Erneut schafft der deutsche Rechtsextremismus in dem zu Ende gehenden Jahr einen neuen Rekord an Straftaten und Gewaltdelikten. Bis einschließlich Oktober 2015 wurden 11 312 Delikte von Neonazis und Rechten Kameradschaften gezählt, darunter 759 Gewalttaten. Bislang wurden bei den Angriffen 582 Menschen verletzt. Seit dem Mauerfall 1989 addieren sich die Straftaten des rechtsextremen Untergrundes, jährlich immer wieder ansteigend, auf 178 Tote, Opfer rechtsextremer Gewalt.
Gäbe es nicht den zivilgesellschaftlichen Widerstand, dann hätten wir ausschließlich die von den Polizeien in Bund und Ländern angegebenen Zahlen, die erst durch großen öffentlichen Druck von ca. 30 auf mittlerweile angeblich 75 Tote bis 2011 aufaddiert wurden. Darin nicht enthalten die zehn Morde des „Nationalsozialistischen Untergrundes“(NSU), dessen angeblich einzigem Mitglied Beate Zschäpe und dem Unterstützer Ralf Wohlleben in München der Prozess gemacht wird.
Bis zu welcher Zahl auch immer die Straftaten der Rechtsextremisten bis zum Jahresende noch ansteigen, es bleibt dabei, die Aufklärungsquote ist dramatisch niedrig. Ermittelt wurden 5970 Tatverdächtige, davon wurden 151 vorläufig festgenommen. Neun davon blieben in Untersuchungshaft, bislang gibt es eine Verurteilung. Diese Zahlen stammen aus der aktuellen Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linkspartei im Bundestag.
Mit zweierlei Maß gemessen
Das ist der reale Terror von Rechts. Der zuständige Bundesinnenminister de Maiziére bleibt bemüht, davon abzulenken, in dem er vor allem auf die von außen drohende Gefahr durch den Islamistischen Staat auf dem Territorium Syriens und Iraks verweist. Dass auch dies eine Gefährdung der Inneren Sicherheit im Land bedeutet, ist nicht von der Hand zu weisen. Dennoch bleibt das ungute Gefühl, dass hier mit zweierlei Maß gemessen wird.
Real und in Zahlen eindeutig ist jedenfalls der Terror vom rechten Rand der Gesellschaft, der jeden Montag in Dresden und in der AfD politische Unterstützung hat. Außer verbaler Verurteilung ist nicht zu erkennen, dass auf den rechten Terror bislang angemessen reagiert würde. Auf dem CDU-Parteitag, von der CSU ganz zu Schweigen, spielte dieses Thema nur eine Rolle am Rand und wurde vom Streit in der Union über die Situation der Flüchtlinge aus den Krisengebieten des Nahen Osten fast vollständig überlagert. Die Brandanschläge gegen Flüchtlingsunterkünfte aber zeigen, dass nur durch Zufall und mit Glück bislang kein Todesopfer zu beklagen ist.
Daher sollte die Kanzlerin sich endlich öffentlich von den fast täglichen verbalen Attacken und doppeldeutigen Bemerkungen des CSU-Vorsitzenden zur Flüchtlingsfrage distanzieren. Ansonsten geriete sie in den Verdacht, dass ihr Schweigen rein taktisch ist, Biederfrau in der CDU und Brandstifter in der CSU wären zugleich im politischen Angebotskatalog der Union.
Bildquelle: Wikipedia, Frank Vincentz , Mahnmal Solinger Bürger und Bürgerinnen in Solingen, CC BY-SA 3.0