Ein älterer Grüner namens Van der Bellen hat am Ende den Sieg des Rechtspopulisten Norbert Hofer in Österreich verhindert- es fehlten nur ein paar Tausend Stimmen und Europa hätte einen Anti-Europäer in seinen Reihen gehabt. Es hat also nicht viel gefehlt und die Peinlichkeit wäre da gewesen. Jeder Vergleich hinkt. Fremdenfeindlichkeit konnte man in der Alpenrepublik schon immer spüren, aber es ist kein Grund, dass wir Deutsche uns über Wien mokieren sollten. Anschläge auf Asylbewerberheime, das hat es in Österreich bisher nicht gegeben. Gewalt gegen Ausländer, diese Statistik haben wir dem kleinen Land im Süden voraus mit erschreckenden Zahlen. Der Blog-der-Republik hat sie mehrfach veröffentlicht, als Mahnung, als Appell an alle Demokraten, wachsam zu sein gegenüber den Feinden der Demokratie.
Der Aufstieg der Rechtspopulisten in Deutschland ist ein Alarmsignal. Dass so viele Wählerinnen und Wähler der AfD hinterherlaufen und einer Protestbewegung ihre Stimme geben, ist erschreckend. Und nach den Erfolgen der AfD bei den Landtagswahlen muss man davon ausgehen, dass diese Partei im nächsten Jahr auch den Sprung in den Deutschen Bundestag schafft. Geleistet hat die AfD bisher nichts, sie hat kritisiert, gefordert, abgelehnt, verteufelt, sich als Opfer dargestellt und somit all jene auf ihre Seite gezogen, die sich ebenfalls als Opfer sehen.
AfD zielte auf Scheitern des Gesprächs mit Muslimen
Bestes Beispiel für die Taktik dieser Partei war gerade das Zusammentreffen des Zentralrats der Muslime mit Vertretern der AfD. Nach einer Stunde wurde das Scheitern verkündet. Es war geplant, Frau Petry und Co wollten erneut in der Opferrolle erscheinen. Die anderen, die Muslime sind schuld, dass es zu keinem vernünftigen Gespräch gekommen ist, die anderen wollten es so. Der Islam gehört nicht zu Deutschland, das ist eine der Parolen der AfD, mit denen sie durch die Lande zieht. Dabei ist der Islam längst hier gelandet, seit Jahrzehnten leben Millionen Türken in Deutschland, um nur sie zu nennen. Sie leben hier in der wievielten Generation- und viele haben sich integriert. Dass es Probleme gibt, ist nicht zu bestreiten, wir müssen sie anpacken.
Mezut Özil spielt für Deutschland bei der EU
Den Fremdenfeinden rate ich, sie sollten sich mal das Aufgebot von Fußball-Bundestrainer Löw für die in wenigen Wochen beginnende Europameisterschaft in Frankreich anschauen. Mezut Özil ist zwar in Gelsenkirchen geboren, hat das Fußballspielen in Schalke gelernt und ist dann über Bremen und Madrid in London gelandet, bei Arsenal verdient er das große Geld und ist gerade als Spieler des Jahres gewürdigt worden. Özil ist türkischer Abstammung, aber er spielt für Deutschland. Gerade konnte man ein Foto von ihm in der Zeitung sehen, das ihn in Mekka zeigt.
Das Beispiel belegt, wie multikulturell es in Deutschland zugeht. Zugegeben, es gibt auch immer wieder Ausschreitungen gegen Kicker, schlimme Pöbeleien von ausgeflippten Zuschauern, an deren Verstand man zweifeln darf. Der Schalker Spieler Gerald Asamoah kann ein Lied davon singen. Auch er war deutscher Nationalspieler, kickte bei der WM 2002 mit, war ein erfolgreicher Außenstürmer, geboren in Ghana, also ein farbiger Zeitgenosse, was einzelne Zuschauer zum Anlass nahmen, sich aufzuführen, als wären sie gerade im Urwald bei den Affen zu Gast.
In der Bundesliga ist Multikulti angesagt
Und wem das nicht reicht, der schaue sich mal die Aufstellungen der Bundesliga-Mannschaften an. Ohne ausländische Spieler kommen die Vereine nicht mehr aus, weder der FC Bayern, noch Borussia Dortmund, Bayer Leverkusen, Schalke 04, Borussia Mönchengladbach und all die anderen. Sie feiern ihre nationalen wie internationalen Erfolge mit Spielern aus vieler Herren Länder. Niemand mokiert sich darüber.
Im abgelaufenen Jahr beherrschte das Flüchtlings-Thema die politische Diskussion. Über eine Million Flüchtlinge kamen nach Deutschland, Menschen aus Syrien, aus Eritrea, Afghanistan, dem Irak, aus Nordafrika, sie flogen vor dem Bürgerkrieg, vor Not und Elend, vor Verfolgung und Leid, das man ihnen zu Hause angetan hatte. Und sie suchten Zuflucht in Deutschland und fanden es, wenngleich zunächst in Notunterkünften, in Zeltlagern, Turnhallen. Tausende von Bundesbürgern halfen den Menschen in Not, Bilder, die die Schokoladenseite dieses Landes herausstrichen. Man packte einfach an, damit sie was zu essen und zu trinken bekamen, medizinisch versorgt wurden. Sicher, es gab Engpässe, aber insgesamt hat es funktioniert, auch wenn es Klagen gab und Kritik, auch wenn das Miteinander nicht immer und nicht immer sofort geklappt hat. Und richtig ist auch, dass die Aufnahme von Flüchtlingen nicht allen Deutschen passte, dass es nicht nur in Sachsen immer wieder Pöbeleien gegen Flüchtlinge gab, verbale wie körperliche Angriffe, dass Häuser in Brand gesteckt wurden, die als Asylbewerberunterkünfte vorgesehen waren.
In der EU fehlt es an Solidarität
Dass die Europäische Union versagte, dass es keine Solidarität unter den Mitgliedern gab, dass die Polen, die Ungarn und andere sich weigerten, Flüchtlinge aufzunehmen und sie Deutschland abzu nehmen, dass Österreich die Grenze schloss, all dies war ein Schlag gegen die EU als Wertegemeinschaft. Sie funktionierte immer dann, wenn es was zu holen gab in Brüssel, aber wenn nach Gegenleistungen gefragt wurde, schlossen sich die Türen. So blieb die EU leider eine Wirtschaftsgemeinschaft, sie ist keine politische Union. Und das ist ein Makel. Man denkt in vielen europäischen Ländern zu national und in einigen Bereichen sogar nationalistisch und vergisst dabei, wie wertvoll ein starkes Europa für alle seine Mitglieder ist, man vergisst, dass einzelne EU-Mitglieder verloren wären im Konkurrenzkampf gegen die Großen der Welt. Die EU kann leisten, was eben Wien und Warschau allein nicht leisten können.
Man sitzt in Europa bequem auf guten Stühlen und nimmt als selbstverständlich an, was nur durch harte, auch politische Arbeit möglich geworden ist. Und was auch wieder verloren gehen könnte, wenn dieses Europa eines Tages wegen der vielen Egoismen auseinanderfliegen könnte. Es ist ja wahr, dass es gerechter zugehen muss in der Welt und auch hier bei uns, dass die dafür nötigen Reformen in der Sozial- wie der Wirtschaftspolitik gemacht werden. National ist vieles nicht zu schaffen, es geht nur europäisch. Das gilt auch für die Flüchtlingspolitik. Eine Million verteilt auf die 28 EU-Mitglieder, das überfordert niemanden, da geht keinem die Luft aus. Es wird Geld kosten und viel Mühe, die Schulen mit den Förderprogrammen zu schaffen, wir brauchen mehr Lehrer, mehr Jobs und auch in den Betrieben mehr Förderung, all das ist zu packen- gemeinsam, wenn alle mit anfassen, wenn alle ein wenig zusammenrücken.
Versagen der Deutschen Bank und von VW
Das Versagen der Eliten in manchen Bereichen ist ein großes Ärgernis, man nehme nur die Deutsche Bank und VW als Musterbeispiele, wie es nicht sein darf. Es darf nicht sein, dass der normale Steuerzahler den Eindruck gewinnt, dass er am Ende immer der Dumme ist, während die anderen, die die Karre vor die Wand gefahren haben, dann noch mit dem goldenen Handschlag, mit Boni und Dienstwagen befördert werden. Das darf nicht sein, dass diejenigen, die immer wieder die Bürger dazu aufrufen, ja mahnen, jetzt müssten alle den Gürtel enger schnallen, den Bauch darüber tragen. Das Modell Deutschland war erfolgreich, weil es eine soziale Marktwirtschaft war und immer noch ist, wenngleich es Ausfransungen und Verwerfungen gibt, die zu korrigieren sind.
Zu Europa gehört, dass es hier seit 70 Jahren keinen Krieg gegeben hat, zu Europas Vergangenheit gehört, dass sich die Völker über Jahrhunderte immer wieder die Köpfe eingeschlagen haben. Die Friedhöfe und Kriegerdenkmäler in allen Landstrichen Europas sind stumme Zeugen dieser falschen, tödlichen Entwicklung. Wer über Europa redet, sollte die Erfolgsgeschichte nach dem Zweiten Weltkrieg nicht vergessen und es als Auftrag ansehen, dass das nicht wieder kaputt gemacht werden darf.
In Österreich, so ist zu lesen, habe am Ende der Mann die Wahl für sich entschieden, der Haltung gezeigt habe, der seine Prinzipien behalten habe, der Mann, der gegen alle Kritik und Schmähungen für Europa geredet habe: Van der Bellen. Dass viele Menschen Sorgen haben, ist richtig. Und Politiker sollten diese Sorgen ernstnehmen. Sie müssen dem Bürger aufs Maul schauen, aber sie dürfen ihm nicht nach dem Munde reden. Eine weitere Erkenntnis, so Wahlforscher, habe die Präsidentenwahl in der Alpenrepublik gebracht: Wer schwankt verliert. Das gilt gerade auch für den Umgang mit den Rechtspopulisten der AfD.