In der Flut der Berichte über Flüchtlinge ist eine kleine, aber feine Personalie beinahe als Randnotiz untergegangen: Dass Karl-Theodor von und zu Guttenberg auf Vorschlag von CSU-Parteichef, Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer, ins Kompetenz-Team berufen wird. Da fragt sich ein jeder, um welche Kompetenz es sich denn bei dem ehemaligen Bundesminister für Wirtschaft und einstigen Bundesverteidigungsminister handeln soll? Schon vergessen, dass er nach dem Verlust der Ämter wegen seiner Mogelei bei seiner Doktorarbeit als Blender und Betrüger bezeichnet wurde?
Was soll KT, so nannten ihn seine Freunde, auch Seehofer favorisierte das schneidige Kürzel, leisten, wen beraten und wobei? Guttenberg, dessen Stern blitzschnell aufging und der sich wie eine Sternschnuppe auflöste, den einige schon als Kanzler gehandelt hatten. Und der dann im Frühjahr 2011 seinen Hut nehmen musste, nachdem er vorher den Doktorhut zuerst freiwillig abgegeben hatte, ehe er ihm von der Uni Bayreuth genommen wurde? Man hatte ihm nachgewiesen, dass der einstige Polit-Star bei seiner Dissertation bei anderen Autoren und aus anderen Werken in erheblichem Umfang abgeschrieben hatte, ohne kenntlich zu machen, dass er dies getan hatte. Und zwar hätte er genau schreiben müssen, bei wem und auf welcher Seite er welche Sätze und Stellen oder Gedankengänge abgeschrieben oder übernommen hatte. So erfordert das die Wissenschaft. Und den Verstoß dagegen nennt man ein Plagiat. Das ist keine Kleinigkeit. Schließlich erwerben nicht wenige mit dem akademischen Grad des Doktors auch die Chance, aufzusteigen in Höhen, die anderen versagt bleiben. Mit Höhen sind nicht nur Meriten verbunden, sondern auch Verdienste, in Euro gemessen.
Geschichte mit der Mogelei aufgewärmt
Hat Seehofer in seiner Not, seine Nachfolge zu regeln, verdrängt, dass sonst niemand nach dem Baron aus Franken ruft? Dass die ganze Geschichte mit der Mogelei aufgewärmt würde, wenn Guttenberg wieder in die erste Reihe der Politik zurückkehrte? Oder soll er gar CSU-Chef werden oder will Seehofer ihn als Bayerns zukünftigen Ministerpräsidenten, als seinen Nachfolger? Guttenberg, so heißt es, wolle das alles gar nicht, er wolle weiter als freier Mensch und Berater tätig sein, auch im Ausland, er strebe keine Ämter in der deutschen Politik an. Also will Horst Seehofer mit der Personalie nur den Söder ärgern, der Tag und Nacht versucht, sich als kommender Regierungschef des Freistaats in Stellung zu bringen. Der Söder hat sogar einen Journalisten aus der Chefetage von Springers Bildzeitung angeheuert, damit der Franke besser rüberkommt in der Öffentlichkeit und der veröffentlichten Meinung. Und weil der Seehofer gemerkt habe, so wird im Süden gemunkelt, dass seine erste Favoritin, die Landwirtschaftsministerin Ilse Aigner das Zeug für das Amt des Ministerpräsidenten nicht habe, suche er nun nach anderen Lösungen.
Anderslautenden Erklärungen muss man nicht glauben. Hier gilt ein Wort von Konrad Adenauer: Was interessiert mich mein Geschwätz von gestern.
Zurück zu Karl-Theodor von und zu Guttenberg. Als die ersten Hinweise aufkamen 2010/2011, der CSU-Politiker habe möglicherweise bei seiner Doktorarbeit nicht jene Sorgfalt und Pflicht walten lassen, wie es das die Wissenschaft erfordere, waren die Reaktionen geteilt. Der Mann hatte viele Unterstützer, die seinen gekonnten Auftritt schätzten, seine Reden bejubelten, vor dem Glanz, den dieser Adlige ausstrahlte, derartig in die Knie gingen, dass sie an Kritik gar nicht dachten. Die Hofberichterstattung, die dieser CSU-Minister genoss, war so ausgeprägt, dass die konservative FAZ sich genötigt sah, Wasser in den Wein zu gießen. Guttenberg werde „für blanke Selbstverständlichkeiten gepriesen“, urteilte das Blatt. Bundeskanzlerin Angela Merkel(CDU) stellte sich vor ihren Minister: „Ich habe keinen wissenschaftlichen Assistenten …berufen, sondern mir geht es um die Arbeit als Bundesverteidigungsminister. Die erfüllt er hervorragend, und das ist das, was für mich zählt.“
Kanzlerin und Physikerin täuschte sich
Wie man sich doch als Kanzlerin und gelernte Physikerin, die immer zuerst ans Ende denkt, täuschen kann. Wenige Tage später, exakt deren vier, urteilte Prof. Oliver Lepsius, Inhaber des Lehrstuhls für Öffentliches Recht, Allgemeine und Vergleichende Staatslehre an der Uni Bayreuth: „ Wir fühlen uns getäuscht. Wir sind einem Betrüger aufgesessen. Es ist eine Dreistigkeit ohnegleichen, wie er honorige Personen der Universität hintergangen hat.“ Lepsius konstatierte beim Minister einen Realitätsverlust. Guttenberg habe „planmäßig und systematisch Plagiate“ kompiliert und behaupte dann, „nicht zu wissen, was er tat.“ Und derselbe Professor fügte, quasi um den Ruf seiner Fakultät zu sichern, hinzu: „ Wir gehören zu den zehn besten rechtswissenschaftlichen Fakultäten des Landes.“ In Bayreuth hatte Guttenberg seine Promotion gemacht.
Guttenberg hingegen behauptete unentwegt, nicht absichtlich abgeschrieben zu haben, er sei überarbeitet gewesen und habe wohl den Überblick verloren. Anderes zu behaupten, sei abstrus, so der CDU-Mann. Und so weiter. Aber selbst sein Professor Häberle, der ihm einst die Doktorarbeit mit einem „Summa cum laude“ verziert hatte, ging auf Distanz zu seinem Doktoranden. Er sei „existentiell enttäuscht“ von Guttenberg, so Häberle, der längst emeritierte Rechts-Gelehrte. Und die Kommission der Uni Bayreuth, die den Fall Guttenberg zu prüfen hatte, ließ keine Unklarheit aufkommen. Guttenberg habe in seiner Dissertation „absichtlich getäuscht“.
Karl-Theodor Maria Nikolaus Johann Jacob Philipp Franz Joseph Sylvester Freiherr von und zu Guttenberg. So heißt der Mann mit vollem Namen. Es war schon fast ein Wunder, dass der Freiherr überhaupt zur Promotion zugelassen wurde. Er hatte lediglich die erste juristische Staatsprüfung und dies nur mit einem „Befriedigend“ bestanden. Er war also kein Volljurist. Aber lassen wir das und auch das mit der Kompetenz im besagten Team des großen Horst von Bayern oder besser von Ingolstadt, dem Wohnort des MP.
Drehofer nennen sie ihn in Bayern.
Bildquelle: Wikipedia, Kai Mörk, CC BY 3.0 de
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