Da hat der feine Herr Gauland, der immer gut gewandet durchs Land schreitet und früher Gast-Kommentare über den Zustand der Politik und der Gesellschaft für den angesehenen Berliner „Tagesspiegel“ schreiben durfte, sein wahres Gesicht gezeigt. In einem Gespräch mit dem Hamburger Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ betonte der stellvertretende Vorsitzende der rechtspopulistischen AfD, Alexander Gauland: „Natürlich verdanken wir unseren Wiederaufstieg in erster Linie der Flüchtlingskrise. Man kann diese Krise ein Geschenk für uns nennen. Sie war sehr hilfreich.“
Die Flüchtlingskrise als Geschenk für die AfD, das ist der Gipfel der Geschmacklosigkeit. Millionen Menschen fliehen vor Bürgerkriegen, Verfolgung, vor Armut, Tausende saufen im Mittelmeer ab, weil Schlepper sie für viel Geld in untaugliche Boote gesetzt haben, die kenterten oder einfach auf den Meeresgrund versanken- aber Herr Gauland sieht darin ein Geschenk. Wie tief muss man sinken, um auf diese Wortwahl zu kommen. Tausende tote Flüchtlinge, Hunderttausende, die in wochenlangen Fußmärschen endlich Europa erreichen, dort in Quartieren gerade noch überleben, Menschen in größter Not, aber für Herrn Gauland und die AfD sind sie ein Geschenk. Wunderbar, fehlt nur noch der Zusatz, dass wir kurz vor Weihnachten sind, die Zeit für Geschenke angebrochen ist.
Man erinnert sich, dass die AfD im Sommer wegen eines Führungs- und Richtungsstreits und einer Abspaltung in Umfragen auf drei Prozent abgestürzt war. Herr Lucke wurde von Frau Petry abgelöst. Vor kurzem wurde die AfD in Umfragen mit 10,5 Prozent bewertet, damit würde sie drittstärkste Partei.
Erbärmliches Eingeständnis
Zurück zu Herrn Gauland und seinen entlarvenden Sprüchen im „Spiegel“. Ein „erbärmliches Eingeständnis“ nannte es Simone Peter, Chefin der Grünen, die zugleich von „Stimmungsmache auf dem Rücken der Ärmsten“ sprach. Und ihr Parteikollege Volker Beck warf der AfD Rattenfängertum vor. Gauland habe gezeigt, was für eine „Heuchlerbande“ die AfD sei, „zynisch“ freue man sich über Krisen, zu deren Bewältigung man selber nichts beitrage.
Der Biedermann Gauland entpuppt sich als Brandstifter. Man hat die Bilder noch vor Augen, als er mit „Pegida“ marschierte, jener unsäglichen Gruppierung, die mit ausländerfeindlichen Parolen auf Stimmenfang geht, in deren Reihen schon mal Plakate gezeigt werden, auf denen Merkel und Gabriel am Galgen abgebildet waren. Das hat mit der normalen Empörung über die Politik der Bundesregierung nun gar nichts mehr zu tun, das ist einfach daneben. Mit solchen Leuten stellt man sich nicht auf eine Stufe.
Vor diesem Hintergrund verwundert es doch sehr, wie die Wochenzeitung „Kontext“ kürzlich schrieb, dass der SWR-Rundfunk eine Sprachregelung herausgegeben haben soll, die AfD nicht mehr mit dem Zusatz „rechtspopulistisch“ zu bezeichnen. Warum? Weil die anderen Parteien auch nicht mit Zusätzen versehen würden. So „Kontext“. Oder ist dies Ergebnis eines vorauseilenden Gehorsams, weil man im Südwesten damit rechnet, dass die AfD nach der nächsten Wahl in den rheinland-pfälzischen Landtag einzieht und dann das Recht erhält, an der Fernseh-Elefanten-Runde teilzunehmen? Statt rechtspopulistisch können wir uns zur Klarstellung auch bei Hans-Olaf Henkel, dem früheren BDI-Chef, bedienen. Henkel hat die AfD, in die er zunächst viel Herzblut investiert hatte, verlassen. Begründung: Er bedaure sehr, dass er mitbeteiligt gewesen sei, ein „solches Monstrum“ mitgestaltet zu haben. Henkel bezeichnete die AfD als „NPD light“.