Was hat er nur, der SPD-Vorsitzende Gabriel? Dass er oft unter Meinungsschwankungen leidet wie eine Nussschale auf hoher See, davon konnte sich das Publikum bereits ein Bild machen. Seiner Popularität hat das nicht gedient und damit auch nicht dem Kanzlerkandidaten der SPD. Die TAZ wusste zu berichten, er habe mit Rücktritt gedroht, wenn der SPD-Konvent am Wochenende den von ihm durchgepaukten Gesetzentwurf zur Vorratsdatenspeicherung ablehnen sollte. Einige hundert regionale und lokale Gliederungen der Partei jedenfalls haben entsprechende Anträge beschlossen. Der SPD als Partei der Freiheit, die nicht jeden populistischen Unsinn zur Terrorabwehr mit macht, könnte eine Ablehnung gut tun.
Das Schweigekartell der SPD-Führung in der Euro-Krise und zu Griechenland zeigt ebenfalls, wie sehr sich die Sozialdemokraten in dieser Koalition verstecken, statt die Debatte aufzunehmen und die Kaltschnäuzigkeit zurückzuweisen, mit der etwa der Finanzminister auf das soziale Desaster in Griechenland reagiert. Dass NSA und die Ausspähung durch den BND nicht weiter thematisiert werden, zeigt ebenfalls, dass die SPD nicht lernt, dass auf Filzpantoffeln der Machtwechsel nicht herbeigeführt werden kann. An dieser Front herrschte in dieser Woche beredtes Schweigen.
Es heißt also, genau hinzuhören, was Gabriel am Wochenende als mediales Überraschungsei so hervorzaubern und verkünden wird. Deutlich hingehört haben die Mitglieder des Edathy-Untersuchungsausschusses, der herausfinden will, wer an der Spitze der SPD wann und was gewusst habe über die Nackedeis Edathys und wer ihm sein Wissen mitgeteilt hat. Wer also das Frühwarnsystem gewesen sein kann, das Edathy zur Löschtaste an seinem Computer hat greifen lassen.
Dass der Ausschuss, ganz nebenbei, gut daran getan hätte, seine Arbeit einzustellen, als Edathy mit einem Bußgeld und ohne Verurteilung vor Gericht davon kam, sei nur angemerkt. So prokelt die Opposition weiter und es war Siegmar Gabriel, der mit seiner Aussage vor dem Ausschuss über den Zeitpunkt der Weitergabe des Verdachts gegen Edathy auf Kinderpornos den damaligen Fraktionsgeschäftsführer und heutigen Fraktionsvorsitzenden Oppermann ganz schön rein gerissen hatte. Denn, wäre Gabriel bei seiner ersten Aussage geblieben, wäre Oppermanns Telefonat mit dem Präsidenten des Bundeskriminalamtes, in dem er wissen wollte, was gegen Edathy vorliegt, zeitlich nach dem Gespräch mit Gabriel gewesen. Darauf hingewiesen, konnte der sich doch nicht so genau erinnern. Nun soll es einen Tag später gewesen sein, womit Oppermanns Informant weiter in Frage steht, so dass er erneut vor den Ausschuss kommen muss, um zu erklären, von wem er wusste, das gegen Edathy ermittelt wurde.
Nein, auch da macht Gabriel keine besonders gute Figur, wie die SPD-Führung insgesamt. Die Schiedskommission der SPD in Niedersachsen, zuständig für das Mitglied Edathy, hatte bekanntlich beschlossen, dessen Mitgliedschaft drei Jahre ruhen zu lassen, ehe er als Parteimitglied wieder aktiv werden könne.
Gabriel an der Spitze aber drängt auf Rausschmiss und hofft dabei auf die Hilfe der Bundesschiedskommission. Ein Gericht stufte Edathys Vergehen als gering ein und verzichtete auf ein Urteil. Die SPD-Spitze hingegen gibt sich gnadenlos. Edathy hat gewiss auch aus eigener Schuld alles getan, um seinen guten Ruf zu verspielen und seine Zukunft in der Politik ebenfalls. Nicht weniger problematisch das Verhalten der Saubermänner, jetzt noch nachzutreten. Der Mann braucht stattdessen Hilfe, die in der SPD mit dem Begriff „Solidarität“ ganz gut beschrieben ist.