Kein Tag vergeht derzeit, an dem die CSU nicht einen neuen Vorschlag zur Lösung der Flüchtlingssituation in die Öffentlichkeit trägt. Grenzen dicht, Nordafrikaner raus, was schert uns das Asylrecht. Rechtsstaatlichkeit und machtvolle Durchsetzung geltenden Rechts wird zwar angemahnt, aber alle Vorschläge, die da lanciert werden, wären contra legem, würden also gegen geltendes Recht verstoßen. Die Mitläufertribüne bei PEGIDA in Dresden füllt sich. Und dabei ganz vorne weg der ehemalige CSU-Vorsitzende und bayerische Ex-Ministerpräsident Edmund Stoiber.
Stoiber als Einpeitscher
Stoiber ist derzeit der schärfste Einpeitscher gegen Merkels Flüchtlingspolitik, die er unter johlendem Beifall seiner Zuhörer als falsch und gegen deutsche Interessen gerichtet attackiert. Stoiber scheint die Stimmungslage an der Basis seiner Partei genauer zu treffen als Horst Seehofer. Stoibers März-Ultimatum, bis zu dem eine Reduzierung der Flüchtlingszahlen erreicht, wenn nicht gar auf null gebracht werden soll, ist eine doppelte Kampfansage; sie richtet sich gegen Merkel und Seehofer. Die „Süddeutsche Zeitung“ kommt bereits zu dem Schluss, Stoiber, nicht Seehofer, sei es, der die Basis der CSU vertrete Ziemlich unverhohlen hofft Stoiber auf ein Come back, nach seiner vor Jahren eher schmachvollen Entfernung als CSU-Parteivorsitzender und Ministerpräsident in Bayern.
Nun versucht die amtierende CSU-Führung im Rennen gegen Flüchtlinge mit dem Vorschlag zu trumpfen, deutsche Leitkultur in der bayerischen Verfassung zu verankern. Merkwürdig, dass alles, was da gefordert wird, im Grundgesetz zu finden wäre, das allerdings 1949 vom Bayerischen Landtag als einzigem Bundesland abgelehnt wurde. Ob die CSU unter dem Deckmantel Leitkultur und Integration mal eben Defizite der eigenen Landesverfassung aufarbeiten will? Und tatsächlich bei Gleichberechtigung von Mann und Frau in Bayern verfassungsrechtlich nachziehen muss? Oder Deutsch als Umgangssprache wie gefordert als Teil deutscher Leitkultur festschreiben will? Also nicht etwa Bayerisch? Ob das alles schnell nachgeholt werden muss, damit Flüchtlinge in Bayern endlich über deutsche Leitkultur aufgeklärt werden können?
Heuchlerische Zustimmung
Kein Vorschlag scheint derzeit absurd genug zu sein, um den Kurs von Kanzlerin Merkel zu konterkarieren. Das gilt nicht minder für die CDU. In deren Reihen ist offenbar ein Klima entstanden, das Streit und Debatte nicht mehr möglich macht, nur noch offene Briefe, die mit Unterschriftenlisten ausgetauscht werden. Der Parteitag der CDU, der Angela Merkel angeblich den Rücken stärken sollte, hat nur wenige Tage gehalten. Der Scherbenhaufen, den eine heuchlerische Zustimmung hinterlassen hat, ist jedenfalls größer, als der Ärger über eine streitige Auseinandersetzung über den Kurs der Partei gewesen wäre, dem eine ehrliche Abstimmung zugrunde gelegen hätte.
Die Häme jedenfalls, die das Abstimmungsergebnis von Sigmar Gabriel auf dem SPD-Parteitag hatte, ist leichter zu ertragen als das Gerangel, was jetzt in der Union auf dem Rücken der Menschen geschieht, die auf Zuflucht und Sicherheit in Deutschland hoffen. Wenn die Union sich dazu durchringen könnte, dem Vorschlag der SPD zu folgen und ein umfassendes Investitionsprogramm auf den Weg zu bringen, um die soziale Spaltung in der Gesellschaft zu mildern und die Integration der Flüchtlinge voran zu bringen, dann wären wir jedenfalls ein großes Stück weiter. Nur so wäre den Hasstiraden und dem rechten Terror deutscher Extremisten gegen Flüchtlinge und Flüchtlingsheime beizukommen, den CDU und CSU offenbar völlig unterschätzen.