Großen von dieser Welt.
Friedensnobelpreisträger war er, den Preis erhielt er gemeinsam mit seinem Kollegen Izchak Rabin und mit Palästinenserchef Jassir Arafat, weil sie israelisch-palästinensische Friedenverträge vereinbart hatten. Ein Jahr nach der Auszeichnung wurde Israels Regierungschef Rabin von einem jüdischen Fanatiker erschossen. Er wollte verhindern, dass weitere Gebiete an die Palästinenser abgetreten würden. Auch Arafat ist lange tot, er starb 2004. Mit Peres verlor der Nahe Osten den letzten der Preisträger.
International wurde Peres als großer Staatsmann gewürdigt, auch in Deutschland. Bundespräsident Joachim Gauck unterstrich die Bereitschaft von Peres zur Versöhnung mit dem deutschen Volk, trotz der Gräueltaten, die die Nazis seiner Familie und seinem Volk während des Holocaust angetan hatten. Seine Familie, die aus dem damaligen Polen, was heute Weißrussland ist, stammt, wanderte in den 30er Jahren nach Israel aus, sein Großvater, den er liebte, blieb zurück. Der Mann wurde als einer der letzten Dorfbewohner in eine Holzsynagoge getrieben und dort zusammen mit anderen aus dem Dorf bei lebendigem Leib verbrannt. So hat es Peres bei seiner Antrittsrede als Präsident erzählt. Diese Erfahrungen zeigten Peres-und dies kann man in seinem Leben nachlesen-, dass das israelische Volk immer bedroht sei von Auslöschung. Seine Politik hat diese Schrecken verinnerlicht. Peres war es, der im Auftrag von Ben Gurion Waffen besorgte, mit dem das Land sich gegen seine Feinde verteidigen sollte und auch tat. Deshalb sahen ihn die einen als Taube, die anderen aber als Falke.
Ein Freund der Deutschen
Gauck erinnerte an die Rede Peres im deutschen Bundestag, in der der Israeli ausgerechnet am 27. Januar 2010- am 27. Januar 1945 wurde das KZ Auschwitz befreit, in dem Millionen Juden aus ganz Europa vergast worden waren- „die Einzigartigkeit der Freundschaft zwischen Deutschland und Israel betonte“. Außenminister Frank-Walter Steinmeier würdigte den großen Staatsmann und einen der Gründungsväter Israels. Steinmeier betonte, Deutschland habe einen hoch geschätzten Freund und Partner verloren. „Seine Verdienste um Israel, das Land der Überlebenden, das er mit aufgebaut und über Jahrzehnte mit Wort und Tat geprägt habe, lassen sich kaum ermessen.“
Seinen Traum, den er im Alter hatte, konnte er nicht verwirklichen, nämlich das friedliche Neben- und Miteinander von Juden und Palästinensern. Er erreichte das Ziel, den Palästinensern einen eigenen Staat zu geben, nicht. Im Rückblick muss man leider feststellen, dass der Friedensprozess nicht zu einem guten Ende gekommen ist. Der Ur-Konflikt, in dem viele andere Konflikte ihre Wurzel haben, ist nicht gelöst, der Nahe Osten ist weiterhin ein Pulverfass.
Er wollte dem jüdischen Volk dienen
„Sein wichtigstes Anliegen war immer, dem jüdischen Volk zu dienen“, so würdigte Peres Sohn Chemi- Schimon Peres war verheiratet und hatte drei Kinder- das Werk und die Arbeit seines verstorbenen Vaters. Zweimal war er Regierungschef, sieben Jahre lang Präsident und öfters Minister in vielen Ressorts. Beliebt war er nicht im eigenen Land und bei den Palästinensern auch nicht so sehr. Er galt auch als eine Art ewiger Verlierer, der immer wieder von politischen Gegnern überholt und an die Seite gedrängt worden war. Der arabische Abgeordnete im israelischen Parlament, Basel Ghattas, verurteilte Peres gar als „blutrünstigen Kriminellen“, der „Kriegsverbrechen verübt“ habe. Peres sei von „Kopf bis Fuß mit unserem Blut bedeckt“. So der arabische Politiker. Der Grund: Peres wurde für das „Massaker von Kana“ verantwortlich gemacht, bei dem 1996 rund 100 libanesische Zivilisten umgekommen waren. Während der Operation „Früchte des Zorns“ hatten israelische Soldaten ein UN-Schutzlager getroffen.
Wer ihn erlebt hat, wird seine sonore Stimme nicht vergessen, die Ruhe, die er von einem Podium ausstrahlte, die sanften Worte, mit denen er oft versuchte, Israels Zukunft in bunten Bildern zu malen. Aber hinter dieser weichen Fassade verbarg sich auch eiserne Disziplin, die ihn immer wieder Fastentage einlegen ließ, damit er ja nicht an Gewicht zunahm. Eiserne Disziplin zeichnete auch seine Lebensführung aus. Der Mann, Sohn eines Holzhändlers und einer Bibliothekarin, arbeitete gern und quasi bis kurz vor dem Tod.
Zahlmeister und Leiter des Kuhstalls
Kein Wunder, dass Premier Ben Gurion früh seine Talente in einem Kibbuz, wo er Zahlmeister und Leiter des Kuhstalls war, entdeckte und ihn in die Politik holte. Der 24jährige organisierte den Nachschub für die israelische Armee, mit 29 Jahren wurde er Generalsekretär des Verteidigungsministeriums. Und viele Jahre später wurde er Verteidigungsminister. Als solcher hatte er 1977 maßgeblichen Anteil an der Befreiung von israelischen Geiseln, die zuvor in einem Flugzeug nach Entebbe entführt worden waren.
Ein gewagtes Unternehmen.
Peres war es auch, der die israelische Rüstungsindustrie aufbaute und hierfür enge Beziehungen zu Frankreich knüpfte. Im Sechstagekrieg 1967 zahlte sich das für Israel aus. Auch der Aufbau des Atomprogramms wird ihm zugeschrieben.
Der aktuelle Präsident Israels, Reuven Rivlin, würdigte seinen verstorbenen Amtsvorgänger als prägenden Visionär für den Staat Israel. „Es gibt kein Kapitel in der Geschichte des Staates Israel, in dem Schimon keine Rolle gespielt oder kein Stück geschrieben hat. Als Einzelner hat er eine ganze Nation auf den Flügeln der Vorstellungskraft und seiner Vision getragen.“ Schimon Peres habe „uns dazu gebracht, weit in die Zukunft zu schauen, und wir haben ihn geliebt,“ sagte Rivlin. Peres habe den Menschen Hoffnung verliehen. „Der Geist der Hoffnung und des Friedens war sein Weg und Wunsch.“
Quellen: stern.de, welt, t-online.de
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