Nach Thüringen, Sachsen-Anhalt, Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg, Mecklenburg-Vorpommern folgen in knapp zwei Wochen auch Landtagswahlen in Berlin. Das Publikum wird sich daran gewöhnen müssen, dass jedenfalls kurzfristig die AfD in den Landtagen, auch in Berlin, die Bänke rechts außen besetzt und damit das Erbe der NPD antritt. Das wird auch in Berlin so sein. Wenn die Berliner es klug machen, dann könnte der AfD in der weltoffenen Stadt an der Spree zwar nicht die Rote, aber doch die Gelbe Karte gezeigt werden. Eine Verwarnung also, die mit einem einstelligen Ergebnis enden und den Höhenflug der Rechtspopulisten beenden könnte.
Voraussetzung wäre, die Unionsparteien und die Kanzlerin ziehen die richtigen Schlüsse aus den vorangegangenen Wahlen. Das würde bedeuten, jede Annäherung an die fremdenfeindlichen und rassistischen Parolen der Rechtspopulisten zurückzuweisen und in demokratischer Gemeinsamkeit mit Sozialdemokraten, Grünen und Linken in Berlin den Ruf der Stadt als weltoffene Metropole zu verteidigen.
Seehofer Attacken gegen Merkel
Aber ist das zu erwarten? Nach allem, wie aus München zu hören ist, setzt der CSU-Vorsitzende Seehofer seine gegen Merkels „Wir schaffen das“ gerichteten Attacken fort. Erneut wird er dazu beitragen, das weltweite Flüchtlingsdrama national zu verengen und den Eindruck zu erwecken, es gehe darum, weitere Millionen Flüchtlinge aufzunehmen. Erneut wird er die Sicherung der europäischen und nationalen Grenzen fordern und im Kern so tun, als ob die weltweit gezählten 65 Millionen Flüchtlinge an Europa und natürlich auch an Deutschland vorbei geschleust werden könnten. Diese Haltung ist unredlich und nebenbei auch unchristlich. Der römische Papst schreit seinen Schmerz heraus darüber, dass ihn die sichtbare Gleichgültigkeit mancher sogenannter Christenmenschen am Massengrab Mittelmeer zutiefst treffen.
Die Kanzlerin hat bislang versäumt, ihrem „wir schaffen das“, eine Erklärung folgen zu lassen, die begründete, wie und mit welchen Mitteln, national und international, diese Herausforderung zu bewältigen ist. Bislang verludert der Hinweis darauf, die Fluchtgründe zu bekämpfen, als nichtssagende Floskel in zahllosen Sonntagsreden. Wo gibt es einen einzigen, weltpolitisch angelegten und strategisch wirkenden Vorschlag zur Überwindung der Fluchtursachen, der mit Angela Merkel verbunden werden könnte. Die Waffenschmieden des Westens haben offenbar weiter ausreichende Beziehungen in die Politik, um den Waffenhandel in die Kriegsgebiete anzukurbeln, die Konflikte anzuheizen und damit Milliardengewinne zu machen. Übrigens ein Vorwurf, der auch den Vizekanzler trifft. Immerhin kann er für sich verbuchen, die innenpolitischen Anforderungen zur Unterbringung der mehr als eine Millionen Flüchtlinge schneller und deutlicher angesprochen und partiell gegen den Widerstand der Union auch durchgesetzt zu haben.
Merkel fremdelt mit Europa-anders als Kohl
Der Türkeideal und damit die Abhängigkeit von Erdogan ist doch vor allem der Tatsache geschuldet, dass die Entscheidung der Kanzlerin, die Flüchtlinge in Ungarn nicht der Willkür rechter ungarischer Innenpolitik auszusetzen, von den meisten EU-Mitgliedern nicht mitgetragen wird. Es war eine einsame, gleichwohl, bis auf die Zustimmung Österreichs, nationale und europäisch unabgestimmte Entscheidung. Selbst eine Information darüber, verbunden mit der Bitte, diese notwendige humane Geste zu unterstützen, war unterblieben. Erneut zeigt Frau Merkel, dass sie, anders als ihr Ziehvater Helmut Kohl, mit Europa fremdelt, was sich in der Finanzkrise und in der Beziehung zu Griechenland ja ebenfalls zeigte.
Keine dieser Fehleinschätzungen und Unterlassungen sind kurzfristig heilbar. Umso mehr nicht, weil die CSU derzeit offenbar glaubt, die besseren Karten gegen Merkel in der Hand zu haben. Und zugleich kann München sicher sein, dass christdemokratische Provinzfürsten wie der Innenminister von Mecklenburg-Vorpommern oder der CDU-Innensenator und Kandidat für das Amt des Regierenden Bürgermeisters -wie zuvor in Rheinland-Pfalz Frau Klöckner- hoffen, durch Annäherung an Positionen der AfD Land gewinnen zu können, wenn sie sich von der Kanzlerin und ihrer Haltung in der Flüchtlingspolitik distanzieren. Eine Fehleinschätzung. So bleibt nur zu hoffen, dass die Berliner Sozialdemokraten, die Linke und die Grünen der AfD die Gelbe Karte zeigen. Wer da wackelt oder aus dem Tritt gerät, für eine humane Flüchtlingspolitik einzutreten, und zugleich versäumt, ausländerfeindliche und rassistische Parolen zurückzuweisen, der stärkt den rechtspopulistischen Rand und ihren parlamentarischen Arm: die AfD.
Bildquelle: Pedelecs by Wikivoyage and Wikipedia, CC SA 3.0
Herr Heye hat recht!Ausser in einigen
Randbezirken von Berlin wird die AFD
im ein-stelligen Bereich bleiben. Die
Berliner Zivilgesellschaft ist helle und wird
den Rechtspopulisten mindestens die
gelbe Karte zeigen. Auch naechsten Sonntag
werden sie Kommunalwahlen in Niedersachsen sehen, dass da fuer sie die
Baeume nicht in den Himmel wachsen.
Die Berlin-Wahl laeutet das Ende der AFD ein. So war es bei den Republikanern Ende
der 80-iger Jahre auch.