Athen hat, allen Unkenrufen zum Trotz, nun doch ein Reformpaket vorgelegt, über das nun geredet und diskutiert wird und dessen Zahlen überprüft werden. Am Ende müssen auch einige Parlamente über weitere Hilfen an Griechenland abstimmen. Und dann wird es in Berlin zum Schwur kommen, weil es dann auch über die Politik von Angela Merkel gehen wird. Es ist Teil ihrer Politik, zu der es ja, wie wir das seit Jahren von der Kanzlerin kennen, keine Alternative geben soll. Natürlich wird über ein Hilfspaket an das mit der Pleite kämpfende Hellas votiert und mehrere Abgeordnete der Union, mehr als sonst, haben bereits mit Nein gedroht. Ob sie das durchhalten, wenn die Regierungschefin mit all ihrer Macht ihre Politik und die Hilfe für Griechenland in der Unions-Fraktion begründet, steht dahin. Aber es ist das erste Mal, dass Merkel mit einem Nein ihrer Leute rechnen muss. Das wäre ihre erste Niederlage im Bundestag.
Gut, die Mehrheit der Großen Koalition im Parlament ist groß, und man kann sich eine Menge Nein-Stimmen leisten, zumal man sich auf die SPD in dieser Frage- bei allen Bedenken, die auch die Sozialdemokraten teilen- verlassen kann. Aber die Union wirkt ziemlich verunsichert, für nicht wenige ist der Preis, den die Deutschen für die Griechen zahlen, zu hoch, sie haben mit Ablehnung gedroht. Nicht nur Wolfgang Bosbach, der Fernsehstar. Wie viele werden es sein? Dazu kommt, dass der eine oder andere sich vielleicht enthalten wird, einige werden ihre Gewissensbisse in Form persönlicher Erklärungen verklären, aber zum Schluss muss abgestimmt und gezählt werden. Kriegt Merkel keine Mehrheit, wird ihre Griechenland-Politik durch den Bundestag abgelehnt, hat die Kanzlerin ein Problem. Sie kann nicht einfach zur Tagesordnung übergehen. Ob sie dann die Vertrauensfrage stellt, wie das Ulrich Lüke im Leitartikel des „Bonner Generalanzeiger“ vermutet?
Die CDU-Chefin wird in der Union ihr ganzes Gewicht in die Waagschale werfen und sie wird die Parlamentarier darauf hinweisen, mahnen, wie wichtig diese Abstimmung ist, wie wichtig jede einzelne Stimme ist. Jeder kann sich dann ausmalen, was ein Nein bedeutet. Angela Merkel regiert seit zehn Jahren, mit Merkel, dank Merkel hat die Union die letzten Bundestagswahlen gewonnen, stellt die Union -was wichtig ist für das Selbstverständnis der Partei- den Bundeskanzler, dank Merkels Ansehen liegt die Union in Umfragen souverän bei über 40 Prozent. Und jetzt könnte die erste Zerreißprobe auf Merkel und die Union zukommen.
Peinlich: Haftstrafen für Kölner Banker
Es sind keine guten Zeiten für die Banken und ihren einst guten Ruf. Hatten wir nicht erst vor ein paar Jahren den Zusammenbruch großer Institute, die weltweite Finanzkrise, auch weil kräftig spekuliert worden war, weil man sich offensichtlich im Spielkasino befand? Mit Milliarden Euro vermied der Staat Schlimmeres. Das alles hat das Image der Banker, die früher den ehrenwerten Namen „Bankier“ trugen, mächtig erschüttert. Jetzt ist die frühere Führungsriege des einst größten privaten Bankhauses Sal.Oppenheim verurteilt worden, einer der feinen Herren muss sogar ins Gefängnis, für zwei Jahre und zehn Monate, die anderen Strafen wurden zur Bewährung ausgesetzt. Begründung: Wegen Untreue in besonders schwerem Fall. Die Banker hatten dem Bankhaus einen hohen Millionenschaden zugefügt, Oppenheim ist inzwischen Teil der Deutschen Bank. Auch wenn das Urteil noch nicht rechtskräftig ist, wirft der Fall ein grelles Licht auf das gesamte Bankwesen. Geht es doch hier um das höchste Gut, was den Wert des Bank-Gewerbes ausmacht: Vertrauen, um Sorgfaltspflicht, mit der die Banker Kredite prüfen, ehe sie sie vergeben. Dieser tiefe Fall der Edel-Banker wird dem Ruf des Geld-Gewerbes sehr zusetzen.
Der Ruf des Landes Sachsen
Wieder mal hat sich das schöne Land Sachsen ins Gerede gebracht und traurige Berühmtheit erlangt. Nach Angaben der Polizei hat es allein in Sachsen in diesem Jahr mehr als 50 Anschläge -bundesweit wurden über 150 gezählt- auf Asylbewerberheime gegeben, in Meißen legten bisher Unbekannte Feuer in einer geplanten Unterkunft, in Freital machten „Rechte“ Stimmung gegen Flüchtlinge. Man fasst sich an den Kopf. Menschen, die in ihrer großen Not ihre Heimat verlassen, um bei uns Schutz zu suchen, werden hier von einem Mob angepöbelt und wer weiß, was passierte, wenn nicht Polizeikräfte sich schützend vor die Asylbewerber stellten! Widerwärtig nannte Bundespräsident Joachim Gauck diese Attacken, unerträglich. Recht hat er. Deutschland sei ein Einwanderungsland, so Gauck, der die Bürger aufrief, auf Menschen anderer Kulturen zuzugehen. Dieser demokratische, freiheitliche Staat darf von den Rechten nicht in den Schmutz gezogen werden. Wir müssen den Flüchtlingen helfen, das ist unsere Pflicht. Und wir müssen den „Rechten“ zeigen, dass dieses Land nicht ihnen gehört, es ist unser Land. Sie müssen wissen, dass wir ihr Handeln widerwärtig finden. Es ist mehr als ein Armutszeugnis, wenn es im reichen Deutschland zu Gewaltdelikten gegen die ärmsten der Armen, nämlich die Flüchtlinge kommt. Die Politik ist hier gefordert, die Bürger genauso und zwar überall in Deutschland. Allein zigtausende Flüchtlinge aus dem vom Bürgerkrieg zerbombten und zerschossenen Syrien und Tausende Asylbewerber aus Eritrea brauchen unsere Hilfe. Wir dürfen Italien und Griechenland nicht mit dem Problem allein lassen. Hier ist Solidarität gefragt, Solidarität des reichen Europa.
In Srebrenica mahnen die Toten
Wer kannte damals schon Srebrenica? Ein Ort irgendwo in Bosnien. Doch dann passierte das Schreckliche. 1995 ermordeten serbische Soldaten Tausende bosnischer Männer und Jugendlicher. Dieser Massenmord geschah unter den Augen der UNO-Blauhelmtruppe. Ein Völkermord mitten in einem Europa, das gerade dabei war, sich neu zu ordnen, ein Europa, das von einem dauernden Frieden träumte. Der Eiserne Vorhang lag auf der Müllhalde der Weltgeschichte, die Sowjetunion hatte sich aufgelöst. Srebrenica wurde zum Alptraum. Die Blauhelm-Truppe bestand aus Niederländern. Sie gaben zu ihrer eigenen Verteidigung nicht einen Schuss ab. 8000 Menschen, mindestens 8000, wurden von den Soldaten des Generals Mladics ermordet. Sie wurden vergraben -oder soll man es verscharrt nennen? -in einem Massengrab. Mitten in Europa. Das darf es nicht wieder geben, nie wieder. Angela Merkel hat gerade die Balkan-Staaten Albanien, Serbien und Bosnien-Herzegowina besucht. 20 Jahre nach dem Völkermord, passender konnte ein Besuch einer deutschen Kanzlerin nicht sein.
Das Glühwürmchen ist wieder da
Was wäre die Welt ohne Bayern, ohne die CSU, ohne Horst Seehofer und ohne, Sie werden es kaum glauben, den Edlen aus Franken, Karl-Theodor von und zu Guttenberg. Zu lesen ist diese Geschichte auf der ersten Seite der „Süddeutschen Zeitung“. Titel: „Rückkehr des Glühwürmchens“. Da findet man den Hinweis, dass sich Seehofer mit dem adligen Herrn Anfang August treffen will. Ob der allmächtige Chef des Freistaats wirklich Guttenberg für die aktive Politik aktivieren will, für die CSU, für Bayern und wer weiß was noch? Man darf daran erinnern, dass dieser Karl-Theodor zu Guttenberg einst Wirtschaftsminister war, dann das Verteidigungsressort leitete und dass dieser einstige Doktor zu Guttenberg seinen Doktortitel verlor, weil er bei der Abfassung seiner Dissertation gemogelt, also irgendwo nicht Weniges abgeschrieben hatte, ohne es, wie es die Wissenschaft fordert, mit der wahren Quelle zu kennzeichnen. Ein namhafter Jura-Professor, der seine Doktorarbeit damals überprüfen musste, stellte klipp und klar fest: „Wir sind einem Betrüger aufgesessen“. Der Stern des Karl-Theodor sank, weil man plötzlich auch anfing, diesen Politiker und seine Sprüche auf den Prüfstand zu stellen. Und siehe da, der Mann war nicht mehr der Alleskönner, dem man sogar das Kanzleramt zugetraut hätte, nein, er war nunmehr ein Blender, ein Selbstdarsteller, der die ganze deutsche Öffentlichkeit genarrt hatte. Und nun soll, folgt man der SZ, der Seehofer darüber nachdenken, ob er angesichts von Wahlen im Bund und im Land und noch schwierigerer Personalentscheidungen -es geht um die Nachfolge von Seehofer als Ministerpräsident von Bayern- diesen einst gefeierten und dann gefeuerten zu Guttenberg wieder um sich scharen soll. KT- so der Kurzname des Mannes aus Franken mit dem ganz langen Namen- könnte, so heißt es in der SZ weiter, den vor Ehrgeiz brennenden Söder ausbremsen. Und der CSU einen Mann mit Strahlkraft bescheren. Damit wäre eigentlich alles klar und der Weg für KT frei, gäbe es da nicht den feinen Hinweis des SZ-Autoren Wolfgang Wittl, der doch tatsächlich daran erinnert, wie Seehofer den KT nach dessen Absturz genannt, ja wie er ihn verspottet hatte: Glühwürmchen. Da wird sich der Söder aber freuen, wenn er es nun mehr mit Glühwürmchen zu tun hat und nicht mehr allein mit Ilse Aigner. Und was Seehofer angeht: Das mit dem Glühwürmchen wird er längst vergessen haben, so schnell wie er seine Ansichten gelegentlich ändert. Getreu dem Spitznamen, den ihm das Volk verlieh: Drehhofer.