So so, die SPD will sich also in Zukunft mit einer Frau als weitere Vorsitzende schmücken oder soll man sagen belasten? Dass Sigmar Gabriel dafür ist, davon kann man ausgehen. Eine Frau auf dem Doppel-Chef-Stuhl, die dann später für die Wahlniederlage verantwortlich gemacht werden kann, das macht sich gut. Dann kann der gewichtige Chef, der es bisher nicht zum politischen Schwergewicht gebracht hat, weil er nicht steht, sondern sich dauernd dreht und wendet, wie der Wind gerade weht, nur profitieren. Wo eigentlich gibt es sonst noch Doppel-Spitzen? Bei Grünen, bei Linken, nicht bei der CDU und nicht bei der CSU. Und sonst? In der Chefredaktion der „Süddeutschen Zeitung“ gibt es eine Doppelspitze, das gab es früher auch bei der „Frankfurt Rundschau“. Nachfragen, was den Erfolg des Duos angeht, lassen wir mal und lassen das einfach so stehen. Und bei der Deutschen Bank gab es eine Doppelspitze, von der man in Frankfurt aber nichts mehr wissen will.
Doppel-Spitze, damit man aus dem Umfragetief von knapp 25 Prozent herausfindet? Ich erinnere mich noch ziemlich gut an erfolgreiche Jahre der SPD mit ihrer Troika unter Willy Brandt, Helmut Schmidt und Herbert Wehner, aber das war ja was anderes. Die arbeiteten irgendwie zusammen, leiden konnten sie sich eigentlich nicht. Welche Frau infrage kommt? Hannelore Kraft hat mehrfach betont, Berlin reize sie gar nicht, wie wolle auch nie, nie Kanzlerkandidat der SPD werden und überhaupt hat sie es nicht so mit den Machtspielchen der Männer in ihrer Partei. Sie werde in NRW gebraucht, hat sie gesagt, was ja stimmt. Und ferner redet sie in der SPD als Partei-Vizechefin und Ministerpräsidentin des bevölkerungsreichsten Landes in Deutschland ohnehin ein gehöriges Wort mit. Manuela Schwesig? Weiß ich nicht, kann ich mir aber jetzt noch nicht vorstellen, später vielleicht. Andrea Nahles, die Bundesarbeitsministerin, die könnte es machen, sie kennt den Laden, war Generalsekretärin und früher mal Juso-Chefin. Ob sie Sigmar den Gefallen tun wird?
Merkel: Flüchtlinge mit Würde behandeln
Die Kanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel hat in diesen Tagen mächtig viel zu kämpfen, um ihre Asyl- und Flüchtlingspolitik in ihren eigenen Reihen zu verteidigen. Das war nicht anders beim Treffen der konservativen Volksparteien in Madrid, wo sie zwar mit Beifall begrüßt und später verabschiedet wurde, wo aber abseits des Beifalls ihr Kurs weiter heftig umstritten bleibt bei den Christdemokraten in Europa. Am liebsten würden ihre Gegner wie Ungarns Orban Zäune oder Mauern ziehen, auf jeden Fall wollen sie den Zustrom weiterer Flüchtlinge stoppen. Aber wie das gehen soll, wissen sie nicht, plustern sich aber auf, vielleicht in der Hoffnung auf Zustimmung des rechten Rands oder zumindest des Stammtisches. Ihr „wir schaffen das“ passt den Herren nicht. Hätte sie sagen sollen: „Wir schaffen das nicht“? Glauben die wirklich, die Menschen, die vor dem Krieg geflohen sind und bei uns Schutz suchen, um ihr Leben und das ihrer Familie zu retten, wären dann in Syrien geblieben, ausgesetzt den Bombenangriffen von Assad und jetzt in dessen Auftrag von Putin?
Solidarität, das war gestern, das gilt heute nicht mehr. Merkels Appell, man müsse Menschen, die auf Europas Boden ankommen, auf jeden Fall mit Würde behandeln, kam nicht bei allen an. Christlich ist das nicht, diese fehlende Nächstenliebe, dieses An-Sich-Denken. Wie will man denn den Menschenstrom stoppen? Er ist einfach da und wir müssen ihnen helfen, irgendwie. Natürlich ist das eine große Herausforderung, die Jahre dauern kann und an deren Bewältigung sich alle beteiligen müssen. Und wir sollten dabei darauf achten, dass wir den rechten Rattenfängern, wie das Thomas dem Maiziere richtigerweise rausgedonnert hat, nicht noch das Geschäft besorgen, sondern ihnen in den Arm fallen. Rechte Gewalt muss bekämpft werden, mit allen Mitteln des Rechtsstaats, die Polizei muss eingreifen, gegen ihre Täter muss die Staatsanwaltschaft ermitteln, anklagen und im Falle von Beweisen müssen sie verurteilt werden. Und: Wir brauchen den Aufstand der Anständigen gegen den Mob, wie ihn Gabriel genannt hat.
Niersbachs Märchenstunde
Eine Märchenstunde nannte ein Journalist die Auslassungen von DFB-Präsident Niersbach bei seiner Pressekonferenz. Er hat manches dahergeredet, konnte aber zur Wahrheitsfindung, wohin das Geld des DFB geflossen und was damit gemacht worden sei, wenig beitragen. 6,7 Millionen Euro von Herrn Dreyfuss, dem damaligen Adidas-Gewaltigen, der seit Jahren tot ist, um von der Fifa 170 Millionen Euro zu bekommen. Wie bitte? Da reibt man sich die Augen. Als Provision für die Fifa, damit wir die WM 2006 bekommen? Wer ist der Adressat? Seit einer Woche weiß Niersbach von dem Fall und dem Geld und den Fragen und immer noch weiß er keine richtigen Antworten zu geben. Er sei hier überfordert, vielleicht ist er es mit dem Amt des DFB-Chefs. Übrigens hat sein Vorgänger, Dr. Theo Zwanziger- die beiden mögen sich nicht- in einem Interview mit dem „Spiegel“ Niersbach vorgeworfen, er lüge, er wisse seit 2005 von dem Geld. Und natürlich habe es eine schwarze Kasse gegeben, so Zwanziger.
Nanu, da hatten wir doch von Niersbach und Franz Beckenbauer mehrfach gehört, es habe keine schwarzen Kassen gegeben, alles sei einwandfrei gelaufen, die WM sei nicht gekauft worden. Der frühere Fifa-Mediendirektor Tognoni hört sich seit Tagen anders an, indem er darauf hinweist, mit einem warmen Händedruck bekomme man keine WM. Also doch Geld? Und stimmen denn die Vermutungen, derartig große und lukrative, weit geldige Sportveranstaltungen würden seit Jahr und Tag nur gegen Cash vergeben?
Es fiel mir in dieser Woche noch auf, wie Helmut Markwort, der Focus-Erfinder, Beckenbauer beistand und den „Spiegel“, der den Skandal ans Tageslicht gebracht hat, kritisierte. Derselbe Markwort, den man bei Bayern-Spielen immer in der Nähe der Führungsetage des Klubs sitzen sieht, nicht weit vom Kaiser, von Rummenigge und den anderen. Wollte er dem „Spiegel“, dem er früher mit seinem Blatt, als es noch neu war und im Fokus stand, durchaus journalistisch Paroli geboten hat, was aber lange her ist, eine mitgeben oder dem Spezl Franz helfen? Und nun, Herr Markwort, was sagen Sie nun nach den Äußerungen von Zwanziger?
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