Da hilft kein Jammern, entfuhr es einem Christdemokraten in Baden-Württemberg, die Wählerinnen und Wähler haben vor ein paar Wochen entschieden und die CDU auf Platz 2 gesetzt- hinter den Grünen, die erstmals stärkste Partei im Südwesten sind. Die Schwarzen werden in den für sie sauren Apfel beißen und Juniorpartner werden in einem Bündnis mit den Grünen unter einem Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann. Es wird noch ein wenig dauern, aber die CDU wird sich damit abfinden müssen. Alles andere wäre lächerlich, ja peinlich.
Es wäre die erste Grün-Schwarze Landesregierung in der Republik und das in einer Region, die von der CDU fast 60 Jahre regiert worden ist. Und dies-mit kleinen Abstrichen- durchaus mit Erfolg. Das Land steht sehr gut da, die Nachbarn beneiden das Bindestrich-Land um seine Daten, um die niedrige Arbeitslosigkeit, um die hohen Löhne und Gehälter, um die Erfolgsquote schlechthin. Und doch müssen die Christdemokraten den Grünen die Führungsrolle überlassen, eine Neuwahl jedenfalls könnte verheerende Folgen für die CDU haben.
Das Land gehört keiner Partei
In der Demokratie muss man auch verlieren können. Bis auf die CSU in Bayern haben das alle Parteien landauf landab schon mal erlebt. Die SPD in NRW zum Beispiel stürzte vor ein paar Jahren aus den Regierungsämtern und landete krachend auf den harten Oppositionsbänken. Sie hatte abgewirtschaftet an Rhein und Ruhr, war ausgebrannt. Die CDU unter Jürgen Rüttgers machte es nicht besser und wurde nach einer Legislaturperiode schonungslos wieder abgewählt. Ein wenig mehr Demut statt Arroganz, das wäre es in dem einen wie dem anderen Falle gewesen. Die Menschen wollen weder den roten noch den schwarzen Filz. Das Land gehört keiner Partei.
Das sollten die handelnden Personen in Baden-Württemberg beherzigen. Es mag schmerzhaft sein für die sieggewohnten Christdemokraten im Ländle, nach all den Jahrzehnten die Macht verloren zu haben. Den ersten Schuss bei der letzten Wahl hatten sie nicht gemerkt. Da hatten sie noch von einem Betriebsunfall gesprochen, der schnell zu reparieren wäre. Und waren im Lande aufgetreten, als wären sie immer noch die eigentlichen Regierenden. Das aber waren die Grünen.
Kretschmann ist ein Konservativer
Der behäbig wirkende Kretschmann hatte es ihnen gezeigt und regiert, wie man regieren muss. Natürlich hatte er sich nicht mit Daimler-Benz angelegt und selbstverständlich fährt der Ministerpräsident einen Mercedes als Dienstwagen. Auch mit Porsche hatte der Grünen-Politiker keine Probleme wie mit anderen erfolgreichen Unternehmern des Landes auch nicht. All die Neider sahen mit großen Kinderaugen, dass auch unter einem Grünen Regierungschef das Land Baden-Württemberg auf Erfolgskurs blieb. Selbst die meisten Arbeitgeber staunten nicht schlecht und machten wie gehabt ihre guten Geschäfte.
Dabei ist es ist zum Teil verständlich, dass die Christdemokraten ihre Probleme mit einem Mann wie Kretschmann haben. Ein früherer Kommunist regiert sie, der damals sogar unter den Radikalenerlass fiel und dessen demokratische Haltung deshalb geprüft worden war, was der heutige Ministerpräsident aber nicht beklagt, sondern dafür sogar Verständnis zeigt. Es sei sein Fehler gewesen, im Grunde eine Jugendsünde, hat er unlängst irgendwo bekannt. Selbst Konservative respektierten diese Offenheit ihres zum Landesvater aufgestiegenen Alt-Revolutionärs, der einst Mitarbeiter von Joschka Fischer war. Dem Mann ist schlecht beizukommen, zumindest nicht mit alten Rechnungen, zumal er selber ein Konservativer ist, der die Flüchtlings-Politik von Angela Merkel, der Kanzlerin und CDU-Vorsitzenden, unterstützt.
Schwarz-Grün in Hessen und…
Grün-Schwarz in Baden-Württemberg. Schwarz-Grün regiert in Hessen unter Führung von Ministerpräsident Volker Bouffier. Den sollten sie mal fragen, wie die Grünen so sind in einer Koalition mit der CDU, wie pragmatisch und still Politik gemacht wird, selbst der von den Grünen einst bekämpfte Frankfurter Flughagen- Erinnert sich noch jemand an die Schlachten um die Startbahn West Anfang der 80er Jahre?- wird vom Grünen Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir als größter Arbeitgeber des Landes Hessen angesehen. Ja und? Was denn sonst? Zigtausende von Arbeitsplätzen hängen an dem Flug-Dreh-Kreuz.
Es ist selbstverständlich, dass jeder Partner sich in einer Koalition wiederfinden muss. Das gilt für die Grünen, das gilt für die CDU. Beide Parteien werden versuchen, Einfluss auf die Wirtschafts-und Verkehrspolitik des Landes zu nehmen, um später aus dieser Gestaltung den eigenen Erfolg ableiten zu können. Es wird Diskussionen über die Schulpolitik geben, das steht jetzt schon fest. Aber die CDU sollte sich mal den Schul-Kompromiss in NRW anschauen, dem die dortige CDU ausdrücklich zugestimmt hat. Einfach war das nicht für die Partei, aber es hat den jahrelangen Schulkampf beendet. Politik geht nun mal ohne Kompromisse nicht.
In Freiburg stellen die Grünen den OB wie auch in Stuttgart und in Tübingen, um nur diese Städte zu nennen. Dass das so ist, ist die Folge von demokratischen Wahlen. So ist das nun auch im Landtag. Die SPD, die mit den Grünen regiert hatte, stürzte auf ein historisches Tief und war gut beraten, dem Angebot der CDU auf eine Ampel-Koalition unter Führung des CDU-Kandidaten Guido Wolf nicht zu folgen. Wolf ist der Wahl-Verlierer, auch wenn er das nicht wahrhaben will, Kretschmann der Sieger. Und der sollte auch die nächste Landesregierung anführen- mit Unterstützung der CDU, die damit aus der jüngsten Wahl die richtigen Konsequenzen ziehen würde. Und: Wie sehen eigentlich die Koalitions-Wünsche für die Zeit nach der nächsten Bundestagswahl aus?