Es ist eine wirklich “never ending story“, die Diskussion über das Ladenschlussgesetz. Jüngst ist das Thema wieder einmal heiß diskutiert worden, als Verdi-Vertreter und Repräsentanten der Kirchen bei der Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles auftauchten. Dabei ging es vor allem um Ladenöffnungszeiten an Sonn- und Feiertagen.
In der Vergangenheit hat sich im Handel bereits einiges getan. An Wochentagen ist abends um 18 Uhr 30 nicht mehr überall Ladenschluss. In vielen Dörfern machen Händler in der Woche schon um 18 Uhr, an Samstagen mittags Schlag 12 und am Mittwoch um 13 Uhr Feierabend. Viele Bäckereien öffnen früh morgens ebenso wie Metzgereien. Bekleidungs-, Möbel- oder Hausratgeschäfte sowie Läden in Großstädten beginnen mit dem Verkauf erst später, haben jedoch abends bis 20 oder gar bis 22 Uhr geöffnet. Der Trend geht in Richtung “rund um die Uhr-Gesellschaft“. Der Kunde ist schließlich König, der die Kassen des Einzelhandels klingeln lässt.
Bemerkenswert ist, dass der e-commerce per Internet enorm expandiert. Kleidung und Schuhe, Hausrat und sogar Möbel – es gibt fast nichts, was der Verbraucher inzwischen nicht auch elektronisch ordern kann. Viele Online-Firmen verzeichnen hier in den letzten Jahren hohe zweistellige Wachstumsraten bei ihren Umsätzen.
Einzelhandel muss attraktiver werden
Der stationäre Einzelhandel muss sich auf diese digitale Welt einstellen. Vor allem gilt es, die Attraktivität so zu steigern, dass Konsumenten in die Läden gelockt werden. Einkaufen sollte für viele zum Erlebnis werden. Bedarfsweckung rangiert oft genug vor Bedarfsdeckung. Gute Waren sind dabei längst eine Selbstverständlichkeit. Sie werden jedoch nur verkauft, wenn freundliche Bedienung, beste Beratung und qualifiziertes Personal sowie das besondere Laden-Ambiente dem Käufer besondere Lustgewinne vermitteln.
Offensichtlich steigt diese Käuferlust an Sonn- und Feiertagen. Nicht wenige fahren mit der Familie gern in die City, machen einen Einkaufsbummel, besuchen Restaurants oder Cafés, suchen Entertainment.
Im Ausland, insbesondere auch in Staaten, in denen die Kirchen stärker dominieren als hierzulande, gibt es keine gesetzlichen Vorschriften, wann und wie lange Läden öffnen dürfen. Selbst der Besuch von Gottesdiensten ist dort besser als bei uns, die wir inzwischen immerhin am frühen Sonntagmorgen beim Bäcker frische Brötchen und die sonntäglichen Zeitungen kaufen können. Wem der Sonntag nach wie vor heilig ist, sollte auch nicht daran gehindert werden, die Kirche zu besuchen und die Konsumtempel zu meiden. Doch schon jetzt gibt es viele Ausnahmen: In Wallfahrts- und Kurorten etwa dürfen Läden auch sonntags öffnen. An Tankstellen und in Bahnhöfen werden alle möglichen Waren auch an Sonntagen angeboten – offiziell nur für den Reisebedarf; doch niemand kann und will dies überprüfen. Alles spricht dafür, das Ladenschlussgesetz endgültig zu versenken, wie es gerade von den Euro-Staaten der griechischen Regierung vorgeschlagen wurde. Das wäre ein Fortschritt auf dem Wege zur Deregulierung und Entbürokratisierung, vor allem zu mehr Freiheit für Händler und Konsumenten.
Viele arbeiten an Sonntagen
Niemand wird gezwungen, seinen Laden an Sonn- und Feiertagen zu öffnen, kein Verbraucher muss an diesen Tagen einkaufen.
Natürlich muss das Arbeitsschutzgesetz eingehalten werden. Schon heute arbeiten 25 % der Verkäuferinnen und Verkäufer gelegentlich regelmäßig an Sonntagen; in den Bäckereien und Konditoreien sind es gar 50 %. Was im öffentlichen Fern- und Nahverkehr, in Krankenhäusern, Hotels, Restaurants, bei der Polizei und in vielen Bereichen selbstverständlich ist, sollte auch im Einzelhandel nicht weiterhin streng reguliert oder gar verboten sein. Denn es gibt nicht wenige Männer und Frauen, die durchaus gern bereit sind, auch an Sonn- und Feiertagen vor oder hinter dem Ladentisch aktiv zu sein. Entweder erhalten sie dafür Lohnzuschläge oder entsprechende Freizeiten. Schließlich leisten sie damit in vielen Fällen auch einen Beitrag zur Sicherung ihrer Arbeitsplätze im stationären Einzelhandel, der sich auf einen immer schärferen Konkurrenzkampf mit Onlineshops einstellen muss. Nicht wenige deutsche Konsumenten in Grenzregionen fahren inzwischen auch an Sonn- und Feiertagen ins benachbarte Ausland, um dort zu shoppen.
Ausnahmen vom noch geltenden Sonntagsarbeitsverbot zu erlauben – das ist inzwischen Ländersache. Im letzten Jahr hat die Gewerbeaufsicht in Nordrhein-Westfalen etwa 5.300 Genehmigungen zu Sonn- und Feiertagsarbeit erteilt, in Bayern sogar mehr als 8.500. Nun wollen die Bundesländer unter der Führung von Hamburg die Bedarfsgewerbeverordnungen, mit denen grundsätzliche Ausnahmen geregelt werden, überprüfen und neu fassen. Damit droht neuer Murks beim Ladenschluss, der inzwischen längst vielfach durchlöchert wird.