Die SPD-Bundestagsabgeordnete Petra Hinz, die ihren Lebenslauf an einigen wichtigen Punkten geschönt hatte, um es zurückhaltend auszudrücken, will nun aus der Partei austreten. Sie hatte kurz zuvor darüber geklagt, dass der Essener SPD-Chef Kutschaty sie zum Abschuss freigegeben habe. Abschuss? Der Justizminister hatte Hinz aufgefordert, ihr Bundestagsmandat zurückzugeben. Schließlich hatte die Abgeordnete ihren Lebenslauf dahingehend verändert, dass sie ein Abitur angegeben hatte, was nicht der Fall war, und dass sie das erste und zweite juristische Staatsexamen abgelegt habe, was ebenfalls nicht stimmte.
Sie hat das, nachdem es rausgekommen war, dann selber zugeben müssen. Aber wer erwartet hatte, dass diese Politikerin, die zudem über die schlechte Behandlung ihrer Mitarbeiter aufgefallen war, sich nun reumütig geben würde, dass sie einfach schweigen würde, weil sie schließlich die Öffentlichkeit und die Wählerinnen und Wähler belogen hatte, sah sich getäuscht. Die Dame ging in die Offensive-gerade so, als sei sie Opfer und nicht Täter. Parteiaustritt ja, aber sie bleibe „überzeugte Sozialdemokratin“. Das habe ich vor Jahren schon mal von einem gehört, belasse es aber dabei. Überzeugend ist so ein Verhalten nicht.
Man vermisst das Schamgefühlt
Die Debatte über Petra Hinz ist auch in einigen Medien zu verfolgen, darunter in der „Süddeutschen Zeitung“. Der Berliner SZ-Korrespondent Christoph Hickmann hatte Hinz in Schutz genommen und die SPD im Grunde zur Mäßigung aufgefordert, die Welt gehe nicht unter, wenn es mit der Mandatsniederlegung noch etwas dauere. Im Übrigen möge sich die SPD ihrer eigenen Werte erinnern, als Partei für die Schwachen, Mühseligen und Beladenen. Frau Hinz werde schließlich kein Verbrechen vorgeworfen, sondern nur die Erfindung eines Lebenslaufs. Ein SZ-Leser vermisst das Schamgefühl von Frau Hinz, das vermisse ich auch. Von Hexenjagd kann nur wirklich keine Rede sein.
Fast komisch liest sich ein anderer Brief, ebenfalls in der SZ. Da heißt es in der Überschrift: Autodidakten nicht akzeptiert. Wie bitte? Was ist am Lebenslauf von Frau Hinz autodidaktisch? Es sei einfach unmöglich, ohne irgendeine Ausbildung höhere Positionen zu besetzen. Es geht noch weiter: „Autodidakten, egal wie qualifiziert sie sind, werden einfach nicht als vollwertig akzeptiert.“ Also dann war das keine Lebenslauflüge, kein Frisieren der Daten, die in Kürschners Volkshandbuch „Deutscher Bundestag“ veröffentlicht werden, nach Angaben der jeweiligen Abgeordneten? Am Schluss ein letzter Leserbrief aus der SZ. „Diese Frau hat nicht geschummelt, sondern die deutschen Wähler betrogen. Dieser Betrug gehört bestraft.“ Man kann das auch Hochstapelei nennen.
Letzter Satz zu diesem unrühmlichen Kapitel einer Bundestagsabgeordneten: Ende des Monats will sie ihr Mandat abgeben und ihre August-Bezüge an soziale Einrichtungen in Essen spenden, hat Petra Hinz angekündigt. Das hätte sie gleich tun können.
Weil es gegen den Bolschewismus ging
Im Zusammenhang mit den Widerständlern des 20. Juli 1944 und zum Thema Überfall der Wehrmacht auf die Sowjetunion im Juni 1941 haben auch wir im Blog-Der-Republik über die Rolle der Widerständler berichtet, darüber, dass die Generäle zunächst für diesen Krieg waren und erst dann aufstanden, als er verloren war. Und dass das führende Vertreter beider Kirchen ähnlich sahen, weil es gegen den Bolschewismus ging. „Unter den ersten, die dem Überfall Beifall spendeten, waren evangelische und katholische Kirchenmänner“, schreibt der Historiker Heinrich August Winkler in seinem großen Werk „Geschichte des Westens, die Zeit der Weltkriege 1914-1945, S. 944. „Der Geistliche Vertrauensrat der Deutschen Evangelischen Kirche, an seiner Spitze der hannoversche Landesbischof August Marahnens, dankte am 30. Juni Hitler dafür, dass er „unser Volk und die Völker Europas zum entscheidenden Waffengang gegen den Todfeind aller Ordnung und aller abendländisch-christlichen Kultur aufgerufen habe.“ Die Katholischen Bischöfe, so Winkler weiter, hätten ihre Gläubigen lediglich zu „treuer Pflichterfüllung, tapferem Ausharren, opferwilligem Arbeiten und Kämpfen im Sinnes unseres Volkes“ aufgerufen. Manche Kirchenfürsten seien weitergegangen. So habe der Bischof von Eichstätt, Michael Rackl, den Rußlandfeldzug als einen „Kreuzzug, als einen heiligen Krieg für Heimat und Volk, für Glauben und Kirche, für Christus und sein hochheiligen Kreuz“ begrüßt.
Kardinal von Galen würdigte den „gerechten Krieg“
Auch der Bischof von Münster, Clemens August Kardinal Graf von Galen, habe sich positiv zum „gerechten Krieg wider den gottlosen Boschewismus“ geäußert, schreibt Winkler. Der Historiker zitiert dabei aus einem Hirtenbrief vom 14. September 1941, in welchem der Bischof es eine „Befreiung von einer ernsten Sorge und eine Lösung von schwerem Druck“ genannt habe, „dass der Führer und Reichskanzler den Russenpakt für erloschen erklärt“ habe. Galen habe zustimmend Hitlers Wort von der „jüdisch-bolschewistischen Machthaberschaft in Moskau“ zitiert. Aber Galen habe zugleich scharfe Kritik am Nationalsozialismus geübt, indem er die „Befolgung jener Lehre, die da behauptet, es sei erlaubt, unproduktiven Menschen, armen, schuldlosen Geisteskranken vorsätzlich das Leben zu nehmen“ als „grauenhaft“ bezeichnet habe. Gemeint: die Euthanasie.
Die Auseinandersetzung um diese für einige Bürger unbekannte Rolle des Bischofs von Münster, wegen seines Mutes gegenüber den Nazis auch der Löwe von Münster genannt, findet seit einiger Zeit auch auf der Leserbriefseite des „Bonner Generalanzeiger“ statt. Unter diesen Aspekten, so der Titel über den dazu gehörenden Briefen, mache die Seligsprechung von Galens im Jahre 2005 durch den Vatikan „betroffen“. Ein Leser zitiert dann den Bischof, der zum Krieg gegen Russland auch noch gesagt habe: „Leider könn er nicht mitmarschieren nach Moskau.“ Auch durch rassistische Äußerungen habe er sich hervorgetan, schreibt ein Leser. „In den Adern meiner Familie rinnt kein Tropfen fremdrassigen Blutes.“
Ein Zeichen von Wahlkampf
Die Landtagswahl in NRW findet zwar erst im Mai nächsten Jahres statt, aber die Vorläufer einer Kampagne kann man in manchen Medien schon länger besichtigen. Ein kleines, aber typisches Beispiel: In der Essener „NRZ“, die zur Funke-Mediengruppe gehört, heißt es zu Plänen der Studentenwerke: 5000 zusätzliche Wohnplätze. Und trotz erstmals sinkender Erstsemesterzahlen bestünde eine große Nachfrage. Der „Bonner Generalanzeiger“, der vom gleichen Autor beliefert wird wie die NRZ, gibt der Geschichte folgenden Titel: „Studentenwerke planen 5000 Wohnheimplätze“. In der konservativen „Rheinischen Post“ in Düsseldorf, die der CDU mindestens nahe steht, klingt die Überschrift zum selben Thema dagegen anders: „In NRW fehlen 5000 Wohnungen für Studenten.“ Da darf man sich doch ein wenig wundern. Na ja, einige haben die Wahlniederlage 2010 und die Abwahl des CDU-Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers nach nur einer Legislaturperiode im Amt immer noch nicht verdaut.
Leser-Kritik wegen Aufmacher-Bild von Hoeneß
Uli Hoeneß ist wieder da, so begann kürzlich unsere Geschichte zu den Plänen des einstigen Präsidenten des FC Bayern München, der vor Jahr und Tag wegen Steuerhinterziehung zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt worden war und der deshalb sein Amt beim deutschen Fußball-Rekordmeister niederlegen musste. Nun ist er wieder frei und will im Herbst erneut für das Amt des Präsidenten kandidieren, seine Wiederwahl – ohne Gegenkandidaten- dürfte von knapp unter 100 Prozent der Mitglieder abgesichert werden. Natürlich wird die Rückkehr von Hoeneß durch Karl-Heinz Rummenigge wie durch den Ehrenpräsidenten Beckenbauer unterstützt. Aber er wird wiederkommen, wie er es lauthals angekündigt hatte: „Das wars noch nicht“, hatte er der Öffentlichkeit kurz vor Haftantritt zugerufen. Um das klarzustellen: Der Mann war Täter, nicht Opfer. Er wurde bestraft und hat bezahlt. OK. Aber etwas mehr Demut hätte ihm gut zu Gesicht gestanden. Aber das kann er nicht. Ein lachendes Foto zeigte ihn kürzlich, siegesgewiss möchte man interpretieren. Der „Bonner Generalanzeiger“ machte mit dem Foto von Hoeneß seine erste Seite auf. Und erntete Kritik eines Lesers. Zu Recht.
Bildquelle: Bundesarchiv, Bild 102-12285 / Georg Pahl / CC-BY-SA 3.0