In Krisenzeiten haben Verschwörungstheorien und Populisten Konjunktur. Angst und Unsicherheit nähren beide Phänomene. Mit der Überwindung der Krise verlieren sie an Reiz. Die „Alternative für Deutschland“ (AfD) hätte sich nach Ansicht von Politologen ohne die jüngste Flüchtlingsbewegung längst überlebt.
Die Euro-Krise war Anlass für die Gründung der Partei am 14. April 2013 in Berlin. Nur fünf Monate später traten bei der Bundestagswahl in 158 von insgesamt 299 Wahlkreisen Kandidaten der AfD an. Mit 4,7 Prozent blieb der Parteineuling unter der Fünfprozenthürde und verpasste den Einzug in den Bundestag. Seither eroberte die AfD – trotz einer heftigen Führungskrise in der Spitze und schließlich der Abspaltung der ALFA – Sitze in zahlreichen Räten, Kreis- und Landtagen sowie im Europäischen Parlament. Für ihren im Herbst 2017 bevorstehenden zweiten Anlauf bei der Wahl zum Bundestag räumen ihr Demoskopen zurzeit sichere Chancen ein.
Unbehagen an der Euro-Währung
Während Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) im Zusammenhang mit den milliardenschweren Rettungspaketen für Griechenland von der „Alternativlosigkeit“ ihrer Zustimmung sprach, baute sich allmählich eine „Alternative für Deutschland“ auf, die von Wirtschaftswissenschaftlern und Eurokritikern initiiert wurde und das Unbehagen an der europäischen Gemeinschaftswährung schürte. Nach der Parteigründung erschien das monothematische Konzept bald zu dünn. Die Parteistrategen besetzten im Vorfeld der Landtagswahlen weitere Themen mit ähnlichem Populismuspotenzial wie es der Euro hatte: Familien- und Bildungspolitik, Kriminalität und Zuwanderung.
Insbesondere die von Sachsen ausgehende, islamfeindliche Pegida-Bewegung betrachtete die sächsische Landeschefin Frauke Petry als lohnendes Reservoir. Die AfD machte sich zum Sprachrohr der sich als Patrioten gebenden Hassprediger, die den Untergang des christlichen Abendlandes an die Wand malen. Aus der eigenen Mitte wurde der Partei die Anbiederung an undemokratische und extremistische Positionen vorgeworfen.
Mit Frauke Petry der Rechtsruck
Schon vor der Spaltung auf dem Essener Parteitag im vergangenen Juli kam es zu Wellen von Parteiaustritten, nach dem innerparteilichen Triumph von Petry, der auch intern als Rechtsruck bewertet wurde, kündigten nochmals zahlreiche Mitglieder ihre Gefolgschaft auf. Doch nach Angaben der AfD ist der Verlust wieder wettgemacht. Nach 16.000 im Vorjahr beziffert die Partei ihre Mitgliederzahl nun auf um die 20.000.
Für die AfD kam das Flüchtlingsthema Ende 2015 wie gerufen. Die Angst vor Überforderung und Überfremdung ist für Rechtsradikale seit jeher ein gefundenes Fressen. Sie schüren diese Ängste, um sie sich zu nutze zu machen, und nehmen dabei hin, dass Hass und Hetze in Brandstiftung und Gewalt münden. Sie provozieren gezielt, um sich dann in der Opferrolle präsentieren zu können. Opfer der „Lügenpresse“, Opfer der etablierten Parteien.
Das wird man doch noch sagen dürfen..
Der Slogan „Mut zur Wahrheit“ hat etwas von der populistischen Leier, „das wird man doch wohl mal sagen dürfen“. Beides suggeriert Unehrlichkeit der anderen, Sprech- und Denkverbote, Verschwörungen gegen das eigene Volk und spricht die Unzufriedenen an, die sich mit den Underdogs der politischen Landschaft identifizieren und es den anderen mal so richtig zeigen wollen. Weil sich nur schwer ausmachen lässt, wie groß die Anteile von Protestwählern und überzeugten Nationalisten an den Wahlurnen sind, bleiben auch Prognosen über den weiteren Weg der AfD schwierig.
Das Kommen und Gehen rechtspopulistischer und rechtsradikaler Parteien in den 1980er und 1990er Jahren, die zwar viele Landtage, nicht aber den Bundestag erobern konnten, spricht für ein allmähliches Verschwinden von der Bildfläche. Doch die Unzufriedenheit breiter Bevölkerungsschichten wächst und hat vielfältige Ursachen in einer Politik der sozialen Kälte, einer Verwaltungskrise im Umgang mit der Flüchtlingssituation, einem Versagen an den globalen Zukunftsaufgaben und einem äußerst schlechten Erscheinungsbild der großen Koalition in Berlin. Die macht trotz einer nie dagewesenen Mehrheit im Bundestag und einer kaum handlungsfähigen Opposition mit wenig mehr als internem Streit und Krawall von sich reden.
Man grenzt aus, spaltet, hetzt
Da bieten sich noch jede Menge Angriffspunkte für eine sich selbst als außerparlamentarische Opposition gerierende Partei, die eben erst ihr Grundsatzprogramm verabschiedet hat, und – wie es Rechtspopulisten stets tun – vorgibt, einfache Lösungen für alle Probleme zu haben. Im Programm tauchen realistische Ansätze freilich nicht auf. Der Islam gehört nicht zu Deutschland, heißt es da etwa, jeder Lebenswirklichkeit und allen Reformansätzen zum Trotz, der Religionsfreiheit zuwider.
„Wir sind überzeugte Demokraten“, steht in der Präambel, und „Wir sind freie Bürger, keine Untertanen.“ Doch das Kleingedruckte im Leitantrag atmet einen undemokratischen und menschenverachtenden Geist. Es grenzt aus, spaltet, hetzt. „Mehr Kinder statt Masseneinwanderung“, heißt es da ebenso wie „Deutsche Leitkultur statt Multikulturalismus“ und „Schluss mit Fehlanreizen und falscher Nachsicht“. Rigoros „abschaffen“ will die AfD nicht nur die Gender-Forschung, sondern auch „Gewerbe-, Vermögen- und Erbschaftssteuer“; bei der Klimaschutzpolitik spricht sie von einem „Irrweg“, der zu beenden sei, bei der Energiepolitik tritt sie für eine Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke ein, bei der Bildungspolitik meint sie: „Politisch-ideologische Indoktrination darf es an der Schule nicht geben.“
Es strotzt nur so von Formulierungen der Vereinfacherer: Muss weg. Schluss damit. Abschaffen. Man kann es schon nicht mehr hören, und doch muss die Auseinandersetzung sein, damit nicht immer mehr den platten Parolen auf den Leim gehen.
Bildquelle: Youtube Screenshot aus Video „AfD-Theater: interne Empörung über „Afrikaner-Äußerungen““ von User steuersklave
Die Sichtweise der Autorin gibt das Sammelsurium ausgestanzter Phrasen zur AfD wieder. All das Obige hat man schon hundertmal gehört. Mit Goethe gesprochen würde man sagen „Ich höre vielfach, was sie spricht und dennoch überzeugt’s mich nicht“.
dieser kommentar ist so wenig erhellend und überzeugend, weil er nicht einmal versucht, die ursachen für die entstehung der afd gründlich zu analysieren. herr ost hat das in seinem beitrag- zwar noch etwas verhalten-aber sauber diagnostiziert. als “ lebenslanger“ cdu/ fdp-wähler haben mich diese parteien (incl. spd / grüne) mit ihrem kurs verlassen. deshalb habe ich mich mit merkels autoritärer “ alternativlos-stategie“ zur eu- problematik, ihrer planlosen energiewende der afd zugewandt. nicht alles paast mir in deren programm .aber was merkel und die anderen konsensparteien mit der gesetzwidrigen eu /flüchtlingspolitik den deutschen- und vor allem der arbeitenden bevölkerung, dem mittelstand und dem “ prekariat“ ( der eigrntlichen urklientel der spd-) antut, ist für mich logisch und vielleicht auch von ihren autoren nachvollziehbare begründung. , für die afd einzutreten.zur info: ich war lange cdu- mitglied, assistentdes csu- abgeordneten dr. kley ,habe intensivst mit meiner frau und cdu- freunden in zossen wahlkampf für das erste gesamtdeutsche parlament gemacht. einen guten tag