Jetzt steht Armin Laschet da, wo er die regierende Ministerpräsidentin Hannelore Kraft(SPD) gern hätte: Unter Druck. Und selbst Parteifreunde, die nicht genannt werden möchten, glauben nicht mehr daran, dass der Mann eine politische Zukunft in Düsseldorf hat. Laschet sei zwar stets umtriebig, liebenswürdig, nett, aber eben auch ein Leichtmatrose, der sich gern zu wichtig nehme und von dem niemand wisse, was denn eigentlich den Kern seiner Politik ausmache. Laschet kämpfe heute hier und morgen da, mal für NRW, mal Europa, dann den Bund, fliege nach Amerika statt vor Ort und im Land zu ackern, von Dorf zu Dorf und Stadt zu Stadt zu ziehen und den Menschen klarzumachen, was er denn politisch bewegen werde, wenn er an die Macht käme. Wenn.
Das mit dem Wenn bezweifeln CDU-Leute längst, die Laschet seit Jahr und Tag beobachten. Die ihn erlebt haben als Integrationsminister im Kabinett Rüttgers, das ja den triumphalen Wahlsieg von 2005 binnen einer Legislaturperiode wieder vergeigt hatte und prompt 2010 wieder auf den harten Bänken der Opposition landete. Laschet war dabei, was nicht vergessen werden darf. Dann verlor er den parteiinternen Machtkampf gegen Freund Norbert Röttgen, der aber nach der folgenden Wahlschlappe 2012 gegen Hannelore Kraft das NRW-Feld räumen musste und sich wieder nach Berlin zurückzog. Gegen Franz-Josef Laumann gewann Laschet zwar das Rennen um den Vorsitz der NRW-CDU, Laumann wurde der Wechsel nach Berlin mit einem Staatssekretärs-Amt für Pflege schmackhaft gemacht. Seitdem führt Laschet die CDU im Land wie im Landtag.
Es ist Halbzeit in NRW
Es ist Halbzeit in NRW. Die Umfragewerte für die CDU sind überraschend gut. 36 Prozent würden, so ein Institut, für die CDU stimmen, nur 25 Prozent für die regierende SPD, die immerhin bei der letzten Landtagswahl fast 40 Prozent erhalten hatte, während die Christdemokraten abgesackt waren auf rund 26 Prozent. Zumindest in Meinungsumfragen hätte die Laschet-CDU das Bild fast gedreht und die SPD müsste um ihre Wiederwahl beim Urnengang 2017 fürchten. Aber Umfragen sind Stimmungsbilder, keine Stimmen. Und die Union und auch Laschet wissen um die Popularität von Hannelore Kraft, von der es heißt, sie beobachte genüsslich die neueste Entwicklung ihres potentiellen Herausforderers Laschet und sie hoffe, der bleibe ihr noch bis zur Wahl erhalten.
Daran kann man zweifeln, wenn man sich das Krisenmanagement von Laschet in den letzten Wochen anschaut. Erst die Sache mit den Noten von Klausuren eines Seminars, die dem Lehrbeauftragten der RWTH Aachen Laschet offensichtlich verloren gegangen waren. Anstatt den Verlust zu melden, versuchte er die Sache zu verschleiern und vergab, wie er es schilderte, die Noten anhand von Notizen. Dies brachte aber die Peinlichkeit mit sich, dass Laschet zu viele Noten vergab, nämlich auch an Studenten, die gar nicht an der Prüfung teilgenommen hatten. Begründung des CDU-Manns Laschet: Er habe den Studenten das Nachschreiben der Klausur ersparen wollen. Dann wurde er nach den Notizen gefragt, in deren Besitz er vorgab zu sein, worüber er aber keine Auskunft geben wollte. Diese Darstellung hielt sich einen Tag, dann korrigierte sich Laschet, er habe die Notizen auf den Müll geworfen. Also was denn nun?
Und seit ein paar Tagen hat Laschet eine andere Sache, die sich zu einer Affäre mausern könnte, am Hals, folgt man dem letzten „Spiegel“. Es geht um Spenden und damit um Steuern. Hintergrund: 2009 hatte der Integrationsminister Laschet das Buch „Die Aufsteigerrepublik- Zuwanderung als Chance“ veröffentlicht, ein Werk, das auch Mitarbeiter des Ministers mitgeschrieben haben. Zu finden sind die Namen im Nachwort. Es war auch kein Geheimnis, dass das Honorar vom Verlag Kiepenheuer&Witsch an das gemeinnützige Kölner Sozialprojekt „Coach“ überwiesen wurde. Ein Vorgang, über den Theobald Tiger- so das Pseudonym des Autors- schon 2010 im Internet Blog „Wir-In-NRW“ berichtet hatte, was eine heftige öffentliche Debatte auslöste.
Entspanntes Verhältnis zur Wahrheit
Jetzt könnte daraus eine richtige Spenden-und Steuer-Affäre werden. Denn Laschet hat die Spendenquittung, die er für das Buch-Honorar in Höhe von 4000 Euro erhielt, steuermindernd beim Finanzamt eingereicht, ohne dass er das an Coach überwiesene Honorar als Einnahme versteuert hätte. Die Selbstanzeige Laschets kam zu spät, der Fall war schon öffentlich geworden, er hat die Sache seinem Steuerberater übergeben. Die Steuerbehörden interessieren sich wohl schon für den Fall. Selbst CDU-Freunde nehmen ihn nicht in Schutz: Schließlich habe Laschet steuerlich etwas geltend gemacht, was ihm gar nicht gehört habe.
Dass der politische Gegner ihn angreift, darf Laschet nicht wundern, hat er doch in der Vergangenheit jede sich biete Gelegenheit genutzt, um die Ministerpräsidentin zu attackieren, man denke nur an die so genannte Funkloch-Affäre, bei der er sich aufspielte, als ginge es um den Untergang des Landes. Im Landtags-Wissenschaftsausschuss, so zitierte jetzt der Bonner General-Anzeiger, habe man Laschet wegen der Noten-Affäre ein „entspanntes Verhältnis zur Wahrheit“ vorgeworfen.
Kein kleiner Vorwurf. Für Laschet wird die Luft dünner, so die Schlagzeile des Bonner Blattes. Der Spendenfall des CDU-Landesvorsitzenden „wächst sich zu einer Steueraffäre aus“. Es ist fraglich, ob der Angegriffene mit seiner naiv wirkenden Erklärung „Ich habe nicht gedacht, dass das ein Fehler sein könnte“ davon kommt. Es wird eng für Laschet. Seine Glaubwürdigkeit ist dahin.