Unzufrieden sei die Kanzlerin mit dem Ergebnis der CDU bei der Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern, heißt es. Typisch Angela Merkel, diese Sprache. Unzufrieden mit dem, was andere in ihrer Partei als Erdbeben empfinden, als Albtraum. Erstmals ist die Union rechts von einer anderen Partei überholt worden. Zugegeben nur in Mecklenburg-Vorpommern, in einem Land entlang der Ostsee und südlich davon mit gerade mal 1,5 Millionen Einwohnern und einem Wählerpotential von rund 1.3 Millionen. Aber es ist Merkel-Land, hier hat sie-auf Rügen- ihren Wahlkreis, die Dame aus der Uckermark. Und Merkel spricht von „unzufrieden“.
Unzufrieden, Angela Merkel, das reicht nicht. Mit wem ist sie unzufrieden? Vielleicht mit dem frechen Wähler, der –nicht nur- die Union verlassen hat und neuen Parolen gefolgt ist. Sie hat eine Mitschuld eingeräumt, heißt es. Frau Merkel, Mitschuld ist angesichts des Ergebnisses untertrieben. Es war zwar eine Landtagswahl, aber in Schwerin und anderswo dort oben wurde abgestimmt über die Flüchtlingspolitik von Angela Merkel. Das Votum ist eindeutig, das Murren in den Reihen der Union zu hören, es ist nicht nur die Stimme von Wolfgang Bosbach, der mosert und kritisiert.
In der Welt hui, aber daheim…
Angela Merkel weilte am Sonntag, als in Mecklenburg-Vorpommern gewählt wurde, beim Gipfel in Asien, da wurde sie gefeiert, hofiert. Fast möchte man sagen: In der Welt hui, aber daheim… Lassen wir das, zunächst. Aber es passte ins Bild, dass sie nicht da war, als es passierte in ihrer Heimat, diese krachende Niederlage, Platz drei hinter der AfD. Nein, Frau Merkel, die Abstimmung im hohen Norden ist eine Klatsche für die CDU, deren Vorsitzende Sie sind. Und dies seit Jahren.
Ihren Kurs- Wir schaffen das!- wird sie nicht ändern. Dabei gäbe es Erklärungsbedarf, es gibt ihn seit Monaten. Es reicht nicht, wenn ihre Sprecher darauf hinweisen, was alles in der jüngeren Vergangenheit gemacht worden ist, es reicht nicht der Hinweis auf Gesetze, Erlasse und Regeln, wenn die Mehrheit der Menschen das Gefühl hat, man werde überfordert. Wenn die Bürger Ängste und Sorgen haben, muss man ihnen zuhören. Ja, es stimmt, in Mecklenburg-Vorpommern gibt es nur ein paar Tausend Flüchtlinge, keine Burka ist zu sehen- und doch ist es das Thema. Darüber mag man sich wundern, aber es ist so. Und die Politik, die Chefin, das ist die Kanzlerin, hätte darauf reagieren müssen. Sie hat es nicht getan, bewusst.
CSU fordert Kurswechsel
Dass die CSU einen Kurswechsel fordert, war zu erwarten. Sie verlangt ihn seit Monaten. In einem Punkt hat sie Recht: Wir müssen wissen, wer zu uns gekommen ist, wer hier lebt. Es müssen alle registriert werden, die die Grenze nach Deutschland überschreiten. Übrigens: Ohne Registrierung keine Papiere, kein Geld, nichts. Und dass die Grenzen dicht sind, hat nicht nur NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft(SPD) begrüßt, weil man nämlich genug zu tun hat, mit den vorbereitenden Integrations-Arbeiten für die Abertausenden, die im letzten Jahre gekommen sind. Und bei aller Humanität und Hilfsbereitschaft stimmt auch die Feststellung von SPD-Chef Sigmar Gabriel: Wir können nicht jedes Jahr eine Million oder mehr Flüchtlinge aufnehmen. Wer anderes sagt, heuchelt. Aber falsch ist die Forderung des bayerischen Ministerpräsidenten und CSU-Chef, Horst Seehofer, nach einer Obergrenze. Es funktioniert einfach nicht, Herr Ministerpräsident. Es reicht doch, dass wir nicht alle aufnehmen können und dass hier Europa gefordert ist.
Von Kanzlerinnen-Dämmerung jetzt zu reden, ist sicher überzogen. Aber dass Merkel unter Druck steht wie nie zuvor, ist nicht zu leugnen. Der konservative Teil der CDU, ein wichtiger, scheint die Flucht zu ergreifen, er fühlt sich nicht mehr vertreten durch die Merkel-CDU. Die SPD hat in der Vergangenheit ähnliche Erfahrungen machen müssen, erst kamen die Grünen, dann die Linke. Solche Häutungen schlauchen eine Partei, schwächen sie. Frau Kanzlerin, es ist Fakt, keine Erfindung, dass unter ihrer Führung die CDU ihren Markenkern aufgegeben hat. Ob man das nun Sozialdemokratisierung nennt oder nicht, ist egal. Die Entfremdung namhafter Teile von der CDU läuft, nicht nur in Mecklenburg-Vorpommern.
Angela Merkel hat oft davon gesprochen, zu ihrer Politik gebe es keine Alternative. Es gab sie immer, die Frage war nur, ob sie besser war als das, was die Kanzlerin angeboten hatte. Ob es eine Alternative zu Angela Merkel gibt, wird die Zeit zeigen. Wenn es so weit ist, wird es passieren. So oder so. Ich habe eine Zeichnung des Karikaturisten Sakurai in meinem Zimmer hängen. Da steht Gerhard Schröder auf dem Sockel mit der Aufschrift: Kanzler 1998 bis 2005. Und Schröder, so die Zeichnung, ruft der vorbeilaufenden Angela Merkel hinterher: „Noch sind Sie Kanzlerin, aber irgendwann is immer Ende“.
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