31 Tote, über 300 zum Teil schwer verletzte Menschen. Der feige Anschlag in Brüssel war ein Angriff auf Europa, auf uns alle, auf unser gesellschaftliches System. Wie vor Monaten der Anschlag in Paris war es auch dieses Mal ein Angriff auf unsere Freiheit, unsere Art zu leben und zu wirtschaften, in den Urlaub zu fahren, mit dem Zug oder mit dem Flieger auf irgendeine Sonneninsel. Die Attentate im Flughafen und in der U-Bahn mitten im politischen Zentrum Europas, dort, wo Tausende und Abertausende abfliegen oder ankommen, wo sie jeden Morgen den Bahnhof verlassen, um zu arbeiten, für die Kommission, für das Fernsehen, den Rundfunk, haben uns schockiert, in Angst und Schrecken versetzt. Es waren Anschläge, die sich wiederholen können irgendwo in Europa, auch in Deutschland.
Dass die Sicherheitsbehörden in der EU immer noch nicht die Daten austauschen, damit man die Bewegungen der Terroristen besser verfolgen und die Täter vor den Taten fassen kann, ist die schlechte Nachricht. Dass die Politiker dazu bisher nicht fähig waren, fällt auf sie zurück. Diesen Mangel kann man nicht entschuldigen. Der Bundesinnenminister sollte dazu besser schweigen. Aber auch wenn diese Lücke endlich geschlossen wird, muss man zugeben: Es gibt keine Garantie, derartige Anschläge zu verhindern. Selbstmordattentäter werden immer wieder einen Weg finden, um ihr schreckliches, tödliches Werk zu vollenden, weil ihnen selber ihr Leben nichts mehr bedeutet. Kritik an den Zuständen in Belgien ist berechtigt, dass es Viertel in der Hauptstadt gibt, wo Terroristen sich sicher fühlen konnten und wo einer der meistgesuchten sich seit Monaten aufhalten konnte, weil er ganz offensichtlich dort viele Sympathisanten hatte, die ihn deckten. Das ist eben Belgien, Brüssel, wo es locker zugeht und man nicht immer genau hinschaut. Leben und leben lassen. Nur sollten wir nicht mit dem Finger Richtung Belgien zeigen und der NRW-Innenminister Jäger schon gar nicht. Wie war das noch mit Köln und Silvester, Herr Jäger? Zumindest die politische Verantwortung für einen solchen Skandal trägt der für die Sicherheit eines Landes zuständige Innenminister. Politische Glaubwürdigkeit ist ein hohes Gut, mehr Ehrlichkeit, Offenheit, wenn man so will Wahrheit.
Mehr soziale Gerechtigkeit
Warum die Terroristen das tun? Wer weiß das schon genau. Woher der Hass kommt auf Menschen, die sie gar nicht kennen und die ihnen nichts getan haben? Warum diese Verirrten einem Glauben nachhängen, mit der Ermordung anderer Menschen würden sie ein höheres Heil erlangen, was immer das sein soll? Einen Gott anzurufen, um andere zu töten, das ist Gotteslästerei. Welche Religion predigt den Mord Andersgläubiger? Wie wird man Terrorist? Die Rede ist von entwurzelten jungen Zeitgenossen in Belgien, die es auch woanders gibt, von Menschen, die keinen Sinn in ihrem Leben mehr entdecken, aber denen wir eine Perspektive bieten müssen, um sie abzubringen von ihren terroristischen Zielen. Kein leichter Weg, aber er muss beschritten werden. Zugegeben, mit guter Sozialpolitik, mit mehr sozialer Gerechtigkeit kann man nicht alles erreichen, aber eine Menge korrigieren.
Es war ein Angriff auf unsere Freiheit, die wir verteidigen müssen. Tag für Tag, wie die schrecklichen Stunden von Brüssel die Europäer lehren. Die Freiheit dürfen wir uns nicht nehmen lassen, sonst hätten die Terroristen gewonnen. Sicher, im Moment geht die Angst um nicht nur in der belgischen Hauptstadt, Angst vor weiteren Anschlägen. Der so genannte Islamische Staat brüstet sich dieser Untaten, feiert als Erfolg, was die übrige Menschheit schockt. Als wäre der Mord ein Sieg, dabei ist er ein Verbrechen, das jeden empören muss. Niemand hat das Recht, andere zu töten, auch nicht der IS. Er wird weiter morden, bis er eines Tages besiegt ist. Von den Demokratien der Welt.
Kein Grund zur Hysterie
Alarmstufe Rot in Brüssel, Alarm auch in den Nachbarländern, Krisenstäbe werden gebildet, bewaffnete Beamte sind zu sehen, Bilder mit Toten und Verletzten mit blutverschmierten Gesichtern, mit Menschen, denen der Schock in die Glieder gefahren ist. Menschen schildern, dass sie gerade noch dem Inferno entkommen sind, weil sie unterwegs aufgehalten wurden, weil man gerade noch eine Zigarette geraucht hat, weil man etwas zu spät dran war und deshalb überlebt hat. Man hat eben Glück gehabt.
Die Lage ist ernst, dennoch gibt es keinen Grund zur Hysterie. Eine freie Gesellschaft ist immer auch angreifbar, aber auch Diktaturen sind nicht gefeit gegen Anschläge. Die EU hat Probleme mit der Aufnahme von Hunderttausenden von Flüchtlingen. Es wird dauern, bis diese Schwierigkeiten behoben sind, bis die Verteilung der Flüchtlinge auf alle Staaten und ihre Integration in die jeweilige Gesellschaft abgeschlossen ist. Es wird dauern und viel Arbeit und Geld kosten.
Wir schaffen das, hat die Bundeskanzlerin gesagt, vielleicht war das ein wenig zu voreilig damals, als sie es wegen der akuten Not Tausender von Flüchtlingen sagte, um diese Menschen nicht hängen zu lassen an der Grenze, sondern ihnen zu helfen. Ja, Flüchtlinge bedürfen unserer Hilfe, wir müssen ihnen helfen, dazu sind wir verpflichtet. Der Christ sollte an die christliche Nächstenliebe denken, wer anderen Glaubens ist einfach bedenken, dass er selber in diese Lage kommen könnte und dann auf die Hilfe anderer angewiesen wäre.
Das hat es ähnlich nach dem letzten Krieg gegeben, als Millionen Vertriebene aus den deutschen Ostgebieten im Westen Unterschlupf suchten und fanden. Das war nicht einfach, das Land lag am Boden, fast alles in Trümmern, man lernte, das Wenige zu teilen. Zugegeben, die Begeisterung der Einheimischen hielt sich in Grenzen, es gab viele Proteste und Schmähungen gegen Flüchtlinge, aber die Geschichte gelang, auch weil sie politisch getragen wurde von den Volksparteien. Vergessen sollten wir auch nicht die Integration von zwei Millionen ehemaligen Russland-Deutschen, die auch zum Teil zunächst in Turnhalle Notquartiere bekamen, ehe Häuser und Wohnungen zur Verfügung standen.
Solidargemeinschaft Deutschland
Und heute: Tausende freiwilliger Helfer packen Tag für Tag und Stunde für Stunde an, unentgeltlich. Das ist gelebte Solidarität, auch das ist die Solidargemeinschaft, die Deutschland- ungeachtet aller Probleme und Fehlentwicklungen- geprägt hat und hoffentlich weiter prägen wird.
Vor gut vierzig Jahren zog die Terrorgruppe RAF durch Deutschland(in Italien gab es auch eine Terroristen-Truppe, die u.a. den Politiker Moro umbrachte) und ermordete führende Repräsentanten des Staates und der Wirtschaft, wie Buback, Schleyer, Ponto, Herrhausen. Die RAF-Täter knallten diese Menschen rücksichtslos über den Haufen und notfalls deren Fahrer und Sicherheitsbeamte dazu, weil sie mit diesen Morden das „Schweinesystem“ treffen wollten, den „Scheißstaat“ Bundesrepublik, den dieser aber bei aller berechtigten Kritik nie war. Ironie der Geschichte: Einer ihrer Täter von damals arbeitet nach Verbüßung der Strafe für einen Bundestagsabgeordneten.
Europa darf sich nicht einmauern. Lassen wir das mit den Grenzzäunen, die nur trennen und nicht verbinden und in Wirklichkeit nicht helfen. Die EU muss sich auf ihre Werte besinnen, darauf, wie ihre Menschen leben, das ist ihre Stärke. Der Kampf gegen den Terrorismus wird dauern, aber er wird gewonnen werden, wenn wir zusammenhalten.
Bildquelle: pixbay.com, gemeinfrei