Er gibt den Biedermann und ist zugleich Brandstifter. Die Rede ist von Horst Seehofer. Auch so kann man denen Rechnung tragen, die sich von der NPD mobilisieren lassen, um vor Flüchtlingsunterkünften „Ausländer raus“ zu skandieren. Die Übergriffe auf Flüchtlinge und Asylsuchende scheren ihn nicht. Der jüngste Bericht des Verfassungsschutzes registriert für das vergangene Jahr drei Mal so viele gewalttätige Übergriffe, also in die Hunderte gehende Angriffe auf Menschen, die in Deutschland Schutz suchen. Seehofer, Vorsitzender einer sich christlich nennenden Partei, könnte sofort Redner auf dem nächsten PEGIDA-Treffen in Dresden werden. Er würde sich weder in seiner Diktion, noch in seiner Kaltschnäuzigkeit von den egozentrischen Wutbürgern unterscheiden, die sich da, zunehmend braun gefärbt, jeden Montag zum „Spaziergang“ treffen.
Dieses Mal ist es der Bundespräsident und dessen Vergleich der heutigen Flüchtlinge mit den Vertriebenen aus den Ost-Gebieten nach 1945. Das weist Seehofer mit der Bemerkung zurück, die Ursachen der Flucht seien andere. Heute gehe es „auch um massenhaften Asylmissbrauch“. Das reiht sich ein in das Arsenal rechtsextremistischer Äußerungen, mit denen er offenbar glaubt, den rechten Rand an die CSU binden zu können. Unvergessen, dass er bis „zur letzten Patrone“ kämpfen will gegen die Einwanderung in „die Sozialsysteme unseres Landes“. Ebenso sein Hinweis, Deutschland sei nicht „das Sozialamt der Welt“, was er offenbar direkt aus dem Wörterbuch der NPD abgeschrieben hat.
Diese Äußerungen fallen zusammen mit dem Bericht des Verfassungsschutzes zum Rechtsextremismus. Ebenso mit der Nachricht aus Brandenburg, das dort nicht neun, wie offiziell gemeldet, sondern tatsächlich doppelt so viele Todesopfer auf das Konto von Rechtsextremisten gehen. Bundesweit sind insgesamt mehr als 180 Todesopfer zu beklagen. Die Verdreifachung der Vorkommnisse vor Flüchtlingsheimen brachte selbst den Bundesinnenminister Thomas de Maizière dazu, harte Kante gegen Rechts zu fordern. Natürlich nicht ohne dass er zugleich auf die Gefahren des Linksextremismus verwiesen hätte. Ohne Heuchelei und ideologisches Geplänkel geht es bei ihm leider nicht.
20 000 gewaltbereite Rechtsextremisten zählt der Verfassungsschutzbericht verbunden mit dem Hinweis auf die bekannte Dunkelziffer. Alle Zahlen sprechen also dafür, dass der Rechtsextremismus in Deutschland die größte Herausforderung ist, der sich unser Rechtsstaat zu erwehren hat. Der Salafismus bedarf sicherlich der Aufmerksamkeit der Sicherheitsbehörden, aber den Eindruck zu erwecken, ihm sei alles andere unterzuordnen, hat mit der Wirklichkeit nichts gemein, aber dafür mit Ablenkung davon, wer den inneren Frieden im Land am meisten gefährdet.
Bild: Henning Schlottmann