Was ist unter anderem der Unterschied zwischen Dresden in Sachsen und Potsdam in Brandenburg? In Dresden gibt es die zunehmend tiefbraun gefärbten Patrioten in Europa gegen die Islamisierung des Abendlandes (PEGIDA), in Potsdam ein von der Stadtgesellschaft getragenes Willkommen für Flüchtlinge. Gleichzeitig wächst die Zahl der Patenschaften mit Einzelpersonen oder Familien, für die Menschen, die in Potsdam Zuflucht suchen. Ein „Einladungs-Institut“ wurde gegründet und vermittelt Besuche von Neu-Potsdamern in Familien oder bei Einzelpersonen in der Stadt. Am runden Tisch treffen sich über ein Dutzend Initiativen, um sich auszutauschen und anzuregen, wie den Neuankömmlingen geholfen werden kann. Es geht darum, Jugendliche in Ausbildung zu bringen, Sprachunterricht zu organisieren und über die Handwerks- oder Industrie- und Handelskammern, deren Vertreter mit am Tisch sitzen, vielfach gut ausgebildeten Fachleuten unter den Flüchtlingen Arbeit zu vermitteln.
Es gibt also auch PEGIDA-freie Nachrichten aus den neuen Ländern. Die Arbeit für ein „Tolerantes Brandenburg“, die vom Land seit 1998 finanziert und organisiert wird, zahlt sich langsam aus. Der zivilgesellschaftliche Widerstand gegen Rechtsextremismus und neue Nazis gewinnt an Boden. Damit ist das Land Vorreiter in den neuen Ländern. Erst jetzt regt sich gleiches in Sachsen-Anhalt und in Sachsen. Im sächsischen Freistaat brauchte es die Erfahrung des dramatisch anwachsenden Rechtsextremismus im Land und Dresden als den zunehmend braunen Wallfahrtsort für egozentrische Wutbürger, ehe die Politik aus ihrem Tiefschlaf erwachte. Dazu trug ebenfalls bei, dass sich zunehmend Widerstand gegen Rechts entwickelte, der allerdings in manchen Kommunen eher als störend und Unruhe stiftend abgelehnt wurde, bis dort sich vor Flüchtlingseinrichtungen erschreckender Fremdenhass und rassistisch aufgeladener und aufgehetzter Pöbel zeigte.
Beispiel dafür ist die Stadt Bautzen, auch Zentrum der sorbischen Minderheit, die in der Nazi-Zeit unterdrückt und als Menschen zweiter Klasse behandelt wurden. Heute erneut keine Seltenheit, dass sorbische Jugendliche von Neonazis überfallen und ihren Einrichtungen angegriffen werden. Endlich auch in dieser Stadt zivilgesellschaftlicher Widerstand und eine wachsende Zahl von Menschen, die sich gegen den rechten Terror zur Wehr setzen. Mehr als 140 aktive Mitglieder finden sich in der Initiative „Bautzen bleibt bunt – Budysin wostanje pisany“, die ganz bewusst auch zweisprachig auftritt und der sorbischen Minderheit damit eine Stimme gibt. Sie erhielten jetzt in Potsdam den „Steh-auf-Preis“ der Flickstiftung gegen „Fremdenfeindlichkeit, Rassismus und Intoleranz“, der alle drei Jahre vergeben wird und mit 10 000 Euro dotiert ist.
Der Preis wurde im wieder aufgebauten Stadtschloss, dem neuen Landtagsgebäude in Potsdam in einer Feierstunde überreicht. Dass sich Brandenburg damit auch selbst ein wenig feierte, weil es als einziges Bundesland im Osten acht Jahre nach der Wende aufhörte, wegzuschauen und begann, den Rechtsextremismus im Land aktiv zu bekämpfen, ist dann berechtigt, wenn es bei dieser Anstrengung bleibt. Auch Brandenburg und nicht zuletzt auch den Ländern der alten Bundesrepublik allerdings galt auch der Appell eines Sprechers der Bautzener Initiative, der nach der Überreichung des Preises die politisch Verantwortlichen, nicht nur, aber eben auch, in Sachsen aufforderte, ohne Wenn und Aber an die Seite derer zu treten, die den gesellschaftlichen Widerstand gegen den aufflammenden Rechtsextremismus in Ost und West tragen. „Das Ehrenamt“, sagte er, sei an der Grenze seiner Belastbarkeit. Die Verantwortlichen im Bund, in den Ländern und Gemeinden fordert er auf , Kante zu zeigen, sonst bestehe die Gefahr, dass der Rechtsextremimus „durch die Decke stößt“. Ein Hilferuf, der hoffentlich verstanden wird.
Erfreuliche Initiativen, die ermuntern und ermutigen können, so dass auch andernorts erlebbar wird, dass Engagement für die Schwächeren und solidarisches Zusammenstehen in der Tat auch kollektiv froh macht und kreativ. Es lebe die lebendige Basis!
Vielleicht sollte jedoch auch mal offen über Missgunst debattiert werden, wo sie herrührt, und warum feindselige deutsche MitbürgerInnen sich so oft zu wenig beachtet und zu kurz gekommen fühlen, allerdings nur uneingestanden, also über Feindbilder sprechen, sie zum Thema machen, ist durchaus hilfreich, mal ehrlich sein, kann Ressentiments abbauen helfen, und eben dazu auch runde Tische, denn neidisch sein ist ja ein sehr unschöner Gefühlszustand, und nicht so einfach zuzugeben. Die Frage ist, ob dafür ein Klima des Vertrauens geschaffen werden kann.